Sehr geehrter Herr Brodesser, treten Sie für die, von der Mehrheit der Bundesbürger geforderte, Reduzierung der Zahl der Bundestagsabgeordneten in dieser Legislaturperiode noch ein?
Gesetzt den Fall, ein angestrebter Volksentscheid zur Verkleinerung des Bundestages verlangt die im GG festgelegte Zahl von 598 Abgeordneten
Ohne „Wenn und Aber“ wie sieht Ihre Lösung dafür aus
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Obwohl das geltende Wahlrecht grundsätzlich von einer Mandatszahl von 598 Abgeordneten bei 299 Wahlkreisen ausgeht, besteht der Deutsche Bundestag auf der Grundlage des Wahlergebnisses vom September 2021 derzeit aus 736 Abgeordneten (299 direkt, 437 über Listen gewählte Abgeordnete). Dies ergibt sich daraus, dass nach diversen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts unser aktuell geltendes Wahlrecht einen vollumfänglichen Ausgleich von Mandaten nach dem Proportionalitätsprinzip vorsieht, um Verzerrungen der Erfolgswertgleichheit zu begegnen. Dies führt zu 138 Überhang- und Ausgleichsmandaten. Ich bin der Ansicht, dass der Bundestag viel zu groß ist und wir dringend eine gute Wahlrechtsreform benötigen. Den aktuellen Vorschlag der Ampel-Koalition, der uns ohne eigene Beteiligung einfach vorgelegt wurde, lehnen wir allerdings ab. Dieser könnte nämlich den Wählerwillen schwächen. Denn der Vorschlag der Ampel, Überhang- und Ausgleichsmandate komplett abzuschaffen und die Sitzverteilung rein von der Zweit/Hauptstimme abhängig zu machen, widerspricht aus unserer Sicht dem Kern der Direktwahl. Wenn eine Partei in einem Bundesland höchstens so viele Direktmandate erhalten soll, wie es dem Zweitstimmenanteil der Partei entspricht – würde dies bedeuten, dass ggf. mehrheitlich direkt gewählte Personen kein Mandat erhielten. Uns ist dagegen die Repräsentanz durch in Wahlkreisen gewählte Abgeordnete außerordentlich wichtig, da somit ein unmittelbarer Bezug zur örtlichen Wahlbevölkerung sichergestellt wird. Wahlkreisabgeordnete vertreten das ganze Volk, aber haben gleichzeitig eine sichtbare Rückkopplung an eine konkrete Wahlbevölkerung. Das ist ein wichtiges Zeichen demokratischer Repräsentanz. Dies gilt es zu bewahren.
Wir von der CDU/CSU sind zu ernsthaften und konstruktiven Gesprächen mit der Ampel über eine Wahlrechtsreform zur Reduktion der Größe des Bundestages bereit. Der aktuelle Vorschlag ist aber, wie beschrieben, von uns nicht zustimmungsfähig.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carsten Brodesser