Frage an Carola Stauche von Hubertus S. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Stauche,
Sie haben gegen den Antrag auf Verbot der NPD durch den Bundestag gestimmt. Erklären Sie bitte Ihre Gründe dafür. Sind Sie auch der Meinung, dass man "Dummheit nicht verbieten kann"? Und erklären Sie bitte auch, weshalb Völkerhass, Rassenhass, Kriegshetze und faschistisches Gedankengut im GG nicht ausdrücklich verboten sind. Ich bin der Meinung, dass dort Ursachen für das Anwachsen des faschistischen Gedankengutes zu suchen sind.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Scholz
Sehr geehrter Herr Scholz,
vielen Dank für Ihre Frage vom 26. April.
Sie beziehen sich auf das Grundgesetz, einen der Grundpfeiler unserer Demokratie. Das Grundgesetz regelt, wie der Name schon sagt, die wesentlichen Grundlagen von Staatlichkeit und Recht in der Bundesrepublik Deutschland. Seit über 60 Jahren (bzw. seit über 20 Jahren im geeinten Deutschland) ist es das Fundament für Demokratie, Rechts-, Sozial und Bundesstaatlichkeit. Dabei gehört es jedoch meiner Ansicht nach zum Wesen einer Verfassung, nur so konkret wie nötig und so allgemein wie möglich zu sein, da es frei von tagespolitischen Erwägungen grundsätzliche Fragen regelt (dies wird auch daran deutlich, dass das Grundgesetz nur mit Zweidrittelmehrheit von Bundestag und Bundesrat geändert werden kann). Die von Ihnen angesprochenen Punkte „Völkerhass, Rassenhass, Kriegshetze und faschistisches Gedankengut“ fallen in diesem Sinne sämtlich unter Artikel 1, den wichtigsten Artikel des Grundgesetzes, an dem sich jede Gesetzgebung und jedes staatliche Handeln messen lassen muss: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Was auf den ersten Blick möglicherweise eine gewisse Unverbindlichkeit hat, ist ein großer Gewinn: Es werden nicht konkrete Einzelmeinungen verboten, die ohnehin nicht kontrollierbar sind, solange sie Meinungen bleiben. Vielmehr stellt das Grundgesetz klar, dass die Würde aller Menschen das höchste Gut ist, dass es zu achten und zu schützen gilt. Diese Prämisse und die folgenden Grundrechte (Art. 2 bis 19 GG) bilden gewissermaßen die Basis für konkrete Regelungen im Strafgesetzbuch, die „tagesaktuell“ den jeweiligen Herausforderungen der Zeit angepasst werden können, wie an der Entwicklung des Strafgesetzbuchparagraphen 130 („Volksverhetzung“) deutlich wird.
Deutschland ist ein Rechtsstaat, kein Gesinnungsstaat. Die Befassung mit nationalsozialistischen, fremdenfeindlichen, rassistischen etc. Umtrieben muss meiner Ansicht nach auf politischer, ganz besonders aber auch auf gesellschaftlicher Ebene erfolgen, denn es handelt sich dabei um Gedanken, die sich nicht verbieten lassen. Entsprechenden Meinungen, wie sie beispielsweise (aber nicht nur) von der NPD vertreten werden, tritt man am besten mit Aufklärung und Argumenten entgegen, nicht mit Verboten. Da jedoch, wo sich solche Meinungen in Verbrechen oder Aufrufen zu Verbrechen äußern, muss ihnen mit allen Mitteln, die der demokratische Rechtsstaat zur Verfügung stellt, entgegengetreten werden.
Ich hoffe, Ihre Fragen ausreichend beantwortet zu haben; gern stehe ich Ihnen auch für ein persönliches Gespräch in meinem Wahlkreisbüro in Saalfeld zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Carola Stauche