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Carmen Wegge
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Frage von Philipp R. •

Warum findet die Sparte "Legal High" in der Debatte um die Legalisierung von Cannabis keine oder nur sehr wenig Berücksichtigung?

Sehr geehrte Frau Carmen Wegge,
ein Punkt, der mir in der Debatte um die Legalisierung viel zu kurz kommt, ist das Zurückdrängen der Sparte "Legal High". Alle Jahre wieder taucht irgendein Mist auf, der meist nur unzureichend erforscht ist und deren Substanzen häufig fragwürdig sind und dennoch ungehindert den Weg durch das BtMG findet. Vor einigen Jahren Spice, aktuell HHC. All diese Produkte zielen darauf (oder versprechen), eine ähnliche Wirkung wie Cannabis zu haben und mit dem Motto "wie Gras, nur legal" werden sie dann veräußert. Dabei bleibt der Jugendschutz völlig auf der Strecke, er ist praktisch nicht existent. Niemand würde auf dubiose Ersatzprodukte zurückgreifen, wenn er das "Original" haben kann, dessen Umgang für Heranwachsende keineswegs unbedenklich ist, aber dessen kontrollierte Abgabe die Möglichkeit eines integrierten Jugendschutzes bieten würde.

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Lieber Herr R.,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich versuchen will im Folgenden zu beantworten: Den Ursprung der Aufnahme von neuen synthetischen Wirkstoffen in das BtMG (Anlage II) kann man durchaus in der Entdeckung von Laboranalysen von Spice z.B. im Jahr 2008 betrachten. Hier wurde festgestellt, dass die Kräuter lediglich Trägersubstanzen waren, die mit neuen synthetischen Cannabinoiden versetzt waren.

Substanzen, die in den von Ihnen angesprochenen Legal High-Produkten enthalten sind, werden laufend neu chemisch entwickelt, aber nicht laufend in das BtMG aufgenommen. Um nicht jeden neu aufkommenden Wirkstoff einzeln einstufen zu müssen, wurde 2016 das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) eingeführt, womit (im Gegensatz zum BtMG) ganze Stoffgruppen eingruppiert werden können. Seit 2016 umfasst es z.B. die Stoffgruppen aller synthetischen Cannabimimetika. Für die Stoffe im NpSG gilt ein Verbot für den Handel, Inverkehrbringen, Herstellung, Ein-, Aus- und Durchfuhr, sowie Erwerb, Besitz und Verabreichen.

Das von Ihnen angesprochene HHC kursiert seit etwa 2022 in Europa, z.B. in Form von HHC-Pens zum Rauchen, als Tropfen oder Gummibärchen mit z.B. Erdbeer- oder Cola-Geschmack, was einfach im Späti oder im Internet zu erwerben ist und besonders Kinder und Jugendliche anlockt. HHC wirkt toxisch auf das Gehirn, ähnlich wie THC, weshalb es gerade für Kinder und Jugendliche sehr gefährlich ist. Die Substanz wird dabei als "halbsynthetisch" oder "natürlich hergestellt" gelabelt, wodurch es nicht unter das NpSG fällt. 

In einigen Ländern ist HHC mittlerweile schon verboten, z.B. in Frankreich, Dänemark, Österreich, Schweiz und Tschechien. Im Dezember des letzten Jahres hat der Sachverständigenausschuss für Betäubungsmittel nach §1 Abs. 2 BtMG und §7 NpSG empfohlen auch HHC in das NpSG aufzunehmen.

Derzeit ist es tatsächlich geplant, die Stoffgruppe der Cannabimimetika/synthetischen Cannabinoide im NpSG durch die kommende 5. NpSG-ÄndV zu erweitern (BR-Drs. 202/24), um zukünftig auch HHC und davon abgeleitete Derivate wie HHC-AC, HHC-H und HHC-P zu erfassen. Das Bundesgesundheitsministerium hat hierzu eine Verordnung im Bundesrat eingebracht. Nach Empfehlung des Gesundheitsausschusses (BR-Drs. 202/1/24) hat der Bundesrat am 14.6.2024 auch die Aufnahme von HHC in das NpSG beschlossen. Es also zu erwarten, dass HHC in Kürze dem NpSG unterstellt werden wird.

Zunächst sind das natürlich erfreuliche Nachrichten, Legal Highs werden aber weiterhin ein großes und wichtiges Thema bleiben, da eben durch chemische Prozesse leicht neue berauschende Alternativ-Stoffe hergestellt werden können. Uns ist dieses Problem bewusst und wir werden das Thema weiter verfolgen.

Mit freundlichen Grüßen,

Carmen Wegge

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