Frage an Carsten Brodesser von Anne V. bezüglich Jugend
Sehr geehrter Herr Brodesser,
24 Verbände und zivilgesellschaftliche Organisationen fordern in einem gemeinsamen offenen Brief an die Städte und Gemeinden, sowie das Innen- und das Familienministerium, die Rechte und das Wohl von Kindern in der Debatte um die geplanten Ankerzentren zu achten.
Auf Grundlage der bisher bekannten Pläne steht für uns fest: Ankerzentren werden keine geeigneten Orte für Kinder und Jugendliche sein.
45 Prozent der 2017 nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge waren Kinder und Jugendliche. Ihre Rechte müssen in allen Verfahren berücksichtigt werden. Dazu gehören zum Beispiel der Besuch von Schulen und Kindergärten und eine Umgebung, in der Kinder sicher und gesund aufwachsen können. »Es ist pädagogisch und rechtlich außer Frage, dass Kinder nicht nur besonderen Schutz benötigen, sondern ihnen elementare Rechte nicht vorenthalten werden dürfen. Das Kindeswohl muss Vorrang vor flüchtlingspolitischen Erwägungen haben«, so Nerea González Méndez de Vigo, juristische Referentin beim Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. »Die geplante Unterbringung von unbegleiteten minderjährige Flüchtlingen in Ankerzentren gemeinsam mit Erwachsenen widerspricht dem Vorrang der Kinder- und Jugendhilfe.«
Sie, Herr Brodesser, sind direkt gewählter Bundestagsabgeordneter aus dem Oberbergischen Kreis.
Wir, die Nümbrechter terre des hommes Arbeitsgruppe, möchten Sie herzlich bitten, sich in diese Diskussion im Sinne von terre des hommes einzubringen.
Mit freundlichen Grüßen
Anne Versaevel-Keller
terre des hommes Nümbrecht
Sehr geehrte Frau Versaevel-Keller,
vielen Dank, dass Sie mich über das Portal „Abgeordnetenwatch.de“ zum Thema AnKER-Einrichtungen kontaktiert haben.
Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD sieht als einen wesentlichen Beitrag für effizientere und schnellere Asylverfahren vor, die Bearbeitung von Asylanträgen künftig in zentralen Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen (kurz: AnKER-Einrichtungen) durchzuführen. In diesen AnKER-Einrichtungen werden die Ankunft, die Entscheidung über den Asylantrag und die Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern stattfinden. Auf die Kommunen verteilt werden lediglich diejenigen Schutzsuchenden, bei denen eine positive Bleibeprognose besteht. Durch die AnKER-Einrichtungen werden die Asylverfahren insgesamt noch wesentlich effizienter ablaufen und die derzeit unbefriedigende Rückführungssituation verbessert. Die Grundidee hierbei ist „Alles unter einem Dach“. Wenn die Schutzsuchenden und die zuständigen Behörden in derselben Einrichtung untergebracht sind, ist das die optimale Ausgangslage für kurze Wege, einfache und schnelle Kommunikation sowie gute Erreichbarkeit.
In dieser Woche werden die genauen Pläne für die fünf geplanten Pilot-AnKER-Einrichtungen vom Bundesminister für Inneres, Bau und Heimat, Herrn Horst Seehofer, vorgestellt. Selbstverständlich wird bei der Konzeption dieser Einrichtungen auf das Wohl der Kinder und Jugendlichen geachtet. Bereits jetzt unternehmen die Bundesländer enorme Anstrengungen um Kinder, Jugendliche und Frauen in Erstaufnahmeeinrichtungen besonderen Schutz zu gewähren.
Es handelt sich bei den fünf geplanten Einrichtungen zunächst um Pilotprojekte. Die Abläufe in den Piloteinrichtungen werden sehr aufmerksam analysiert und gegebenenfalls optimiert. Sie haben Recht, dass es sehr wichtig ist, dass Kinder und Jugendliche in Schulen oder Kindergärten betreut werden. Man muss jedoch prüfen, ob das flächendeckend umsetzbar ist, da durch die Beschleunigung der Asylverfahren die Verweildauer der Geflüchteten in den AnKER-Einrichtungen relativ kurz sein wird.
Sehr geehrte Frau Versaevel-Keller, ich verspreche Ihnen, dass wir als CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag alles unternehmen werden, damit es den geflüchteten Kindern und Jugendlichen in den geplanten AnKER-Einrichtungen gut geht. Die eingebrachten Bedenken, die Sie, aber auch andere Hilfsorganisationen, geäußert haben, werden sehr ernst genommen und von den Mitgliedern im Innenausschuss berücksichtigt. Gleichzeitig danke ich Ihnen und Ihrer Organisation terre de hommes für Ihren großartigen Einsatz für Kinder in Not.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carsten Brodesser