Frage an Carsten Sieling von Reinhard T. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Sieling.
Wie ich heute im WK lesen konnte, haben Sie für die Fraktion ein Gesetz zur Finanztranzaktionssteuer erarbeitet.
Meine Frage hierzu : Wie hoch sollte sie sein, um angemessene Steuern erzielen zu können? Und wie hoch sollten die Freibeträge für Riester-Sparer u.a. sein?
Sehr geehrter Herr Tümmel,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Finanztransaktionssteuer.
Entgegen der Meldung des Weserkuriers habe ich für die SPD-Bundestagsfraktion keinen Gesetzentwurf, sondern bereits im Januar einen Antrag mit dem Titel "Die Lasten der Krise gerecht verteilen, Spekulation eindämmen - Internationale Finanztransaktionssteuer einführen" (Drs. 17/527) verfasst.
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/005/1700527.pdf
Eine Finanztransaktionssteuer hätte eine allgemeine und viel breitere Bemessungsgrundlage als die sogenannte „Tobin-Steuer“ auf Devisentransaktionen: Mittels einer Finanztransaktionssteuer wären alle börslichen und außerbörslichen Transaktionen von Wertpapieren, Anleihen und Derivaten und alle Devisentransaktionen erfasst. Als Steuersatz schlagen wir 0,01 bis 0,05% vor. Damit würden kurzfristige Geschäfte im Vergleich zu langfristigen Investitionen deutlich unattraktiver werden. Denn je häufiger die Transaktion stattfindet, desto stärker die Belastung. Dies gilt insbesondere für den automatisierten Computerhandel.
Nach Berechnung des renommierten Wiener Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) würde die Steuer allein in Deutschland bei einem sehr niedrigen Satz von lediglich 0,01 Prozent des Transaktionsvolumens ungefähr 12 Milliarden Euro jährlich erbringen. Und bei dieser Summe ist der erwartete Rückgang des Spekulationsvolumen bereits einberechnet.
Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestag hat sich in einer öffentlichen Anhörung am 17. Mai mit der Frage Finanztransaktionssteuer und/oder Bankenabgabe befasst.
Die entsprechenden Anträge und jeweiligen Stellungnahmen der Sachverständigen finden Sie unter folgendem Link:
http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a07/anhoerungen/2010/014/Stellungnahmen/index.html
Was die Frage der Belastung für Klein- und Riester-Sparer betrifft, so gilt es festzuhalten, dass die von der FDP verbreiteteten Horrorzahlen jeder Grundlage entbehren.
Der Sachverständige Prof. Dr. Otte von der FH Worms hat auf Grundlage des FDP-Rechenbeispiels die tatsächliche Belastung für den Riester-Sparer berechnet:
Ein durchschnittlicher Riester-Sparer, bezahlt 20 Jahre monatlich 100€ (inkl. Zulagen) in einen Riester-Fonds-Vertrag. Der Fonds erwirtschaftet eine durchschnittliche Rendite von 5%; der Steuersatz der Finanztransaktionssteuer beträgt 0,05%. Am Ende der Ansparphase beträgt das Vermögen 32.500€. Nach Aussagen der FDP soll die Belastung für den Riester-Sparer bei 4.700€ liegen. Nach Berechnung des Sachverständigen liegt die tatsächlich Belastung nach 20 Jahren inklusiv Zins und Zinseszins bei 74,22€. Die jährliche Belastung liegt damit bei 3,71€. Die Steuerlast durch eine Finanztransaktionssteuer beträgt am Ende der Ansparphase rund 0,23%.
Im Vergleich hierzu schlagen die Kosten für Vertrieb, Verwaltung und Depotgebühren mit mehr als 4.500€ in 20 Jahren zu Buche.
Auch Kleinanleger, die z.B. Bundesschatzbriefe im Wert von 1000€ oder 10000€ kaufen, bezahlen bei einem Steuersatz von 0,01% (0,05%) einmalig 10 (50) Cent bzw. 1 (5) Euro Finanztransaktionsssteuer.
Wenn Sie sich weiter über eine Finanztransaktionssteuer informieren wollen, so empfehle ich Ihnen die Sendungen "Wiso" und "plusminus"
WISO : http://wiso.zdf.de/ZDFde/inhalt/13/0,1872,8050701,00.html
plusminus: http://www.daserste.de/plusminus/beitrag_dyn~uid,ywf9702wyyqe9y3l~cm.asp
sowie
die Kurzfassung der Studie des Wiener Wifo-Institutes:
http://www.wifo.ac.at/wwa/jsp/index.jsp?fid=23923&id=37742&typeid=8&display_mode=2
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carsten Sieling, MdB