Frage an Carsten Sieling von Johanna W. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Sieling!
Die Gesprächspsychotherapie ist ein seit Jahrzehnten in Deutschland (und auch international) bekanntes und bewährtes Psychotherapieverfahren, das vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie in seinen Gutachten von 1999 und 2002 die wissenschaftliche Anerkennung erhielt, die die Grundlage für staatlich anerkannte Ausbildungsstätten für PsychotherapeutInnen bildet. Nach den Übergangsbestimmungen des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) wurden sehr viele GesprächspsychotherapeutInnen zu Psychotherapeuten approbiert. Zurzeit kann aber de facto in Gesprächspsychotherapie nicht ausgebildet werden, da der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) 2008 die sozialrechtliche Anerkennung verweigerte. Dadurch ist der Anteil der Gesprächspsychotherapeuten an der Gesamtzahl aller PsychotherapeutInen rapide gesunken, obwohl er vor dem PsychThG enorm groß war.
Diese Situation veranlasste am 18./19. November 2010 die Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG) unter TOP 9.1. einen einstimmigen Beschluss zu fassen: „Die AOLG bittet das BMG auf den Gemeinsamen Bundesausschuss einzuwirken, dass er die Methoden der Gesprächspsychotherapie und der Systemischen Therapie – nach deren berufsrechtlicher Anerkennung - für die vertragsärztliche Leistungserbringung zulässt. Die AOLG erwartet vom BMG, dass bei der notwendigen Reform des Psychotherapeutengesetzes zukünftig solche Diskrepanzen zwischen Vertrags- und Berufsrecht vermieden werden.“
Fragen: 1. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die staatlich anerkannten Ausbildungsverfahren Gesprächspsychotherapie und auch die Systemische Therapie sozialrechtlich zugelassen werden (Umsetzung des AOLG-Beschlusses)?
2. Werden Sie sich auch dafür einsetzen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in Zukunft nicht mehr über die Berufszulassung von PsychotherapeutInnen entscheidet, sondern sich – wie bei Ärzten auch – auf die Regelung der Berufsausübung beschränkt?
Freundliche Grüße von Johanna Walkenhorst
Sehr geehrte Frau Walkenhorst,
vielen Dank für Ihre Frage, auf die ich gern antworte.
Die SPD will nicht an der Gemeinsamen Selbstverwaltung als einem tragenden Pfeiler unseres Sozialsystems rütteln. Um diese Form der Entscheidungsfindung werden wir von vielen Ländern beneidet, da sie den Staat entlastet und die Entscheidung - zum Beispiel über neue Therapiemethoden – direkt in die Hände der Akteure im Gesundheitssystem selbst legt: Kassen, Ärzte Kassen, PatientInnenorganisationen. Wir haben uns ausdrücklich dafür ausgesprochen, dass die Zulassung neuer Therapieverfahren wie der Gesprächspsychotherapie auf die Tagesordnung der Gemeinsamen Selbstverwaltung gehört. Ich appelliere an die Akteure, ihre Gestaltungshoheit im Interesse der Betroffenen auch zu nutzen.
Das gilt im Übrigen auch für die Frage, ob der Gemeinsame Bundesausschuss, als wichtigstem Be-schlussgremium der Gemeinsamen Selbstverwaltung, zukünftig nur noch beschränkt über Berufszulassungen von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten entscheiden soll.
Die Bundestagsfraktion hat ein umfassendes Konzept zur Weiterentwicklung der Versorgung psy-chisch Kranker vorgelegt. Ein wichtiges Element ist die Novellierung des Psychotherapeutengesetzes z.B. hinsichtlich der Anerkennung von Masterabschlüssen und der besseren Vergütung von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung (PiAs).
Sie finden unserer Konzept auf
http://www.spdfraktion.de/sites/default/files/web_06_13_psychisch_kranke_0.pdf
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Carsten Sieling MdB