Portrait von Carsten Sieling
Carsten Sieling
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Carsten Sieling zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Alexander W. •

Frage an Carsten Sieling von Alexander W. bezüglich Wirtschaft

Guten Tag Herr Sieling,

ich habe darüber nachgedacht inwiefern man private Anleger davor schützen könnte Ihr Geld falsch anzulegen. Hierbei gehe ich von der Annahme aus, das sobald sich ein Anleger für eine Anlage entschieden hat, Banken dieses Geld für alles mögliche verwenden können.

Ich wäre sehr daran interessiert, das Banken dazu verpflichtet werden, eine Auskunft zu geben, wohin mein Geld fliesst. Ich wäre sogar begeistert wenn ich ethische Richtlinien der Anlageinvestition mitgestalten kann, in dem ich der Bank zum Beispiel sagen kann, das ich kein Konzern im Ausland unterstüzen möchte, das Kidnerarbeit fördert u.ä.

Ich denke, dass wir bei der Nachfrage viel besser kanalisieren könnten, und das somit den Fondsgesellschaften somit eine Zielvorgabe von seitens der privaten Anleger gegeben wird. Darüberhinaus, hoffe ich das jeder mehr darüber nachdenkt, was mit seinen Ersparnissen finanziert wird, und somit der Umlauf des Geldes sozial verträglicher wird.

Was halten sie von einer solchen Maßnahme?

Portrait von Carsten Sieling
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Weisenbach,

vielen Dank für Ihre Frage vom 14. Juli 2010.

Sie sprechen mit ihrer Frage zwei ganz ganz wichtige und drängende Themen an, auf die ich Ihnen gern ausführlich antworten will.

Einerseits: Wie können wir die Anlegerinnen und Anleger vor Bankberatern schützen, die nur ihre Provisionen im Sinn haben und ihnen für ihr Geld Finanzprodukte empfehlen, die für sie nicht geeignet sind oder auf ihre persönliche Situation gar nicht passen?

Und andererseits: selbst wenn die Anlageempfehlung oder das Finanzprodukt tatsächlich grundsätzlich für die Anlegerinnen und Anleger passt: Woher weiß ich, dass mein Geld nicht dazu verwendet wird, dass in Staaten oder Firmen investiert wird, die nicht nach ethischen, sozialen und ökologischen Kriterien handeln und arbeiten?

Zunächst: Die SPD hat sich schon sehr früh für neue Regelungen im Bereich des Anlegerschutzes ausgesprochen. In der letzten Legislaturperiode haben wir einige Verbesserungen erreicht: Die Verjährung bei Schadensersatzansprüchen gegen die Bank bei Falschberatung wurde von drei auf zehn Jahre verlängert, ein Beratungsprotokoll ist jetzt bei jeder Anlageberatung – auch am Telefon- Pflicht. Aber wir müssen feststellen, dass diese Regelungen noch nicht ausreichen. Deshalb hat die SPD-Bundestagsfraktion unter meiner Federführung vor der Sommerpause ein Gesamtkonzept zur Stärkung des Verbraucherschutzes bei Finanzdienstleistungen erarbeitet, das im Moment im Bundestag beraten wird. Darin schlagen wir eine ganze Reihe von Maßnahmen und Verbesserungen vor, in deren Mittelpunkt der oder die Einzelne mit seiner oder ihrer konkreten Lebenssituation steht. Wir nennen dieses Paket „Finanz-TÜV“.

Darin fordern wir standardisierte Informationsblätter für Finanzprodukte, damit die Anleger zwischen den einzelnen Produkten vergleichen können. Angaben wie seine Risiken oder die Höhe der Provisionen für den Verkäufer müssen künftig klar erkennbar sein. Wir wollen, dass die Beratungsprotokolle noch besser darüber Auskunft geben, was der Anleger eigentlich will. Schluss sein muss auch damit, dass Anlageberater nur auf ihre Provision schielen. Deshalb muss einerseits die Höhe der Provisionen begrenzt, andererseits die Honorarberatung ausgebaut werden. In diesem Zusammenhang muss auch die Ausbildung der Berater dringend verbessert werden. Dazu schlagen wir eine Reihe von Maßnahmen vor. Schließlich muss die Finanzaufsicht auch das Recht haben, windige Anbieter und Produkte zu verbieten.

Unseren Antrag können Sie hier ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/005/1700527.pdf ) nachlesen.

Aber auch die beste Anlageberatung schützt mich nicht davor, dass mein Geld in Unternehmen oder Projekte investiert wird, die ich aus ethischen (Herstellung von Streumunition, Kinderarbeit, Pornografie etc.). oder ökologischen (Atomkraft etc.) Gesichtspunkten nicht unterstützen kann. Dieser Bereich der sogenannten „nachhaltigen Geldanlagen“ wächst zurzeit stark. Im deutschsprachigen Raum wurden seit Anfang 2008 39 neue Nachhaltigkeitsfonds mit einer Milliarde Euro Volumen aufgelegt, insgesamt sind es 30 Milliarden Euro, die in solchen Anlagen stecken.

Die SPD tritt für eine Kultur der Langfristigkeit und Nachhaltigkeit ein. Schon 2002 hat die SPD-geführte Bundesregierung eine Nationale Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen, die einen Katalog an Handlungsfeldern und Indikatoren definiert, über den wesentliche Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung definiert werden. Wir wollen zum Beispiel im Aktiengesetz verankern, dass ein Unternehmen nicht nur seinen Aktionären, sondern auch dem Wohl der Beschäftigten und der Allgemeinheit gegenüber verpflichtet ist. Deshalb setzen wir uns für aussagekräftige Berichtsysteme für Langfristigkeit und Nachhaltigkeit ein. Das gilt auch für die Vorstandsvergütungen.

Schon heute können Sie sich in einigen Bereichen darüber informieren , ob ihr Geld nachhaltig angelegt wird. Im Forum Nachhaltige Geldanlagen e.V. haben sich zum Beispiel verschiedenste Banken und Finanzprodukteanbieter zusammengeschlossen, die sich einer nachhaltigen Anlagestrategie verpflichtet haben. Das Forum Nachhaltige Geldanlagen vergibt auch ein grünes Siegel an Finanzprodukteanbieter, die sich dabei an bestimmte Kriterien halten. Unter der Internetadresse http://www.forum-ng.de finden sie viele weitere Informationen.

Dass es schon eine Reihe privater Initiativen gibt, heißt aber noch lange nicht, dass nicht auch die Politik gefordert ist. Ich unterstütze Ihre Vorschläge für mehr Transparenz am Anlagemarkt deshalb ausdrücklich. Warum soll nicht auf einem Informationsblatt für ein Anlageprodukt ein entsprechender Hinweis sein, inwieweit nicht nur das Produkt, sondern auch die Bank sich Nachhaltigkeitskriterien verpflichtet hat? Ebenso wäre es möglich, dass im Beratungsgespräch zwingend die sozialen bzw. ökologischen Kriterien einer Geldanlage zu erörtern sind und der Inhalt dieses Punktes auch im Beratungsprotokoll auftauchen muss.

Dabei müssen wir mit dem Widerstand von vielen Einzelinteressen rechnen. In vieler Hinsicht lassen sich geeignete Rahmenbedingungen auch nur auf internationaler Ebene vereinbaren. Aber wie etwa die vergangenes Jahr verabschiedete Verordnung über die nachhaltige Produktion von Biomasse für energetische Zwecke gezeigt hat, können wir als Nationalstaat auch vorbildliche Rahmenbedingungen für Dritte setzen.

Das erfordert Zeit und Geduld. Ich bin mir aber sicher, dass das sprichwörtliche Bohren dicker Bretter hier ein wirklich lohnendes Unterfangen ist.

Noch eine abschließende Bemerkung: Auch beim Kauf beispielsweise von deutschen Staatsanleihen müssen sich Anlegerinnen und Anleger sicher sein können, dass solche Kriterien eingehalten werden. Deshalb muss auch die öffentliche Hand selbst muss Vorreiter einer nachhaltigen Anlagestrategie sein.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Carsten Sieling, MdB