Frage an Carola Stauche von Wolfgang Dr. K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Seit November 2013 haben Sie in mindestens 15 Abstimmungen im Bundestag für Auslandseinsätze der Bundeswehr votiert. Sind Sie angesichts der gegenwärtigen dramatischen Entwicklungen (Flüchtlingselend...) noch davon überzeugt, dass deutsches militärisches Engagement (Kosovo, Afghanistan) und auch deutsche Rüstungsexporte die erhofften humanitären Effekte bringen werden? Wie unterstützen Sie persönlich in Thüringen und in Ihrem Wahlkreis die Bemühungen um einen humanitären Umgang mit Flüchtlingen und Migranten?
Sehr geehrter Herr Dr. Künzel,
Ihre Verknüpfung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr mit der aktuellen Flüchtlingskrise kann ich nicht nachvollziehen.
Die überwiegende Mehrzahl der Flüchtlinge kommt aus Syrien zu uns. Dort ist die Bundeswehr nicht aktiv. Die Menschen fliehen vor dem Terror Baschar al-Assads und des sogenannten Islamischen Staats. Auch in Eritrea und Pakistan ist die Bundeswehr nicht aktiv, im Irak lediglich mit 47 Ausbildern. Die Menschen, die vom Balkan zu uns kommen, fliehen nicht vor Krieg, sondern vor wirtschaftlicher Not. Es war auch die Präsenz der Bundeswehr in verschiedenen Ländern des Balkan, die dort für Frieden gesorgt hat. Eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung kann jedoch nicht Aufgabe einer militärischen Stabilisierungsmission sein, sondern liegt in erster Linie in der Verantwortung des Landes selbst.
Generell sind die Auswirkungen von Auslandseinsätzen schwer zu beurteilen, da es keine „Vergleichsgruppe“ gibt, die zeigen könnte, wie sich das Zielland ohne Einsatz entwickelt hätte. Ich denke, generell können wir jedoch sagen, dass die Auslandseinsätze der Bundeswehr eine große Rolle gespielt haben beziehungsweise spielen in der politischen Stabilisierung bestimmter Regionen, zum Beispiel auf dem Balkan, in Mali, im Seegebiet am Horn von Afrika und zeitweise auch in Afghanistan. Gerade am Hindukusch haben deutsche Soldaten beeindruckendes geleistet, auch im Wiederaufbau ziviler Strukturen für die ansässige Bevölkerung. Die schwierige Situation in Afghanistan derzeit ist sicher nicht der Bundeswehr anzulasten. Daneben überwacht beziehungsweise überwachte die Bundeswehr Waffenstillstände und Wahlen, und beteiligt sich an humanitären Einsätzen wie 2005 dem Tsunami Ende 2004 im Indischen Ozean.
Ich bin mir bewusst, dass Waffen und Rüstungsgüter keine Waren sind wie andere, sondern spezieller Kontrolle bedürfen. Über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregierung im Einzelfall und nach sorgfältiger Prüfung; dabei werden auch außen- und sicherheitspolitische Aspekte einbezogen. 2015 hat die Bundesregierung neue Vorschriften zur Exportkontrolle eingeführt. So wurden die Regelungen für Kleinwaffenexporte weiter verschärft. Von Empfängern kann nun die ausdrückliche Zusage verlangt werden, dass die genehmigten Waffen ohne erneute Zustimmung der Bundesregierung weder an andere Länder, noch innerhalb des Empfängerlandes an andere als die genehmigten Empfänger weitergegeben werden dürfen. Des Weiteren dürfen keine Lizenzproduktionen von Kleinwaffen in Drittländern mehr genehmigt werden. Dafür werden derzeit Überwachungsmechanismen erarbeitet. Post-Shipment-Kontrollen werden eingeführt: Künftig können die Angaben, die Empfänger zum Verbleib der Waffen machen, besser und vor allem direkt vor Ort überprüft werden.
In unserer Fraktion im Bundestag arbeiten wir intensiv an einer Lösung der aktuellen Flüchtlingskrise. Die letzten Wochen haben uns allen jedoch deutlich vor Augen geführt, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Das Asylpaket, das wir in der vergangenen Woche im Bundestag verabschiedet haben, ist ein zentraler Schritt. Der Grundgedanke ist: Das Recht auf Asyl ist unverhandelbar. Wer Anspruch auf Asyl hat, soll in Deutschland Schutz und Hilfe finden. Wer allerdings keinen Anspruch auf Asyl hat, wird abgewiesen. So können wir unsere Kraft darauf konzentrieren, den tatsächlich Schutzbedürftigen zu helfen.
Wir müssen jedoch auch sehen: Alle diese Ansätze sind nur Stückwerk. Es gibt nicht den einen großen Wurf, mit dem die Situation gelöst werden kann. Eine starke europäische Komponente ist wichtig, vor allem hinsichtlich der Verteilung der Flüchtlinge. Wir werden in den kommenden Wochen hart daran arbeiten, weitere Schritte folgen zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Carola Stauche