Frage an Carsten Sieling von Andrea S. bezüglich Frauen
Bei der Bürgerinnenbefragung am 3.4. im Ausspann haben Sie Ihre Bereitschaft erklärt, sich mit der Frage nach Einführung des Nordischen Modells (=Freierbestrafung, Sexkaufverbot) zu beschäftigen. Wie stehen Sie jetzt dazu? Was wollen Sie tun zur Eindämmung von Prostitution und Menschenhandel in Deutschland und gegen die Eröffnung weiterer Prostitutionsstätten in Bremen (z.B. Großbordell an der Duckwitzstraße) ? Wie sollen ausstiegswillige Frauen unterstützt werden?
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Fragen, auf welche ich im Nachgang der Veranstaltung am 3.4. im Ausspann gerne zurückkomme.
Die Beschäftigung mit dem sogenannten „Nordischen Modell“ zeigt schnell, wie kontrovers die Debatte um das Sexkaufverbot in Deutschland seit Jahren geführt wird. Selbst einige Dachorganisationen von Sexarbeitenden sowie Amnesty International sehen im „Nordischen Modell“ keinen positiven Beitrag zur Bekämpfung von Zwangsprostitution, sondern vielmehr erhöhte Hürden bei der Anzeigebereitschaft und stellen sich gegen die Kriminalisierung von Sexarbeit.
Mit dem in 2017 in Kraft getretenen Prostitutionsschutzgesetz hat sich der Bundesgesetzgeber daher bewusst für einen vom „Nordischen Modell“ abweichenden Weg entschieden. In der Bundesrepublik Deutschland ist Prostitution gesetzlich nicht verboten. Die selbstbestimmte Ausübung der Prostitution ist unter Auflagen legal.
Durch das neue Prostitutionsschutzgesetz soll die rechtliche Stellung der Prostituierten (nicht die der Kunden oder der Bordellbetreibenden!) deutlich verbessert werden. Es soll dazu beitragen, gefährliche Erscheinungsformen der Prostitution zu verdrängen und Kriminalität in der Prostitution (wie Menschenhandel oder Gewalt und Ausbeutung von Prostituierten) zu bekämpfen. Ziel ist, das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Prostituierten zu stärken und Grundlagen für bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen. Durch die Verbesserung der rechtlichen Stellung der Prostituierten soll zudem den in diesem Bereich oftmals vorherrschenden kriminellen Begleiterscheinungen, die auch dem Bereich der organisierten Kriminalität zugerechnet werden müssen, die Grundlage entzogen werden.
Ebenso sind sowohl Erlaubnis als Betrieb von Prostitutionsstätten nach dem Prostitutionsschutzgesetz an enge Bedingungen geknüpft. Im Rahmen von regelmäßig stattfindenden Kontrollen wird von den Gewerbebehörden vor Ort die Einhaltung der Vorgaben des Prostitutionsschutzgesetzes überprüft. Hinsichtlich Ihrer konkreten Frage bzgl. des Bordells in der Duckwitzstraße kann ich Ihnen mitteilen, dass zwar ein Erlaubnisantrag gestellt worden ist, eine abschließende Entscheidung zum derzeitigen Zeitpunkt jedoch noch nicht getroffen werden konnte, weil einige Erklärungen bzw. Ergänzungen zum vorzulegenden Betriebskonzept seitens der Betreiberin noch ausstehen.
Eines ist in der Diskussion um Sexarbeit für mich und die SPD ganz klar: Zwangsprostitution und Menschenhandel sind schwere Straftaten, gegen diese Straftaten muss mit allen rechtsstaatlichen Möglichkeiten hart vorgegangen werden. Zudem müssen ausstiegswillige Frauen effektiv unterstützt werden. Der Verein Nitribitt leistet mit seiner aufsuchenden Arbeit hier bereits herausragendes. Ich möchte diese bestehenden Angebote daher auch zukünftig absichern und ausbauen.
Mit freundlichen Grüßen
Bürgermeister
Dr. Carsten Sieling