Frage an Carsten Schneider von Christine K. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Schneider,
Sie haben am 27. Juli und am 1.8. auf zwei Fragen geantwortet, die Mittel des ESM würden unter strengen Auflagen vergeben und dass eine Mithaftung Deutschlands bei Rettungsbeihilfen an andere Staaten nicht gegeben sei. Die Anteile Deutschlands am ESM bezifferten Sie auf knapp 22 Milliarden Euro.
Inzwischen ist die Entwicklung weitergegangen und der Deutsche Bundestag hat am 7. Dezember weiteren Griechenland-Hilfen zugestimmt, die uns 2013 rund 730 Millionen Euro kosten werden. Insgesamt wird das veränderte Rettungspaket nach Presseberichten den Bundeshaushalt in den kommenden zwei Jahren mit rund 1,4 Milliarden Euro belasten. Bis 2030 summieren sich die Lasten für Deutschland auf 2,7 Milliarden Euro. Das ist eine Menge Geld. War Ihnen bei der Abstimmung zum ESFS/ESM und bei Ihren Antworten Ende Juli/Anfang August klar, dass diese Kosten auf uns zukommen könnten?
Moody´s hat ESM und ESFS inzwischen herabgestuft, insbesondere wegen des Reformstaus und der wirtschaftlichen Schwierigkeiten Frankreichs. Dass diese dramatisch sind, hat der Economist ausführlich dargelegt http://www.economist.com/news/leaders/21566640-why-france-could-become-biggest-danger-europes-single-currency-time-bomb-heart
Kalkulieren Sie weitere Kosten für Deutschland, falls Frankreich als Beitragszahler zum ESM ausfällt? Betrachten Sie es als realistisch, dass Deutschland der Nachschusspflicht nach Art. 25 Abs. 2 ESM (bspw. im Falle des Ausfalls Frankreichs) nicht nachkommen muss, dass es bei den 2,7 zusätzlichen Milliarden bleibt, die aus heutige Sicht auf uns zukommen?
Mit freundlichem Gruß
Christine Kirchhoff
Sehr geehrte Frau Kirchhoff,
vielen Dank für Ihre Fragen zu weiteren Hilfen für Griechenland und den Kosten für Deutschland.
Die Finanzhilfen für Griechenland, die der Deutsche Bundestag am 30. November 2012 freigegeben hat, fallen nicht unter den ESM. Es handelt sich um eine weitere Tranche in Höhe von 44,6 Milliarden Euro im Rahmen der EFSF-Finanzhilfe, die bereits genehmigt wurde.
Auch ich habe zur Kenntnis nehmen müssen, dass der Bundeshaushalt mit etwa 730 Millionen Euro belastet werden wird. Die Bundesregierung hat stets behauptet, es entstünden keine Kosten für Deutschland aus der Risikohaftung. Ich persönlich war ebenso wie die SPD anderer Auffassung. Wir haben die Bundesregierung mehrfach aufgefordert, den Bürgerinnen und Bürgern endlich die Wahrheit zu sagen. Wenn Griechenland zur Umsetzung der Reformen und Maßnahmen, zu denen es sich verpflichtet hat, zwei Jahre mehr Zeit bekommt, ist klar, dass diese Verzögerung auch mit Kosten verbunden ist. Nur Bundeskanzlerin Merkel und Bundesfinanzminister Schäuble wollen dies offenbar nicht wahrhaben – oder täuschen bewusst. Die Bundesregierung hat allerdings zutreffend dargestellt, dass sich die Summe aus den bisherigen Zinsgewinnen der EZB und den Zinsgewinnen für die bilateralen Kredite Deutschlands zusammensetzt. Da niemand am Leid der Griechen „verdienen“ möchte, wird Griechenland dieses Zinsgeld zurückgegeben. Mir ist allerdings noch nicht bekannt, ob die Deutsche Bundesbank, die den EZB-Gewinn erhält, diesen auch tatsächlich an den Bundeshaushalt abführen wird. Das ist für mich eine zwingende Voraussetzung dafür, Geld auszukehren.
Zu weiteren Kostenfolgen für Deutschland kann ich Ihnen nichts sagen. Mit dieser Frage müssen Sie sich an die Bundesregierung wenden, die den Bundestag stets nur über das Nötigste informiert. Mir ist nicht bekannt, ob Mitgliedstaaten der EFSF oder des ESM beantragen wollen oder werden, ihre Verpflichtungen auszusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Schneider