Frage an Caren Marks von Reinhold B. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Marks,
die Direktversicherten werden bei Auszahlung ihrer - auch die vor 2003 - vereinbarten Verträge mit vollen Krankenversicherungsbeiträgen um ca. 1/5 ihrer Auszahlungssumme (bei steigenden Beiträgen kann es noch mehr werden) erleichtert - das war bei Vertragsabschluss vor dem Gesundheitmodernisierungsgesetz "GMG" mit Wirkung zum 1.1.2004 nicht vereinbart. Vielmehr hatten die politischen Verantwortlichen dazu angehalten, dass die Arbeitnehmer*innen für ihr Alter vorsorgen - das haben sie zum Beispiel mittels einer Direktversicherung getan - mit der Zusage, dass diese steuer- und sozialversicherungfrei ausgezahlt wird - eine daraus vereinbarte Direktversicherung ist eine beidseitige Willenserklärung, also ein Vertrag. Mit dem GMG wurden aber auch diese Verträge unter Verletzung des Vertrauensschutzes , mit Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen belastet - siehe oben. ... wir sagen dazu: erst angelockt - dann abgezockt.
meine Fragen an Sie:
1. Wie erklären Sie bzw. Ihre Partei den Betroffenen, der ich auch bin und gleichzeitig Wähler den Eingriff in bestehende Verträge?
2. Wie stehen Sie bzw. Ihre Partei zu dem Vertragsschutz - müssen Verträge eingehalten werden?
Wenn ja: wie wollen Sie bzw. Ihre Partei die Ungerechtigkeit in der eigenverantwortlichen Altersvorsorge beseitigen?
3. Was erzählen Sie den Jüngeren, die heute ihre Altersvorsorge vorbereiten - können Sie sich noch darauf verlassen, dass die Zusagen der Politik (Bsp. Beitragsfreiheit bei Riesterförderung) noch in 30 Jahren - wenn ihre Verträge zur Altersvorsorge ausgezahlt werden - gelten?
Mit freundlichen Grüßen
R. B.
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Nachricht, in der sie die Doppelverbeitragung von Betriebsrenten ansprechen. Für Ihren Unmut habe ich Verständnis und nehme als Ihre SPD-Bundestagsabgeordnete dazu gern Stellung.
Mit der Entscheidung über die Einführung einer Grundrente konnte endlich auch eine Regelung für die Krankenkassenbeiträge auf Betriebsrenten beschlossen werden. Das ist schon seit Langem ein Anliegen der SPD.
Aktuell gilt ab einer Freigrenze in Höhe von 155,75 Euro der volle Krankenkassenbeitrag, d.h. der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberanteil. Unterhalb dieser Grenze fallen keine Beiträge an, liegt die Betriebsrente jedoch nur einen Euro darüber, muss auf die gesamte Summe der Beitrag gezahlt werden. Das verringert die Attraktivität von Betriebsrenten.
Die nun getroffene Einigung sieht vor die geltende Freigrenze in einen dynamisierten Freibetrag umzuwandeln, ab 2020 zunächst in Höhe von 159,25 Euro. Ist die Betriebsrente geringer, muss auch in Zukunft kein Krankenversicherungsbeitrag gezahlt werden. Ist Betriebsrente höher, bleibt der Freibetrag in Zukunft beitragsfrei, d.h. nur der Betrag, der oberhalb des Freibetrages liegt, muss verbeitragt werden (dann mit 15,5 Prozent). Diese neue Regelung führt dazu, dass jeder, der eine Betriebsrente erhält, um rund 300 Euro im Jahr entlastet wird, egal ob die Betriebsrente 200 Euro oder 2000 Euro im Monat beträgt. Hierbei ist anzumerken, dass rund 60 Prozent der Betriebsrentnerinnen und Betriebsrentner in Deutschland eine Betriebsrente von weniger als 300 Euro monatlich (vor Abgaben) erhalten.
Diese Freibetragsregelung gilt im Übrigen auch für Einmalzahlungen aus Direktversicherungen. Hier werden die Krankenkassenbeiträge, die ja auf zehn Jahre berechnet werden, durch den Freibetrag künftig um insgesamt rund 3000 Euro gesenkt und damit umgerechnet auch um 300 Euro im Jahr (300 Euro x 10 Jahre).
Die Kosten der neuen Regelung in Höhe von 1,2 Milliarden Euro jährlich werden vollständig aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) finanziert. Da – anders als bei den Beiträgen zur GKV – die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung von den Rentnerinnen und Rentnern vollständig alleine zu tragen sind, soll dies auch bei den Betriebsrenten analog weiter gelten. Dies wird auch der schwierigeren Finanzlage der Pflegeversicherung gerecht.
Es ist richtig, dass es keine rückwirkende Lösung für bereits gezahlte Beiträge geben wird. Das ist angesichts des erforderlichen Finanzvolumens nicht möglich und stand auch nicht zur Diskussion, denn eine vollständige Rückabwicklung des GKV Modernisierungsgesetzes (GMG) von 2003 wäre mit Kosten von rund 37 Milliarden Euro verbunden, was jenseits jeder realistischen Finanzierungsmöglichkeit liegt. Am Ende würde das zwangsläufig zu höheren Beitragsbelastungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Rentnerinnen und Rentner sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber führen, eine Entlastung also durch eine weitere Belastung aufgehoben.
Erreicht werden konnte außerdem, dass der Freibetrag ab dem 1. Januar 2020 auch für diejenigen gilt, die bereits in der Auszahlungsphase sind. Mir ist klar, dass das wahrscheinlich nicht alle Betriebsrentnerinnen und -rentner zufriedenstellen wird. Es ist aber dennoch eine spürbare Entlastung und ein wichtiges Signal für die Stärkung der betrieblichen Altersversorgung.
Zusätzlich heben wir den BAV-Förderbetrag für eine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung bei Geringverdienern (2.200 brutto / Monat) von maximal 144 Euro auf 288 Euro an. Gibt der Arbeitgeber etwas zur Betriebsrente seiner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dazu, so bekommt er zukünftig mehr vom Staat erstattet als bisher. Betriebliche Altersversorgung lohnt sich nämlich vor allem dann, wenn sich die Arbeitgeber beteiligen. Das wollen wir damit ebenfalls erreichen.
Mit freundlichen Grüßen
Caren Marks