Frage an Carsten Schneider von Nicole G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Schneider,
wenn die kleineren Gewerkschaften bessere Tarifverträge für ihre Mitglieder aushandeln, als die großen Gewerkschaften, warum soll dann zukünftig nur noch der Vertrag der größeren Gewerkschaft gelten?
Das Bundesarbeitsgericht führt erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken ins Feld. Insbesondere wurde eingewandt, dass die Tarifverträge der so genannten Spartengewerkschaften praktisch unangewendet blieben, was das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG in unzulässiger Weise beeinträchtige.
Wenn die Spartengewerkschaften keinen Tarifvertrag mehr aushandeln dürfen, worüber sollen diese sich dann einigen, verhandeln, wenn ihnen das Verhandlungsinstrument genommen ist?
Überall stehen wir heute im Wettbewerb so der allgemeine Tenor.
Warum soll dieser nun bei Arbeitnehmerinteressen ausgehebelt werden?
mfg, N.Grothey
Sehr geehrte Frau Grothey,
Sie beziehen sich auf die ultima ratio des Gesetzesvorhabens. Der Grundsatz der Tarifeinheit soll als Kollisionsregel nur subsidiär greifen, wenn es den Tarifvertragsparteien nicht gelingt, durch autonome Entscheidungen Tarifkollisionen zu vermeiden. Das geplante Gesetz soll sicherstellen, dass sich die Tarifautonomie auch weiterhin an den Interessen der Gemeinschaft sowie dem Wohl des Gesamtbetriebes und aller dort Beschäftigten ausrichtet. Schließlich ist die grundgesetzlich geschützte Koalitionsfreiheit mit einer gesellschaftlichen Verantwortung aller Beteiligten verknüpft.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Schneider