Frage an Carsten Schneider von Thomas S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Schneider,
welche Regelung schlagen sie vor, wenn sich im Rahmen der EURO-Krise der Griechische Staatshaushalt als nicht sanierungsfähig erweist?
Sind sie dafür immer neues Geld und Garantien gegenüber Griechenland zu leisten - oder halten sie eine Insolvenz Griechenlands oder ein Ausscheiden aus dem EURO und die Abwertung einer eigenen Währung zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit grundsätzlich für unmöglich?
Sollten nicht jetzt Alternativen zum bisherigen Vorgehen entwickelt werden?
Falls Griechenland seinen Haushalt nicht sanieren kann - oder sanieren will, welche Möglichkeiten Druck auszuüben sehen sie dann?
Herzliche Grüße,
Thomas Schmidt
Sehr geehrter Herr Schmidt,
aufgrund seiner volkswirtschaftlichen Rahmendaten ist Griechenland nicht in der Lage, den jetzigen Schuldenstand zu tragen und zu bedienen. Deshalb haben die europäischen Staatschefs auf ihrem Gipfeltreffen am 26. Oktober in Brüssel mit den privaten Gläubigern – den Banken, Versicherungen und Investmentfonds – einen Schuldenschnitt von 50 Prozent für Griechenland ausgehandelt. Damit müssen die Banken und Versicherungen Verluste in Höhe von etwa 70 Milliarden Euro tragen. Der Bundestag hatte Bundeskanzlerin Merkel vor dem Gipfeltreffen mit einem Rahmenmandat für die Verhandlungen ausgestattet. Dabei hatte die SPD durchgesetzt, dass die privaten Gläubiger einen substantiellen Beitrag an den Kosten der Griechenland-Krise übernehmen sollten, schließlich hatten sie bisher an der Krise gutes Geld verdient. Mehr Verzicht wäre allerdings noch besser gewesen.
Noch am 21. Juli hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble vom Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann über den Tisch ziehen lassen: Sein Vorschlag, dass die Banken einen Ausfall von 21 Prozent an den griechischen Positionen tragen würden, war eben kein substantieller Beitrag an der Griechenlandrettung! Das haben Merkel und Schäuble erst jetzt eingesehen – in der Zwischenzeit ist kostbare Zeit vergangen, die die Banken genutzt haben, um weitere Griechenlandpapiere an die Europäische Zentralbank abzuschieben. Auf diese Weise hat die EZB ihre Unabhängigkeit verloren. Das Risiko für diese „Merkel- Bonds“ trägt jetzt der Steuerzahler! Keine Wunder, dass Ängste vor Inflation und die Sorgen um die Sicherheit von Spareinlagen zunehmen.
Über das kurzfristige Krisenmanagement hinaus müssen aber endlich die Ursachen der Krise bekämpft werden. Die Akteure des Finanzsektors sind durch eine Finanztransaktionssteuer an den Kosten der Krisenbewältigung zu beteiligen. Wir brauchen eine solche Umsatzsteuer auf Finanzdienstleistungen, um Spekulationen einzudämmen. Des Weiteren muss die Regulierung der Finanzmärkte insgesamt verschärft werden: Nur diejenigen Finanzprodukte dürfen zugelassen und gehandelt werden, die auch kontrolliert werden können. Denn es waren die deregulierten Finanzmärkte, die 2007/2008 zum Ausbruch der Krise geführt haben.
Darüber hinaus bin ich davon überzeugt, dass wir mit reinen Sparprogrammen die Probleme Griechenlands nicht lösen werden. Wir brauchen für Griechenland – bei allen noch notwendigen Spar- und Strukturreformen für das Land – auch eine klare Wachstumsperspektive. Diese kann über die Europäische Union und von ihr unterstützte Investitionen kommen. Zur Zeit liegen 20 Milliarden Euro an Investitionen auf Eis, weil Griechenland die Ko-Finanzierung nicht aufbringen kann. Das Land braucht dringend Impulse, um Wirtschaftswachstum generieren zu können. Auch die Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer könnten zu einem Gutteil für solche Investitionen genutzt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Schneider