Frage an Carsten Brodesser von Johannes M. bezüglich Lobbyismus & Transparenz
Sehr geehrter Herr Dr. Brodesser,
soweit ich weiß hat die CDU bislang eine Regelung zur Transparenz hinsichtlich der Nebeneinkünfte von Abgeordneten erfolgreich verhindert. Mit den aktuell aufgedeckten Fällen schaden die Verursacher der CDU erheblich.
Die Abgeordnetenentschädigung liegt ja schon erheblich über einem Durchschnittsverdienst, dazu kommt dann noch die Kostenpauschale und diverse Kostenerstattungen. Somit sollte ein guter Lebensstandart möglich sein, ohne auf zusätzliche Einnahmen angewiesen zu sein.
Das ist gut und richtig so, es ist schließlich ja auch ein harter Job.
Nebeneinkünfte könnten die Objektivität bei der Entscheidungsfindung beeinträchtigen.
Meine Fragen:
1. Haben Sie auch Nebeneinkünfte, wenn ja, woher und in welcher Höhe?
2. Würden Sie für eine Regelung stimmen, die Abgeordneten Nebeneinkünfte untersagt?
Ich danke herzlich für eine Antwort und wünsche Ihnen viel Gesundheit und Erfolg in Ihrer Arbeit für unseren Wahlkreis!
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Mauelshagen
Sehr geehrter Herr Mauelshagen,
vielen Dank, dass Sie mich zu meinen Nebeneinkünften als Bundestagsabgeordneter über das Portal abgeordnetenwatch.de kontaktiert haben.
Mit Beginn der Legislaturperiode im Jahr 2017 habe ich meinen Angestelltenvertrag als Regionaldirektor der Westdeutschen Landesbausparkasse (LBS) ruhend gestellt. Seit Anfang 2018 wurde ich gebeten die Funktion des sogenannter "Vertrauensmanns" bei der LBS zu übernehmen.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bestellt bei jeder Bausparkasse einen solchen Vertrauensmann. Vor der Bestellung ist die Bausparkasse und, soweit eine andere staatliche Aufsicht besteht, auch die für diese Aufsicht zuständige Behörde zu hören. Die Bestellung kann jederzeit widerrufen werden. Der Vertrauensmann hat darauf zu achten, dass die Bestimmungen der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge über das Zuteilungsverfahren eingehalten werden. Er ist befugt, die Bücher und Schriften der Bausparkasse einzusehen, soweit sie sich auf das Zuteilungsverfahren beziehen. Bei Streitigkeiten zwischen Bausparkasse und Vertrauensmann entscheidet die BaFin. Der Vertrauensmann teilt der BaFin seine Feststellungen und Beobachtungen mit. Er ist an Weisungen der BaFin nicht gebunden.
Im Rahmen dieser Tätigkeit, tausche ich mich regelmäßig mit den Gremien der Bausparkasse aus, führe Stichproben durch und trage zu einem ordnungsgemäßen Zuteilungsverfahren im Interesse der Kunden bei. Eine zeitliche oder inhaltliche Kollision mit meinen Aufgaben als Mitglied des Bundestages entsteht dadurch nicht. Für diese Aufgabe erhalte ich eine Aufwandsentschädigung von jährlich (!) 6.761,84 Euro. Weitere Einkünfte aus nichtselbständiger oder selbständiger Arbeit beziehe ich nicht, da mich mein Mandat voll und ganz ausfüllt.
Ein generelles Verbot von Nebeneinkünften für Bundestagsabgeordnete sehe ich hingegen äußerst skeptisch. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sollten als Volksvertreter einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung darstellen. Insofern halte ich es für wichtig, dass auch Vertreter freier oder selbständiger Berufe dem Parlament angehören können.
Landwirte, Anwälte, Steuerberater, sonstige Unternehmer oder Ärzte können ihren Sachverstand aber nur dann als Abgeordnete in den deutschen Bundestag einbringen, wenn sie die Sicherheit haben, nach Beendigung ihrer Parlamentszugehörigkeit wieder ihre berufliche Tätigkeit aufnehmen zu können. In aktuellen Praxis werden für die Dauer der Mandatsausübung Vertreter für die operative Tätigkeit bestellt. Der Unternehmer bzw. der Freiberufler bleibt jedoch in reduziertem Umfang am Gewinn und Verlust des Unternehmens / der Kanzlei / der Arztpraxis beteiligt. Würde man jegliche Nebeneinkünfte untersagen, so würde dies faktisch dazu führen, dass diese Berufsträger nicht für den Deutschen Bundestag kandidieren würden. Ein Parlament, das ausschließlich mit Beamten besetzt ist, halte ich für keine gute Alternative.
Die veröffentlichungspflichtigen Angaben über Nebeneinkünfte stellen übrigens nur die Einnahmen dar. Wenn beispielsweise ein Landwirt mehrere hunderttausend Euro als Einnahme deklariert, so darf man nicht vergessen, dass gleichzeitig möglicherweise mehrere hunderttausend Euro Aufwand angefallen sind. Insofern wäre es besser, dass steuerpflichtige Einkünfte / Verluste (nach Abzug des Aufwands) deklariert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carsten Brodesser