Frage an Caren Marks von Jens K. bezüglich Senioren
Sehr geehrte Frau Marks,
da Sie für meinen Wahlkreis Wunstorf zuständig sind, richtet sich meine Frage an Sie.
Heute las ich folgendes in der Zeitung: "Auch 25 Jahre nach der Wiedervereinigung werden im Osten geringere Renten gezahlt als im Westen. Die SPD pocht auf eine Gleichstellung. Es kann nicht sein, dass wir 25 Jahre nach der Wiedervereinigung noch Unterschiede zwischen Ost und West machen“, sagte SPD-Vize Ralf Stegner der „Bild“-Zeitung.
Ich entnehme dieser Darstellung die Aussage, dass die SPD die Rentenunterschiede in Ost und West umgehend aufheben möchte.
Das wäre meiner Meinung nach auch in Ordnung, wenn nur eine Abstimmung am 03.07.2014, also vor erst etwa einem halben Jahr nicht gewesen wäre - ich hoffe, Sie können sich noch erinnern.
Bei dieser Abstimmung, sehr geehrte Frau Marks, hätten Sie und alle Ihre SPD-Kollegen genau die Gelegenheit gehabt, den Rentenunterschied aufzuheben und die Initiative wäre noch nicht einmal von Ihnen selbst gekommen.
"Als Ziel des Antrags wird von der Linken die schnelle Vereinheitlichung des Rentensystems in West- und Ostdeutschland genannt. Der Zeitpunkt der Pläne der Bundesregierung zum Abschluss der Angleichung sei mit dem Jahr 2020 zu spät fixiert."
"Mit deutlicher Mehrheit hat der Bundestag einen Linken-Antrag zu einer schnelleren Angleichung der Renten abgelehnt. Die Koalitions-Fraktionen stimmten geschlossen dagegen, die Abgeordneten der Grünen enthielten sich der Stimme."
Auch Sie, sehr geehrte Frau Marks, haben damals dagegen gestimmt!
(SPD: 94,82% / 183 Stimmen)
Es ergeben sich mir folgende Fragen:
1) Warum lehnten Sie die bereits damals sinnvolle Angleichung ab ?
2) Woher kommt plötzlich Ihr Meinungsumschwung, die Angleichung ein halbes Jahr danach doch gut zu finden ?
3) Können Sie sich vorstellen, dass eine solche Verhaltensweise Sie und Ihre Partei einigermaßen unglaubwürdig erscheinen läßt ?
Vielen Dank im voraus für Ihre schnellen Antworten und
mit freundlichen Grüßen,
Jens Käschel.
Sehr geehrter Herr Käschel,
Ihre Frage zur Vereinheitlichung des Rentensystems in West- und Ostdeutschland will ich gern beantworten. Sie fragen, warum der Antrag der Fraktion DIE LINKE von mir und der SPD-Fraktion im Bundestag abgelehnt wurde. Da Sie die Debatte offenbar gesehen haben, müssten Sie eigentlich auch die Begründungen für die Ablehnung wissen. Ich will sie aber gern noch einmal erläutern.
Auch wir wollen die Vereinheitlichung des Rentensystems in West- und Ostdeutschland noch in dieser Legislaturperiode, daher haben wir dieses Thema in den Vertrag mit unserem Koalitionspartner hineingenommen. Insofern besteht kein Widerspruch zu der Aussage Ralf Stegners, auch wenn diese etwas zugespitzt ist. Dabei müssen wir jedoch eine Regelung finden, die machbar ist und nicht zu neuen Ungerechtigkeiten führt. Würde man z.B. dem Vorschlag, den die Grünen in der Debatte gemacht haben, folgen, und die Renten im Osten schon morgen angleichen, dann würden gerade die jetzt arbeitenden Menschen in den neuen Bundesländern massive Einbußen hinnehmen müssen, da mit dem Höherwertungsfaktor, den wir derzeit haben, die ostdeutschen Löhne nach oben gewertet werden. Auch die Linke fordert ja die Rentenangleichung nicht für sofort. Wir sind uns in der Zielsetzung grundsätzlich einig, aber es gibt doch Unterschiede bei der Vorgehensweise. Wir wollen die Vereinheitlichung des Rentensystems, wie wir es in der Koalition vereinbart haben, daher haben wir den Antrag abgelehnt.
Die Tatsache, dass es zwei unterschiedliche Rentensysteme in Ost und West gibt, wird als sehr ungerecht empfunden. Es ist wichtig, dass man einen Blick zurück wirft, um zu verstehen, warum das Rentensystem immer noch uneinheitlich ist. Im Rentenüberleitungsgesetz nach der Wiedervereinigung wurden zwei völlig unterschiedliche Rechtssysteme zusammengeführt mit dem Ziel, dass die Unterschiede lediglich für eine Übergangszeit gelten sollten. Davon haben insbesondere die Rentnerinnen und Rentner in der ehemaligen DDR profitiert, die für ihre Rentenanwartschaften Renten bekommen haben und immer noch bekommen, die sie nach DDR-Rentenrecht nie bekommen hätten. Das war und ist immer noch eine riesige gesamtgesellschaftliche Leistung in Ost und West. Die Rentenüberleitung war so konzipiert, dass mit der Lohnangleichung in Ost und West sukzessive gleiche Anwartschaften in Ost und West erreicht werden. Irgendwann sollte dann der Durchschnittslohn gleich sein, damit auch der Rentenwert in Ost und West gleich. Dann bräuchte man keine Höherwertung mehr und hätte automatisch ein einheitliches Rentensystem.
Nun haben sich zwar die Rentenwerte in der Vergangenheit zunächst sehr schnell angeglichen, in den letzten Jahren hat sich aber das Tempo verlangsamt. Es stellt sich die Frage, ob wir warten wollen, bis sich die Systeme von selbst angleichen oder ob wir dieses Problem politisch lösen. Die SPD-Bundestagsfraktion ist der Meinung, dass wir im Hinblick auf die immer noch unterschiedliche Lohnentwicklung in Ost und West nicht auf die automatische Angleichung warten wollen. Daher haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, dass es einen Fahrplan zur vollständigen Angleichung geben soll, gegebenenfalls mit einem Zwischenschritt. Das Ganze soll in einem Rentenüberleitungsabschlussgesetz noch in dieser Legislaturperiode festgeschrieben werden.
Nach dem Koalitionsvertrag muss spätestens zum 1. Juli 2016 geprüft werden, wie weit der Angleichungsprozess vorangekommen ist. Würde er automatisch ablaufen, müsste der durchschnittliche Rentenwert im Osten bei ungefähr 95 Prozent des durchschnittlichen Rentenwertes im Westen liegen. Wenn dieser Rentenwert im Osten darunterliegt, müsste eine Anpassung erfolgen.
Der Passus im Koalitionsvertrag, erst 2016 zu prüfen, ist richtig. Durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns ist damit zu rechnen, dass es bis 2016 eine deutlichere Anhebung der Löhne im Osten als im Westen geben wird. Zugleich wird erwartet, dass auch die Tarifbindung in Ostdeutschland steigen wird. Es ist daher vernünftig, abzuwarten, welche Impulse für die Lohnangleichung und dann auch für die Rentenangleichung notwendig sind. Dann könnte man auf den Anpassungsschritt verzichten.
Wir arbeiten daran, die Vereinheitlichung des Rentensystems zu einem guten Abschluss zu bringen.
Mit freundlichen Grüßen
Caren Marks, MdB