Frage an Carsten Lüdemann von Dennis von H. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Senator,
als Niendorfer habe ich an Sie eine Frage im Zusammenhang mit der schrecklichen Gewalttat, die sich hier am Neujahrs Morgen ereignet hat.
Wenn man den Zeitungsberichten - insbesondere des Hamburger Abendblattes der letzten Tage - glauben darf, hatte einer der Täter - Sascha R. - bereits 20 Straftaten begangen, war polizeibekannt und es lag ein zu vollstreckender Haftbefehl gegen ihn vor.
Herr Senator, warum läuft so eine Person frei in Hamburg herum? Es sollte der Staatsanwaltschaft doch wohl möglich sein, zwischen Mitte Dezember und Neujahr einen Haftbefehl gegen einer Person zu vollstrecken, die bei ihren Eltern lebt.
Warum ist einer Person wie Sascha R. - und lt. Zeitung gibt es ja noch rund 700 weitere junge Intensivtäter - nicht in der Feuerbergstraße, einer Einrichtung, die sich nach den Plänen des CDU-Senates um solche Menschen kümmern soll?
Ich begebe offen zu, dass eine Fall wie Sascha R. bei mir und in meinem Freundes und Bekanntenkreis nicht gerade das Vertrauen in die Sicherheitspolitik der CDU stärkt.
Ich danke Ihnen für Ihrer Antwort und verbleibe,
mit freundlichen Grüßen
Dennis von Heydebreck
Sehr geehrter Herr von Heydebreck,
vielen Dank für Ihre Mail vom 16. Januar 2008.
Es ist in der Tat zutreffend, dass gegen einen der mutmaßlichen Täter zum Zeitpunkt der Tatbegehung ein zu vollstreckender Haftbefehl vorgelegen hat. Deshalb kann ich Ihr Unverständnis nach der Lektüre des von Ihnen angesprochenen Zeitungsartikels durchaus verstehen. Ich möchte Sie jedoch darauf hinweisen, dass es sich bei dem hier in Rede stehenden Haftbefehl nicht um einen der in der öffentlichen Wahrnehmung typischen Haftbefehle - also den aufgrund des Verdachts einer begangenen Straftat erlassenen Haftbefehl - gehandelt hat. Vielmehr handelte es sich um einen Haftbefehl nach § 230 Absatz 2 der Strafprozessordnung. Das bedeutet, dass der Haftbefehl erlassen wurde, weil der Tatverdächtige einer gegen ihn geführten Verhandlung ohne genügende Entschuldigung fern geblieben ist. Ohne das Geschehen auf diese Weise entschuldigen zu wollen, möchte ich nur zum besseren Verständnis auf die häufig vorkommende Praxis hinweisen, dass dieser Art von Haftbefehlen bei Polizei und Staatsanwaltschaft nicht die gleiche Priorität eingeräumt wird, wie Haftbefehlen wegen des Verdachts aktuell begangener Straftaten.
Ihre Frage, weshalb nicht noch mehr junge sogenannte Intensivtäter in Einrichtungen wie der Hamburger Feuerbergstrasse untergebracht werden, muss ich mit dem Hinweis auf das hohe Gut der richterlichen Unabhängigkeit beantworten. Denn ob es letzten Endes tatsächlich zu einer Unterbringung eines Jugendlichen in der Feuerbergstrasse kommt, darüber entscheide weder ich noch die Hamburger CDU. Diese Entscheidung liegt alleine bei Hamburgs Richtern.
Wenn Sie zu bedenken geben, dass die aktuellen Geschehnisse weder bei Ihnen noch bei Ihren Freunden das Vertrauen in die Sicherheitspolitik meiner Partei der CDU stärkt, dann bedaure ich das sehr, da mir die Sicherheit der Bürger dieser Stadt sehr am Herzen liegt. Schließlich war es dieser Senat, der die geschlossene Unterbringung erst eingeführt hat. Und vielleicht erinnern Sie sich ja noch an die rot-grünen Zeiten vor der Regierungsübernahme 2001. Hamburg hat inzwischen die niedrigste Kriminalitätsbelastung seit 1984. Früher waren wir "Hauptstadt des Verbrechens", heute ist Hamburg eine der sichersten Großstädte. Beispielsweise erwähnt sei auch, dass es zeitweise alleine in der offenen Vollzugsanstalt Vierlande jährlich zu bis zu 200 Entweichungen kam. Auch reisten jugendliche Straftäter im Rahmen des damaligen SPD- Konzepts "Menschen statt Mauern" erfolglos rund um die Welt. Alleine einer dieser Jugendlichen - der auch bundesweit einen traurigen Bekanntheitsgrad erlangen konnte - wurde nach Dänemark, Finnland, Peru, Polen, Spanien und Neuseeland geschickt. Wenn Sie also andeuten möchten, dass es noch immer Verbesserungspotential im Rahmen der aktuellen Sicherheitspolitik geben könnte, so möchte ich Ihnen nicht widersprechen. Denn eine Politik, die sich auf ihren Erfolgen ausruht, ist eine Politik des Stillstandes. Doch ich hoffe, dass Sie darüber nicht verkennen, dass sich seit 2001 bereits sehr vieles im Bereich inneren Sicherheit Hamburgs zum Besseren gewendet hat.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Lüdemann