Frage an Carsten Sieling von Joachim L. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Sieling!
Erläuterung und Fragen:
1. Wird ein Beamter straffällig, wurde verurteilt und ihm wurden die Versorgungsbezüge aberkannt, wird er vom Dienstherrn in der GRV nachversichert. Diese Nachversicherung wird vollständig vom Dienstherrn eingezahlt, sowohl Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberanteil. Welche Bezugshöhe (letzte Besoldungsgruppe, Zuschläge) wird angesetzt? Ein „normaler“ gesetzlich Rentenversicherter erlebt im Regelfall eine Einkommensentwicklung und zahlt entsprechend (mit den Arbeitgebern) Beiträge in die GRV. Ich finde aber keine entsprechenden Hinweise, wie in dem skizzierten Fall verfahren wird.
Für mich ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum für den verurteilten Straftäter quasi als Strafe eine finanzielle Unterstützung gewährt wird, indem sein Arbeitnehmeranteil auch vom Arbeitgeber (also vom Steuerzahler) getragen wird . Das ist quasi ein Geschenk in Höhe von mehreren 10tausend Euro. Können Sie mir das erläutern? Vielleicht auch mit einem Kommentar, warum es eine „Strafe“ ist, statt einer Alimentation eine Rente zu beziehen.
2. Reichen Altersversorgung und die Pflegeversicherung für einen gesetzlich rentenversicherten Bürger nicht aus, muss sein Vermögen bis zum Schonvermögen aufgebraucht werden. Bedarf er dann weiterer Unterstützung, müssen ggf. Kinder für ihn aufkommen. Auch für deren Verpflichtungen gibt es Berechnungsvorgaben. Erhält ein Beamter über seine Pension und die Pflegeversicherung (zahlen Beamte eigentlich in die gesetzliche Pflegeversicherung ein ?) hinaus noch weitere Beihilfen? Muss auch er notfalls sein Vermögen bis zum Schonvermögen
aufbrauchen bevor er diese erhält? Oder gilt das Alimentationsprinzip, das dem Beamten durch seinen Dienstherrn angemessene lebenslange Versorgung zugesteht? Können also Kinder von Beamten überhaupt zur Versorgung ihrer Eltern herangezogen werden ?
Vielen Dank für Ihre Bemühungen bei der Beantwortung dieser beiden Fragenkomplexe!
Freundlichen Gruß
J. Leefmann
Sehr geehrter Herr Leefmann,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Zu dem von Ihnen skizzierten Fall: Grundsätzlich findet sich das entsprechende Verfahren für den von Ihnen beschriebenen Fall im Sozialgesetzbuch VI, genauer in § 8 Abs. 2 SGB VI. Die Bezugshöhe wird nach Vorschriften errechnet, die zu dem Zeitpunkt der Zahlung für rentenversicherungspflichtige Beschäftigte gelten. Die Rechtsgrundlage des Verfahrens finden Sie in §§ 181 ff. SGB VI. Die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage finden sie in §§ 278, 278a SGB VI.
Dies gilt für jede Entlassung aus dem Beamtenverhältnis, also auch wenn sie auf eigenen Wunsch erfolgt (§ 33 Bundesbeamtengesetz - BBG), z. B. weil der Beamte zu einem privaten Arbeitgeber wechseln möchte. Der Verlust der Beamtenrechte wegen einer Verurteilung (§ 43 BBG), die im übrigen nichts mit dem wahrgenommenen Amt zu tun haben muss, ist nur ein Fall der Nachversicherung neben anderen. Der Beamte wird allein für sein Ausscheiden insofern "bestraft", als dass seine Pensionsansprüche, die ihm als Beamter zugestanden hätten, komplett gestrichen werden. Dies wird durch die Nachversicherung in der Gesetzlichen Rentenversicherung nur teilweise kompensiert. In der Privatwirtschaft würden Sie im Falle einer Kündigung Ihre bereits gezahlten Beiträge und die Beiträge ihres Arbeitgebers sowie die betriebliche Altersversorgung nicht verlieren. Da die Beamtenversorgung keine Versicherung, sondern eine beitragsfreie Versorgung ist, d. h der Dienstherr (Arbeitgeber) rechtlich betrachtet allein die Kosten trägt, ist es folgerichtig, dass bei der Nachversicherung Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge vom bisherigen Dienstherrn zu leisten sind. Allerdings erfolgt keine Nachversicherung in der betrieblichen Altersversorgung für Tarifbeschäftigte des öffentlichen Dienstes, weshalb der ausgeschiedene Beamte letztlich Verluste erleidet. Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht die Ansprüche von verurteilten Beamten auf Nachversicherung bestätigt und dabei auch darauf hingewiesen, dass dem Beamten durch die Nachversicherung durchaus Nachteile entstehen [BVerwG 1 D 1.06] Ich hoffe, es ist für sie nachvollziehbarer geworden inwiefern die Nachversicherung eine Benachteiligung ist.
Beamte erhalten zu den Aufwendungen für Krankheits- und Pflegefälle teilweise Beihilfeleistungen des Dienstherrn (vergleichbar mit Arbeitgeberbeiträgen bzw. Zuschüssen aus der Rentenversicherung) und sind verpflichtet sich darüber hinaus Selbst zu versichern. Welche Pflegeleistungen beihilfefähig sind, ergibt sich für Bundesbeamte aus §§ 37 ff. der Bundesbeihilfeverordnung. Das Beihilferecht ist allerdings nicht bundeseinheitlich geregelt, einige Bundesländer haben eigenständige Beihilferegelungen erlassen. Darüber hinausgehende Leistungen sind nicht notwendig und deshalb auch nicht zu erstatten.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Carsten Sieling, MdB