AfD Parteiverbot Ja oder Nein?
Sehr geehrter Herr Körber, ich möchte dass sie wissen dass diese Frage für mich absolut wahlentscheidend ist. Ich kann meine Stimme keinem Kandidaten geben der nicht ganz klar gegen die Rechten steht. Tun sie bitte das richtige.

Sehr geehrter Herr W.
vielen Dank für Ihre Frage! Beginnen möchte ich meine Ausführungen mit der ganz klaren und eindeutigen Feststellung, dass es nach der Bundestagswahl seitens der CDU und der CSU in keinem Falle zu einer wie auch immer gearteten Zusammenarbeit mit der AfD kommen wird. Das hat unser Parteivorsitzender und Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz, bereits sehr deutlich gesagt, so z.B. erst wieder beim Kanzler-„Quadrell“ am vergangenen Sonntagabend bei RTL. Dass Bundeskanzler Olaf Scholz wider besseren Wissens weiterhin das Gegenteil behauptet, zeigt nur, wie sinn- und inhaltsleer die Positionierung und der Wahlkampf der SPD mittlerweile sind.
Aus diesen Gründen kann die AfD unter keinen Umständen ein Partner für die Union sein:
1. Die AfD ist eine in Teilen gesichert rechtsextreme Partei, so etwa die AfD-Landesverbände von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat die Einstufung des sächsischen Landesverbands als "gesichert rechtsextremistisch" erst im Januar bestätigt. Der thüringische AfD-Landeschef Björn Höcke darf laut Gericht als „Nazi“ bezeichnet werden, da es sich dabei um ein „an Tatsachen anknüpfendes Werturteil“ handelt. Mit solchen Leuten kann es seitens der Union keine Zusammenarbeit geben! Auch wenn längst nicht alle AfD-Mitglieder rechtsextrem oder gar Nazis sind, so werden Rechtsextremisten oder Nazis jedoch von den anderen AfD-Mitgliedern jeden Tag aufs Neue in der Partei geduldet – und ihr Einfluss wächst. Mit einer solchen Partei ist für die Union keine Zusammenarbeit denkbar.
2. Die AfD bekämpft alles, was das Erfolgsmodell Deutschland in den letzten Jahrzehnten ausgemacht hat. Die Westbindung und die NATO haben Deutschland Frieden, Freiheit und Sicherheit beschert. Die EU und die westlich-demokratische Wertegemeinschaft haben für Wohlstand, Lebensqualität und kulturellen Reichtum gesorgt. Die von der AfD propagierte Partnerschaft mit Russland führt Deutschland in die Abhängigkeit von einem autoritären Unrechtsregime, das Menschen- und Freiheitsrechte verachtet und keine Partnerschaften auf Augenhöhe duldet. Der Austritt aus EU und Euro käme für uns als Exportnation dem wirtschaftlichen Untergang gleich. Mit einer solchen Partei ist für die Union keine Zusammenarbeit denkbar.
Denn die AfD will alles abschaffen, was den Markenkern oder besser den Gründungsmythos der Bundesrepublik ausmacht – und damit auch das innerste Selbstverständnis der Union, denn diese grundlegenden Festlegungen (Westbindung, EU / Europa, Wiederbewaffnung / NATO-Beitritt) wurden bis Mitte der 1950er Jahre von Konrad Adenauer getroffen.
Diese Festlegungen durch Adenauer erfolgten im Übrigen gegen den teilweise erbitterten Widerstand der SPD, die sich erst mit ihrem Godesberger Programm 1959 wandelte, von einer marxistisch geprägten Arbeiterpartei hin zu einer modernen Volkspartei mit dem Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft, Privateigentum und einer Landesverteidigung durch die Bundeswehr im Rahmen der NATO.
3. Die AfD will keinen Politikwechsel, sie will einen Systemwechsel. Die AfD ist eine rechtsextreme Partei, die das Grundgesetz und unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen will. Sie propagiert eine nationalistische „Volksgemeinschaft“, in der Solidarität, die Würde des Einzelnen und soziale Marktwirtschaft keinen Platz haben. Die AfD will bürgerliche Grund- und Freiheitsrechte abschaffen, sie lehnt Gewaltenteilung, Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit ab. Nationalismus, Rassismus, Hass und Hetze können aber niemals Grundlage sein für ein gleichberechtigtes Zusammenleben in Frieden, Freiheit und Sicherheit. Mit einer solchen Partei ist für die Union keine Zusammenarbeit denkbar.
4. Der Erzfeind der AfD sind CDU und CSU. Das haben AfD-Offizielle oft genug erklärt. Man wolle die CDU vernichten, verkünden regelmäßig AfD-Vertreter. Die Union wird niemals mit jemandem zusammenarbeiten oder auch nur die Hand reichen, dessen klares Ziel die Zerstörung der Union ist.
Jeder einzelne dieser Gründe, noch mehr aber alle zusammengenommen, schließen eine Zusammenarbeit zwischen der Union und der AfD ohne den geringsten Zweifel aus.
Wenn es so einfach wäre, die AfD zu verbieten, dann sollten wir es tun. Das ist es aber nicht. Kurz und knapp: Ein Verbotsverfahren birgt das Risiko, dass es scheitert und der AfD eine Opferrolle verschafft. Letztlich muss man die AfD durch eine bessere Politik bekämpfen, nicht durch ein Verbot. Man muss die Probleme und Fragen unserer Zeit angehen und lösen, die die AfD groß gemacht haben. Zudem könnte ein gescheitertes Verfahren das Vertrauen in demokratische Institutionen weiter schwächen. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass ein Verbotsverfahren gegen die AfD nicht so leicht umzusetzen ist, auch der langfristige Erfolg eines solchen Verbots ist zweifelhaft. Das Grundgesetz stellt hohe verfassungsrechtliche Anforderungen an das Parteiverbotsverfahren – es handelt um eines der schärfsten Schwerter in der wehrhaften Demokratie.
Ich persönlich habe dem Verbotsantrag aus diesen Gründen nicht zugestimmt. Der Antrag hat bekanntlich keine Mehrheit im Bundestag gefunden. Durch die anstehende Bundestagswahl am kommenden Sonntag wird er der Diskontinuität anheimfallen. Sollte es im kommenden Bundestag eine Mehrheit für einen neuen Anlauf für einen solchen Antrag geben, so sollte man diesen schnell auf den Weg bringen, denn auch im besten Fall dürfte solch ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wenigstens zwei Jahre dauern.
Ich halte in der Tat die Chance auf ein erfolgreiches Verbotsverfahren für so groß wie nie zuvor, denn zum einen gibt es in der AfD nicht nur einzelne Landesverbände, die gesichert rechtsextrem sind, wie auch die bisherige Jugendorganisation Junge Alternative, sondern auch die Bundespartei selbst hat sich insgesamt klar nach rechts außen bewegt. Ich halte die AfD für eine in Haupt und Gliedern rechtsextreme Partei, die gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung teilweise sogar aktiv kämpferisch vorgeht.
Hier kommt auch das vom Bundesverfassungsgericht im später gescheiterten NPD-Verbotsverfahren ins Spiel, dass eine Partei das Wählerpotential haben muss, um ihre verfassungsfeindliche Ziele auch umzusetzen zu können. Diese Frage muss man bei den aktuellen Umfrageergebnissen bundesweit von rund 20% für die AfD leider bejahen. Und auch die Tatsache, dass die AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel neulich erklärte, sie würde jemanden wie Björn Höcke zum Minister machen, lässt das Schlimmste befürchten.
Ein weiterer Punkt, der mich zögern lässt, ist der AfD-Zuspruch im Osten jenseits der 30%. Ich halte es zudem für einen absoluten Trugschluss zu glauben, dass man die gesellschaftliche Zustimmung zur AfD „einfach“ verbieten könne.
Würde man die AfD verbieten, würde dem organisierten Rechtsextremismus in unserem Land Millionen Euro an Steuergeldern wegfallen. Man würde mit dem Verbot unserer Demokratie eine Verschnaufpause verschaffen. Aber man würde die Ideen und die Gesinnung damit nicht aus der Welt schaffen. Die potentiellen AfD-Wähler mit rechtsextremer Gesinnung sind auch nach dem Verbot immer noch da.
Es ist eine gemeinsame Aufgabe aller Demokratinnen und Demokraten in unserer Gesellschaft, die AfD politisch und inhaltlich zu stellen, anstatt sie zu verbieten. Das ist, so fürchte ich, natürlich ein langer und beschwerlicher Weg. Aber es ist wichtig, dass wir uns jetzt und in Zukunft ausnahmslos allen extremistischen Tendenzen, den rechtsextremen, aber auch allen anderen, in unserem Land entgegenstellen.
Eines der drängendsten Probleme für die Menschen in unserem Land, das zeigen auch die aktuellen Umfragen, sind die Innere Sicherheit und damit einhergehend die illegale Migration. Hier müssen wir handeln. Die Abstimmungen im Bundestag neulich haben gezeigt, dass von den demokratischen Fraktionen der Mitte allein die Union hier willens ist.
Wer die Asylwende will, muss CDU wählen. Wer SPD und Grüne wählt, will ein „Weiter so“ mit noch mehr illegaler Zuwanderung. Wer jetzt noch AfD wählt, wählt nicht nur rechtsextrem, sondern er stärkt auch gerade die politischen Kräfte, die er ablehnt, denn mit jeder Stimme für die AfD steigt der Einfluss von SPD und Grünen auf die nächste Bundesregierung – und verhindert die Asylwende. Wer den Wechsel will, muss einen Kanzler wählen, der auch etwas verändern kann. Das ist allein Friedrich Merz, sonst niemand.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Körber