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Frage von Georg M. •

Frage an Carsten Schneider von Georg M. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Schneider,

Sie haben sich in einem Gastbeitrag in der FAZ vor etwa einem Monat sehr kritisch zu staatlichen Leistungen des Staates an die Kirchen geäußert. Sie haben etwa auf das steuerliche Mindereinkommen hingewiesen, dass aufgrund der Absetzbarkeit der Kirchensteuern gegeben ist. Sie haben weiter auch die Frage aufgeworfen, warum der Staat Leistungen für katholische theologische Lehrstühle bereitstellen sollte, wenn 70 % der Bevölkerung keine Katholiken sind.

Bei der letzten Bundestagswahl hat die SPD 23 % der Stimmen erzielt. Es gab weiter 24 % Nichtwähler. Das heißt im Ergebnis, dass weniger als 20 % der Bürger die SPD wählen. Die SPD hat daher weit weniger Anhänger in Deutschland als die katholische Kirche.

Obwohl dies so ist, erhält die SPD ganz erhebliche staatliche Mittel. Sie erhält zunächst die staatliche Parteienfinanzierung. Weiter sind Spenden und Mitgliedsbeiträge an die SPD (genauso wie Spenden und Mitgliedsbeiträge an den Erfurter Sportverein, dem Sie vorsitzen) steuerlich absetzbar. Die Finanzen der Friedrich-Ebert-Stiftung, deren Arbeit ja auch der SPD zugutekommt, dürften fast komplett aus steuerlichen Mitteln stammen.

Die Zahlungen der Abgeordneten an die SPD sind sogar doppelt staatlich. Einmal erhält der Abgeordnete sein Entgelt vom Staat, dann kann er die Spende daraus auch noch absetzen.

Wenn aber die katholische Kirche, die 30 % der Bürger vertritt, keine staatlichen Begünstigungen mehr erhalten soll, muss das doch erst recht für die SPD gelten, die nicht einmal 20 % vertritt.

Es wäre bei Ihrer Argumentation, dass es auf die Anhängerzahlen ankommen soll und nicht auf die Nützlichkeit für die Gesellschaft, nur konsequent, wenn Sie nunmehr auch fordern würden, dass sowohl staatliche Leistungen an die SPD gestrichen würde als auch Leistungen an die SPD nicht mehr steuerlich absetzbar wären. Bitte teilen Sie mir mit, ob das Ihren Vorstellungen entspricht.

Mit freundlichen Grüßen

Georg Misdroy

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Sehr geehrter Herr Misdroy,

anders als Sie in Ihrer Frage behaupten, habe ich in meinem Beitrag in der FAZ vom 19. November 2010 nicht gefordert, dass die Kirchen keinerlei staatliche Begünstigungen mehr erhalten sollen.

Mir geht es vielmehr darum, wie das Verhältnis von Kirchen und Staat angesichts zentraler gesellschaftlicher Entwicklungen in ein neues Verhältnis gebracht werden kann. Richtig ist, dass dabei auch finanzielle Aspekte eine Rolle spielen, etwa wenn es um die seit mehr als 200 Jahren zu zahlenden Dotationen des Staates an die großen Kirchen geht.

Auch die staatliche Parteienfinanzierung ist stets aufs Neue Gegenstand eines demokratischen Aushandlungsprozesses, genau deshalb wurde das Parteiengesetz in der Vergangenheit immer wieder geändert. Jedoch hat die Parteienfinanzierung mit der Kirchenfinanzierung inhaltlich rein gar nichts zu tun. Sie hat historisch andere Gründe, erfüllt einen anderen Zweck und basiert auf anderen rechtlichen Grundlagen. Insofern vergleichen Sie Äpfel mit Birnen.

Die Parteienfinanzierung in Deutschland geht auf Artikel 21 (1) Grundgesetz ("Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit") sowie auf das Parteiengesetz zurück. Meiner Meinung nach hat sich unser System mit seiner Mischung aus staatlichen und privaten Finanzierungsmitteln bewährt. Die staatlichen Gelder, die je nach Partei ungefähr zwischen einem Viertel und einem Drittel der Gesamteinnahmen ausmachen, verhindern nämlich, dass Parteien von Großspendern abhängig werden. Die Höhe der Mittel ergibt sich aus der Anzahl der Stimmen einer Partei bei den jeweils letzten Wahlen: Je mehr Stimmen sie erhält, desto mehr Geld bekommt sie auch - und umgekehrt. Diese Vorgehensweise halte ich prinzipiell für ebenso transparent wie fair.

Mit freundlichen Grüßen

Carsten Schneider

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