Frage an Carsten Sieling von Hedda C. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Auch bich bin - wie viele andere - besorgt über die Euro-Politik der Bundesregierung hinsichtlich der Haftungsübernahme und dem einhergehenden Demokratieabbau.
Ich würde gern etwas über Ihre Haltung zu diesem Themenkomplex erfahren, und fordere Sie gleichzeitig auf, alles in Ihrer Macht stehende zu tun, um die Sozialisierung der Schulden anderer Länder und deren Banken zu Lasten der deutschen Arbeitnehmer und Rentner zu stoppen.
Sehr geehrte Frau Coombs,
vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.de. Ich verstehe sehr gut, dass sich viele Menschen Sorgen um den Euro und die Europäische Währungsunion machen. Das derzeitige Krisenmanagement ist immer noch zu einseitig und daher wird der Fortbestand der Währungsunion immer wieder gefährdet. Trotz Vertrauenskrise ist der Euro-Währungsraum immer noch sehr stabil. Der Außenwert des Euro beispielsweise, gerade gegenüber dem Dollar, ist weiterhin positiv. Und auch das Leistungsbilanzdefizit der EU ist im ersten Quartal 2012 mit 4,1 Milliarden Euro deutlich niedriger ausgefallen als noch bei der ersten Schätzung von Eurostat im Juni.
Dennoch bestehen drei große Herausforderungen. Erstens muß endlich die Banken- und Finanzkrise kraftvoll angegangen werden. Dies wird nur gelingen, wenn die Finanzmärkte so reguliert werden, dass Investitionen in die Realwirtschaft wieder das Maß der Dinge werden. „Investitionen“ in exotische Finanz- und Spekulationsprodukte müssen unattraktiv oder unterbunden werden. Als SPD haben wir dazu eine Reihe von Vorschlägen gemacht. Bei der Finanztransaktionssteuer haben wir den fatalen Widerstand der konservativ-liberalen und von Großbritannien gebrochen, um unsinnige Finanzaktivitäten durch angemessene Besteuerung zu verteuern und die Verursacher der Krise zur Mitfinanzierung heran zu ziehen. Weitere wesentliche Vorhaben zur Finanzmarktregulierung hat Sigmar Gabriel dieser Tage gerade pointiert zusammen gefasst.
Zweitens muß ein für alle Mal sichergestellt werden, dass sich Staaten wieder zu vernünftigen und gleichen Zinsen refinanzieren können. Nur so lässt sich das Vertrauen herstellen, das nötig ist, um die einzelnen Volkswirtschaften wieder aufzurichten und ggf. zu reformieren.
Schließlich ist alles daran setzten, die oben beschriebenen Herausforderungen demokratisch zu lösen. Die Bundesregierung und Frau Merkel machen nichts dergleichen, sondern schwadronieren lieber von den „faulen Griechen/Südländern“. Diese Positionen sind falsch und helfen leider überhaupt nicht, die Vertrauenskrise mittelfristig friedlich zu lösen. Sie zeigen aber, wie wichtig es ist, dass wir die Europäische Union von der Idee des gemeinsamen Binnenmarktes zu einer sozialen und politischen Union weiterentwickeln. Dies wird nicht von heute auf morgen funktionieren. Und sicherlich wird man hierfür auch weiterhin gemeinsam finanzielle Garantien übernehmen müssen. Das ist auch die Grundlage in einer Fiskalunion, genauso wie die gemeinsame Besteuerung und Regulierung. Dies wird leider in der oft dogmatischen politischen Auseinandersetzung vergessen.
Beste Grüße,
Dr. Carsten Sieling MdB