Frage an Carsten Sieling von Helmut S. bezüglich Finanzen
Sehr gehrter Herr Dr. Carsten Sieling,
dem Parlament liegt ein ESM-Vertrag / Gesetzgebung vor, wo der Umgang mit dem Rettungsschirm zur Europäischen Schuldenkriese geregelt wird.
Bitte prüfen sie und teilen mir bitte mit, ob dieser Vertrag nicht gegen die deutsche Verfassung verstößt.
Mit freundlichen Grüssen
Helmut Schnieber
Sehr geehrter Herr Schnieber,
vielen Dank für Ihre Frage zur Verfassungsmäßigkeit des ESM-Vertrages.
Lassen Sie mich zunächst klarstellen: Der Deutsche Bundestag diskutiert derzeit nicht über den ESM-Vertrag, sondern über eine Ausweitung der Gewährleistungen im Rahmen der Europäischen Finanzstabilisierungsfaziliät („EFSFII“).
Die zeitlich befristete Zweckgesellschaft „EFSF I“ warvon den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets am 7. Juni 2010 mit dem Ziel gegründet worden, mit Krediten von bis zu 440 Milliarden Euro eine drohende Zahlungsunfähigkeit von Euro-Mitgliedstaaten abzuwenden. Zur Absicherung der Refinanzierung am Kapitalmarkt erhält die Zweckgesellschaft Garantien von den Euro-Mitgliedstaaten. Aufgrund der für eine erstklassige Bonität notwendigen Übersicherungserfordernisse kann jedoch auf der Basis des bisher bereit gestellten Garantierahmens kein Kreditvergabevolumen im genannten Umfang sichergestellt werden.
Am 11. März 2011 haben die Staats- und Regierungschefs der Eurozone daher im Rahmen eines Gesamtkonzepts zur Krisenbewältigung beschlossen, bis zum Auslaufen der EFSF zum 30. Juni 2013, die vereinbarte maximale Darlehenskapazität der EFSF von 440 Milliarden Euro in vollem Umfang bereitzustellen.
Zur Absicherung der Refinanzierung eines maximalen effektiven Ausleihvolumens in dieser Höhe am Kapitalmarkt bedarf so es einer Anhebung des maximalen Garantierahmens von 440 Milliarden Euro auf 780 Milliarden Euro. Der von Deutschland zur Verfügung zu stellende Gewährleistungsrahmen wird in Zuge dessen von 123 Milliarden Euro um 88 Milliarden Euro auf 211 Milliarden Euro erhöht. Gleichzeitig haben sich die Staats- und Regierungschefs der Eurozone darauf verständigt, dass die „EFSFII“künftig neben dem Instrument der Kreditvergabe auch das Instrument der Aufkäufe von Anleihen eines Euro-Mitgliedstaates auf dem Primärmarkt nutzen kann.
Der von Ihnen angesprochene, ab dem Jahr 2013 geplante dauerhafte Stabilisierungsmechanismus (ESM) wird seinerseits als völkerrechtlicher Vertrag gestaltet sein, der vom Deutschen Bundestag zu einem späteren Zeitpunkt ratifiziert werden muss.
Die Gewährleistungen der EFSF werden in Deutschland über das sogenannte Stabilisierungsmechanismusgesetz ermöglicht. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 7. September 2011 klargestellt, dass die bisherigen Hilfen verfassungsgemäß sind, wenn der Deutsche Bundestag ausreichend an der Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ von Gewährleistungen mitentscheiden kann. Das hat die SPD-Bundestagsfraktion in der Vergangenheit immer wieder von der schwarz-gelben Regierung eingefordert. Insofern gibt es für mich keinen Grund, an der Verfassungsmäßigkeit des Rettungsschirmes zu zweifeln.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carsten Sieling, MdB