Frage an Caren Marks von Jörg L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Marks,
Herr Gabriel hat heute (28.01.2016) den TTIP-Leseraum eröffnet, an dem Bundestagsabgeordnete ab dem 1. Februar Einblick in die Dokumente des "Transatlantic Trade and Investment Partnership" nehmen können.
-Werden Sie diese Möglichkeit nutzen und sich diese Dokumente zumindest partiell durchlesen?
-Liegen diese Dokumente in deuscher Sprache vor?
-Falls diese Dokumente nicht in deutscher Sprache vorliegen, sind Sie der Sprache in der diese Unterlagen vorliegen in dem Umfang mächtig, dass Sie diese verstehen würden?
-Welche Möglichkeiten gibt es für Abgeordnete, diese Dokumente zu lesen, die dieser Sprache nicht mächtig sind?
-Falls Sie sich diese Dokumente nicht umfänglich durchlesen, wie ich es von einem Abgeordneten erwarte, wie begründen Sie ihr Abstimmverhalten?
Mit freundlichen Güßen
J. Ludwig
Sehr geehrter Herr Ludwig,
Ihre Fragen werde ich gern beantworten, muss allerdings einige Erläuterungen über die Arbeitsweise des Parlaments vorausschicken. In einer Legislaturperiode werden durchschnittlich etwa 500 Gesetze verabschiedet, die zuvor ausgiebig in den Fachausschüssen diskutiert werden, denen Anhörungen vorausgehen, zu denen Gutachten eingeholt werden. Hinzu kommen weitere inhaltliche Debatten. Wie Sie sicher wissen, ist das Parlament arbeitsteilig organisiert, denn es ist schlicht unmöglich, dass jede/r Abgeordnete alles liest und sich in jedes Thema bis ins letzte Detail einarbeitet. Es gibt zu den unterschiedlichen Bereichen Arbeitsgruppen und Ausschüsse. Ich bin Familienpolitikerin und war bis zu meiner Ernennung zur Parlamentarischen Staatssekretärin Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion für diesen Bereich. Inhaltlich arbeiten wir uns in unsere jeweiligen Fachbereiche sehr intensiv ein und werden so zu Expertinnen und Experten, die ihr Wissen und ihre Einschätzungen an die Kollegen und Kolleginnen weitergeben. Gemeinsam wird dann nach ausführlichen Diskussionen in der Fraktion die politische Bewertung vorgenommen und ein Beschluss gefasst. Selbstverständlich gibt es daneben noch weitere Informationsquellen. Ich stimme bei jedem Thema informiert ab, dabei dient mir als Grundlage die Expertise der jeweiligen Fachleute meiner Fraktion. Anders ist unser Arbeitspensum, wie gesagt, nicht zu bewältigen. Für TTIP sind primär unsere Wirtschafts- und Europapolitikerinnen und -politiker zuständig. Sie werden ganz sicher die Möglichkeit der Dokumenteneinsichtnahme nutzen. Ich werde dies aller Voraussicht nach nicht tun.
Entscheidend für die Diskussion und den Beschluss im Deutschen Bundestag wird das Verhandlungsergebnis sein, das dann in deutscher Sprache vorliegen wird. Die Dokumente, die im TTIP-Raum des BMWi ausliegen, sind in der Verhandlungssprache Englisch verfasst. Zu dem Verhandlungsergebnis wird es unterschiedliche Einschätzungen, Anhörungen und Bewertungen geben, die dann gemeinsam diskutiert werden, um eine politische Position zu finden. An dieser Diskussion werde ich mich selbstverständlich beteiligen. Ein kritikloses "Durchwinken" wird es nicht geben. Die SPD-Bundestagsfraktion hat, wie Sie meinen früheren Antworten auf Abgeordnetenwatch.de entnehmen können, immer wieder deutlich gemacht, dass es nicht zu einem Abbau von wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Standards durch TTIP kommen darf.
Mit freundlichen Grüßen
Caren Marks, MdB