Frage an Carsten Sieling von Joachim L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Sieling,
bei der Bürgerschaftswahl hier in Bremen möchte ich meine Stimmabgabe wohl bedenken. Ich stellte folgende Frage in einer Wahlveranstaltung und anschließend bei Abgeordnetenwatch, da nicht alle erschienenen Kandidaten Gelegenheit hatten zu antworten.
"Sehr geehrter Kandidat, beim heutigen "Parlamentarischen Sonntag" stellte ich diese Frage an das Podium:"Eingedenk der Tatsache, dass über 1/3 der Personalkosten Bremens für Versorgungsbezüge (verkürzt: Pensionen und Beihilfen) ausgegeben werden und die Tendenz in den Jahren bis 2025 dramatisch ansteigt, möchte ich von den Parteien wissen, wie sie zu der deckungsgleichen Übernahme der Änderungen in der gesetzlichen Rente für Beamte steht. Dazu gehören z.B. die Anerkennung von Ausbildungszeiten, ein demografischer Faktor, die Änderung der Bemessungsgrundlage für Pensionen (heute das erzielte Gehalt drei Jahre vor der Pensionierung). Wie ist die Position Ihrer Partei ?"
Die Antworten, die ich von der SPD-Diskutantin , Senatorin Jürges-Pieper und meinem SPD-Kandidatin erhielt, sind nicht geeignet, mir die Position der SPD zu erläutern. Mein Kandidat hier im Stadtteil, der Abgeordnete R. Hamann bat mich um Geduld…
Ich konnte auch keine deutliche Position in Papieren der Bundes-SPD finden. Den Verweis auf das Beamtenrecht (somit die lebenslange amtsangemessene Alimentation) brauche ich nicht. Gesetze, die die Rentenversorgung beschränken, konnten auch geändert werden, die (dem Versteuern der Pension entsprechende) Versteuerung der Renten konnte vor einiger Zeit auch von einem Pensionär durchgesetzt werden. Die geltenden Beamtenrechtsregelungen erscheinen anachronistisch, nicht zuletzt der DBB und Ver.Di sagen das auch und fordern das Streikrecht.
Die Rentenerhöhung von 0,99% wird regelmäßig kommentiert, die Erhöhung der Pensionen durch die Tariferhöhung (>1,5%) wird kein Wort verloren. Über eine Antwort freue ich mich.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Leefmann
Sehr geehrter Herr Leefmann,
haben sie vielen Dank für Ihre Frage bei abgeordnetenwatch.de.
Die SPD setzt sich dafür ein, die gesetzliche Rentenversicherung langfristig auf alle Erwerbstätigen auszudehnen, also u. a. auch Beamte einzubeziehen, und hat dies auch entsprechend in ihrem Grundsatzprogramm verankert. Kurzfristig könnte dieses Ziel schon deshalb nicht verwirklicht werden, weil wesentliche Elemente der Beamtenversorgung durch Artikel 33 des Grundgesetzes geschützt sind. Außerdem kann der Bund seit der sog. Föderalismusreform nur noch die Versorgung der Bundesbeamten (und Berufssoldaten) regeln. Für die weitaus größere Zahl der Landesbeamten liegt die Gesetzgebungszuständigkeit seitdem beim jeweiligen Land. Die zunächst erforderlichen Änderungen des Grundgesetzes bedürften einer Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat, die auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist.
Das Grundsatzprogramm der SPD geht weiterhin davon aus, dass die gesetzliche Rentenversicherung durch Betriebsrenten oder öffentlich geförderte private Vorsorge ergänzt wird. Dementsprechend könnte die Beamtenversorgung nicht allein durch die Rentenversicherung ersetzt werden. Vielmehr müsste die Beamtenschaft dann, wie jetzt schon die Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes, ergänzend bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder versichert werden. Da die Beamtenversorgung eine beitragsfreie Versorgung ist, müsste bei ihrer Ablösung durch Rentenversicherung und Betriebsversorgung damit gerechnet werden, dass die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes eine Erhöhung der Bruttobezüge fordern würden, um die künftige Beitragsbelastung auszugleichen. Außerdem würden bestehende Beamtenverhältnisse bzw. erworbene Versorgungsanwartschaften weitgehend unberührt bleiben müssen.
Auch wenn ein grundlegender Wechsel im System der Beamtenversorgung bis auf weiteres nicht stattfinden kann, können Änderungen des Rentenrechts trotzdem wirkungsgleich auf die Beamtenversorgung übertragen werden, wie es schon in der Vergangenheit geschah. So ist mit dem Versorgungsänderungsgesetz 2001 der sog. Riester-Faktor, mit dem die Rentensteigerungen vermindert werden, in die damals noch bundeseinheitliche Beamtenversorgung übernommen worden. Dieser Faktor wurde 2009 bereits zum sechsten Mal in der Beamtenversorgung des Bundes angewendet, während er in der Rentenversicherung für die Jahre 2008 und 2009 ausgesetzt wurde. Ursprünglich war auch geplant, den in der Rentenversicherung ab 2005 zusätzlich eingeführten Nachhaltigkeitsfaktor im Beamtenversorgungsrecht umzusetzen. Der Entwurf des von uns eingebrachten Versorgungsnachhaltigkeitsgesetzes ist jedoch durch das vorzeitige Ende der Wahlperiode im Sommer 2005 gescheitert. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass der Nachhaltigkeitsfaktor in der gesetzlichen Rentenversicherung bisher nicht im erwarteten Umfang wirksam werden konnte. Deshalb wird bis Ende 2011 unter Berücksichtigung der allgemeinen Entwicklung der Versorgungssysteme geprüft, ob die bisherigen und künftigen Einschnitte in der Beamtenversorgung des Bundes ausreichen. Weiterhin wurde die 2012 beginnende gleitende Anhebung der Regelaltersgrenze in der Rentenversicherung von 65 auf 67 Jahre in die Versorgung der Bundesbeamten übernommen. Ebenso wurde die weitgehend eingeschränkte Berücksichtigung von Ausbildungszeiten wirkungsgleich auf die Beamtenversorgung übertragen.
Im Übrigen hat der Bund zum 1. Januar 2007 einen Versorgungsfonds errichtet, mit dem die künftigen Versorgungslasten für neu eingestellte Beamte gedeckt werden. Damit wird der Bundeshaushalt nicht erst in der Zukunft, sondern zeitnah mit den Versorgungskosten belastet, womit der bisherige Anreiz entfällt, wegen des scheinbaren Kostenvorteils eher Beamte als Tarifbeschäftigte einzustellen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carsten Sieling, MdB