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Carmen Wegge
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Frage von Sebastian B. •

Sehr geehrte Frau Wegge! Wie passt es zusammen, dass Sie sich beim CanG gegen die Prohibition einsetzen jedoch bei der AFD ein Parteiverbot befürworten?

Sehr geehrte Frau Wegge,
Ich halte die AFD auch für brandgefährlich. Und ich würde mir wünschen, dass ihre Wähler, die zumeist aus unteren Bildungs- und Vermögensschichten kommen begreifen würden, dass diese Partei keine Politik zu ihre Gunsten betreibt.

Aber dennoch sehe ich ein Verbot sehr kritisch. Was macht Sie sicher, dass nicht direkt danach eine AFD 2.0 gegründet wird und durch die Erzählung, man könne ihr nur mit Verboten und nicht mit Argumenten entgegen, nicht viel stärker und gefährlicher wäre?

Verbote führen doch zu nix. Damit schafft man das Problem nicht aus der Welt. Ich weiß der Vergleich hinkt. Aber am Ende gibt's dann doch auch parallelen. Das ist wie bei Cannabis. Prohibition bringt nix und machte nur schlimmer!

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr B.,

herzlichen Dank für Ihre Frage. Allerdings sehe ich zwischen diesen beiden Themen keinen Zusammenhang. Ein Parteienverbot als Instrument des Grundgesetzes zur wehrhaften Demokratie und das Verbot bestimmter Drogen können nicht miteinander verglichen werden.

Ich halte die Partei AfD und ihre zentralen Akteur*innen für rechtsextrem. Über die vergangenen Jahre haben sich die verfassungsfeindlichen Kräfte in der Partei mehr und mehr an die entscheidenden Stellen vorgearbeitet und sind mittlerweile klar tonangebend. Das zeigt auch die Einstufung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz.

Die Möglichkeit einen Antrag auf Prüfung der Verfassungskonformität einer Partei beim Bundesverfassungsgericht zu stellen ist wesentlicher Bestandteil unserer wehrhaften Demokratie. Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben diese Möglichkeit im Lichte des Dritten Reiches geschaffen. Sie wollten uns damit eine Maßnahme an die Hand geben, die wir nutzen können, wenn die antidemokratischen Kräfte in Deutschland wieder erstarken. Als Sozialdemokratie stehen wir außerdem in der Tradition gegen Faschismus zu kämpfen. Damals wie heute.

Daher ist für mich klar: sollte die AfD die hohen Hürden eines Prüfantrags erfüllen, dass dieser dann auch gestellt wird. Diese Entscheidung muss aber ausreichend diskutiert und wünschenswerterweise von einer breiten demokratischen Mehrheit von Zivilgesellschaft bis ins Parlament mitgetragen werden.

Eine abschließende fachliche Bewertung der Verfassungskonformität obliegt dem Bundesverfassungsgericht und ist keine parteipolitische Fragestellung. Wenn man einen Antrag beim Bundesverfassungsgericht stellen möchte, muss man sich aber auch sicher sein, dass dieser Erfolg hat. Aus diesem Grund spreche ich mich dafür aus, dass der Bundestag die Bundesregierung beauftragt, die Erfolgsaussichten eines Parteiverbotsverfahrens zu prüfen.

Mir ist aber auch wichtig zu betonen, dass ein mögliches Verbot einer Partei nicht den dringend notwendigen Kampf gegen Rechtsextremismus ersetzen kann. Klar ist, dass ein Antrag nach Art. 21 Abs. 2 GG nicht die Lösung des gesellschaftlichen Problems ist und nur Teil eines Maßnahmenbündels sein kann. Man kann Netzwerke, Strukturen und Organisationen verbieten, nicht aber Gedanken. Dafür braucht es gesellschaftliche Prozesse.

Mit freundlichen Grüßen

Carmen Wegge

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