Frage an Carsten Schneider von Matthias W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Schneider,
mit Sorge beobachte ich das Vorhaben der Bundesregierung, den freien Zugang zum Internet durch die Einführung von zur willkürlichen Zensur geeigneten Sperrmaßnahmen einzuschränken.
Diejenigen, die dieses Vorhaben unterstützen, betonen permanent, dass hiermit KEINE allgemeine Internet-Zensur in Deutschland eingeführt werden soll und dass sich die Maßnahmen definitiv nur gegen die Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten richten.
Mich würde Ihre Meinung zu diesem wichtigen Thema interessieren.
Speziell habe ich folgende Fragen an Sie:
1. Warum ist die in einem Rechtsstaat selbstverständlich notwendige Prüfung der zu sperrenden Inhalte durch eine unabhängige Instanz (Richter) in diesem konkreten Fall nicht vorgesehen?
2. Wie soll verhindert werden, dass das BKA (quasi als "Allmachtsbehörde") beliebige andere Inhalte auf die Sperrliste setzt, wenn es keinerlei unabhängige Prüfung geben soll?
3. Warum soll das Instrument nicht auch zum Sperren anderer krimineller, illegaler Inhalte genutzt werden?
4. Wie würden Sie abstimmen, wenn das Gesetz in der jetzt vorliegenden, allen rechtsstaatlichen Prinzipien zuwider laufenden Form zur Abstimmung vorgelegt wird?
Mit freundlichen Grüßen,
Matthias Wendel
Sehr geehrter Herr Wendel,
ich habe auf Abgeordnetenwatch.de bereits eine ausführliche Antwort zu diesem Thema gegeben. Deswegen möchte ich mich hier mit dem Verweis auf die Anfrage von Herrn Harder kurz fassen.
Ich habe die Diskussion um die Sperrung von Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten aufmerksam verfolgt. Klar ist, dass die Bürgerfreiheit auch im Internet gewahrt und geschützt werden muss. Andererseits kann die wachsende Verbreitung von Kinderpornografie im Netz nicht ignoriert werden.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat zahlreiche Änderungen zum ursprünglichen Gesetzentwurf durchgesetzt. So wird das BKA verpflichtet, zuerst die Host-Provider zu kontaktieren und zum Löschen aufzufordern. Erst wenn dies nicht erfolgt, darf die Seite auf eine Sperrliste gesetzt werden. Sowohl der Host-Provider als auch der Anbieter der Seite müssen darüber benachrichtigt werden, beide haben eine Widerspruchsmöglichkeit. Wird diese genutzt, entscheidet eine richterliche Kontrollinstanz über den weiteren Prozess, sofern das BKA die Sperrung weiter verfolgt. Die ursprünglich vorgeschlagenen und immensen Befugnisse des BKA sind somit stark beschränkt worden.
Für mich zeigt die Diskussion um das beschlossene Gesetz vor allem auch eins: Wir brauchen eine grundsätzliche Debatte über die Funktion des Internets in unserer Gesellschaft.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Schneider