Frage an Carsten Molitor von Thomas H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Molitor,
wie ich aus dem Parteiprogramm der ÖDP gelesen habe, hat die ÖDP die Kinderlosen als Feindbild und will diese genauso wie die Familienpartei mit Strafbeiträgen zum Erziehungsgeld belangen. Ist der ÖDP dabei klar, das davon auch Väter und Stiefväter profitieren, die ihre Kinder vergewaltigen und Eltern oder Mütter, die ihre Kinder total vernachlässigen, schlagen oder sonstiges? Auch Alkoholabhängige Eltern oder stark rauchende Eltern profitieren so zu unrecht von dieser Umverteilung zu Lasten Kinderloser. Desgleichen profiteren von dieser ungerechten Umverteilung Asylanten und Armutsflüchtlinge aus dem Ausland mit Kindern. Dies könnte die Zuwanderung zu Lasten aller Sozialkassen nach Deutschland explodieren lassen. Was soll so ein Vorhaben im ÖDP Parteiprogramm? Warum belastet die ÖDP nicht die Spitzenverdiener und die sonstigen Reichen nicht wesentlich stärker? Warum belastet die ÖDP nicht alle Kinderschänder, sonstige Sexualstraftäter auch finanziell nicht wesentlich stärker und führt die Doppelbestrafung für solche Täter und sonstige Schwerkriminelle durch Einzug fast deren gesamten Vermögens und eine Niedrigstrente für ehemalige Schwerkriminelle ein? Warum werden keine Sanktionen für stark rauchende oder alkohlabhängige Eltern verhängt? Warum spricht sich die ÖDP trotz immenser Kosten des Erziehungsgehaltes nicht für die Abschaffung des Asylrechts und für den Austritt aus der EU wegen drohender Massenzuwanderung und drohender zusätzlicher Millardenkosten durch den Beitritt der Türkei und weiterer Länder in die EU aus?
Sehr geehrter Herr Havenstein,
vielen Dank, dass Sie mir die Gelegenheit geben, mich zu dem Thema Erziehungsgehalt zu äußern. Ich finde es gut, dass Sie sich mit dem Parteiprogramm der ÖDP auseinandergesetzt und hoffentlich auch die vielen guten Lösungsansätze für bestehende Probleme erkannt haben. Im Endeffekt ist ein Umsteuern nur durch das Zusammenspiel vieler Faktoren möglich, so dass man einen Aspekt nicht abgekoppelt von anderen Maßnahmen sehen sollte.
Eines vorweg - ein "Feindbild" gegenüber Kinderlosen existiert in der ÖDP nicht. Gäbe es dieses, so wäre ich ja Mitglied und Kandidat einer Partei, die mich als Kinderlosen und Unverheirateten, als "Feind" betrachten würde.
Während die etablierte Politik mit dem ungerechten Elterngeld (die Höhe ist an den vorherigen Verdienst gekoppelt) Besserverdienende bevorteilt und einseitig auf die Krippenbetreuung setzt, möchte die ÖDP mit dem Erziehungsgehalt den Eltern eine Wahlfreiheit der Erziehungsform ermöglichen. Von "Strafbeiträgen" kann keinesfalls die Rede sein. Das heutig favorisierte einseitige Modell der außerhäuslichen Betreuung wird auch aus Steuergeldern finanziert und ist nicht weniger kostenintensiv. Ein Erziehungsgehalt wäre steuer- und abgabenpflichtig und finanziert sich weitestgehend selbst, da es teilweise auch an die Stelle anderer Sozialleistungen (beispielsweise Elterngeld, ALG II, Wohngeld, Grundsicherung) treten würde. Manche Eltern würden aus dem Gehalt Erzieher/innen einstellen, manche würden sich für die außerhäusliche Betreuung entscheiden und manche würden die Kinder selbst erziehen. Wieso sollte man diese Entscheidung nicht grundsätzlich den Eltern überlassen? Wie man ein Erziehungsgehalt genau ausgestaltet (maximale Höhe, Bezugsdauer, Zielkontrolle) ist ein anderes Thema, welches man sehr genau ausarbeiten und diskutieren sollte. Für den Anfang möchte ich einfach dafür werben, dass man Eltern nicht generell entmündigt und ihnen eine Wahlfreiheit zugesteht.
Natürlich kann die Politik nur Rahmenbedingungen schaffen, wohingegen viele gesellschaftliche Mißstände nur durch ein generelles Umdenken und Umsteuern lösbar sind. Mich persönlich irritiert es manchmal, dass soviel gejammert wird, wo es uns doch eigentlich ganz gut geht. Manchmal darf man auch mit weniger zufrieden sein und nicht immer nur nach dem teuersten, besten und höchsten streben. Ich glaube, dass den Menschen hier ein falsches Leistungsideal vermittelt wird. Wäre jeder mehr dazu in der Lage, seine eigene Leistung anzuerkennen und zufrieden zu sein, so würden wir sofortig ein anderes und harmonischeres Umgehen miteinander erreichen.
Bezüglich der Asyl- und Flüchtlingspolitik habe ich mich schon ausführlich in einer vorhergehenden Antwort geäußert. Meiner Meinung nach sind wir für die von uns geschaffenen Probleme verantwortlich. Von daher sollte es ein Grundrecht auf Asyl geben. Der Schlüssel zur Lösung liegt wohl eher in einer anderen und menschenbezogeneren Politik, die effektive Hilfe zur Selbsthilfe ermöglicht. Wie in so vielen politischen Fragen, ist die Ursache zu bekämpfen und nicht das Symptom.
Zu Ihrer nächsten Frage bezüglich der Besteuerung - durch eine ökologisch-soziale Steuerreform, so wie sie von der ÖDP angestrebt wird, werden sich die Be- und Entlastungen zugunsten des Faktors Arbeit verschieben. Zudem planen wir die Einführung einer Tobin-Steuer (Börsenumsatzsteuer), um nur einmal zwei angestrebte Maßnahmen zu benennen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist beispielsweise das schrittweise Zurückfahren von Subventionen, wodurch sich erhebliche Steuererleichterungen ergeben würden. Auch die Einführung eines Mindestlohns ist uns sehr wichtig.
Von einer "Doppelbestrafung" von Kriminiellen halte ich nichts. Das widerspricht erstens meinem Menschenbild und zweitens bin ich davon überzeugt, dass wir Probleme nicht vollumfänglich durch Strafen und Sanktionen lösen können. Zuallererst muss immer die Frage nach dem "warum?" kommen und danach diejenige nach dem "wie kann ich den ausschlaggebenden Impuls entkräften?".
Wir leben in einer globalisierten Welt und von daher ist nach meiner Meinung ein Staatenverbund wie die EU sinnvoll. Gravierende Gefahren wie Klimawandel, Kriege usw. machen nicht vor Ländergrenzen halt und gemäß dem Motto "gemeinsam sind wir stark" finden wir in einem Verbund die besten und vor allem effektivsten Lösungen. Diese Ansicht soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ich die jetzige Ausgestaltung der EU als kritikwürdig empfinde. Anstatt einen Austritt zu diskutieren, empfinde ich es als zielführender darüber zu reden, wie wir die EU verbessern und wirklich durch die Völker legitimieren können. Der Bedarf an Nachbesserungen ist wirklich groß. Wie Sie vielleicht wissen, klagt die ÖDP gegen den Vertrag von Lissabon vor dem Bundesverfassungsgericht.
Ich befürchte zwar, dass ich Sie mit meinen Ausführungen nicht vollends überzeugen konnte, aber ich möchte noch auf einen wichtigen Faktor hinweisen, der für die ÖDP und unsere Lösungsansätze spricht. Wir nehmen keinerlei Parteispenden von Konzernen an. Nur so kann man glaubhaft für die eigenen Ziele eintreten, ohne auf Abhängigkeiten Rücksicht nehmen zu müssen. Dieses stellt sicher, dass wir Probleme wirklich angehen und diese zum Wohle der Menschen lösen können, ohne dass uns Lobbyisten ausbremsen. Ich bin davon überzeugt, dass das ein entscheidender Faktor ist, um bessere Politik zu gewährleisten.
Liebe Grüße nach Oldenburg
Carsten Molitor