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Frage von dieter H. •

Frage an Caren Marks von dieter H. bezüglich Familie

Wieso ist es keine Diskriminierung, wenn die SPD ( und andere ) den Familien mit Migrationshintergrund / Praekariat, die Betreuungsgeld beziehen wollen, unterstellen, dass sie für ein paar Euro die Zukunft ihrer Kinder verkaufen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Hirschfeld,

Ihre Frage beinhaltet ja zunächst einmal die Feststellung, dass die Betreuung in Kindertageseinrichtungen grundsätzlich gut für die Zukunft von Kindern ist, besonders für Kinder aus Migrantenfamilien oder aus Familien in prekären Lebenssituationen. Für mich und meine Fraktion ist klar: Frühkindliche Bildung und Betreuung sind ein gutes Angebot für alle Kinder. Die SPD-Bundestagsfraktion kritisiert die grundsätzlich falsche Ausrichtung des Betreuungsgeldes nicht nur in Hinblick auf eine bestimmte Gruppe von Kindern oder Eltern, denn die negativen Wirkungen gelten für alle Familien. Besonders wichtig ist die frühe Förderung aber ohne Zweifel für Kinder, die eine besondere sprachliche Förderung benötigen, und dies sind keineswegs nur Kinder mit Migrationshintergrund.

Es gibt Untersuchungen zu den Wirkungen des Betreuungsgeldes in Ländern, wo es Betreuungsgeld gibt (z.B. einige skandinavische Ländern sowie Thüringen), die klar aufzeigen, dass nach Einführung des Betreuungsgeldes Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund und aus sozial schwachen Familien seltener in Krippen angemeldet wurden. Dies ist eine Tatsache und keine Unterstellung. Nun steht es grundsätzlich Familien frei, wie sie die Kinderbetreuung organisieren. Wir wollen auch weiterhin, dass Familien diese Wahlfreiheit haben. Allerdings müssten dazu zunächst einmal genügend Betreuungsplätze vorhanden sein. Das ist derzeit nicht der Fall. Von Wahlfreiheit kann daher nicht die Rede sein. Wir haben mit Einführung des Betreuungsgeldes vielmehr die absurde Situation, dass der Bund mit Einführung des Rechtsanspruches auf einen Betreuungsplatz ab einem Jahr den Bau von Kinderbetreuungseinrichtungen zwar finanziell fördert und auch Länder und Kommunen verpflichtet, viel Geld dafür auszugeben, andererseits dann aber Geld an diejenigen bezahlt, die diese Einrichtungen nicht in Anspruch nehmen.

Klar ist für uns: Das Betreuungsgeld führt - ob als Bargeld oder als Sachleistung - sowohl bildungs-, integrations- als auch gleichstellungspolitisch in die Sackgasse. Die wahre Diskriminierung ist doch, dass Familien durch das Betreuungsgeld ungleich behandelt werden. Denn Familien, die öffentlich geförderte Angebote in einer Kita oder in Kindertagespflege für ihr Kind in Anspruch nehmen, haben keinen Anspruch auf das Betreuungsgeld. Andere Familien, die ihr Kind zu Hause betreuen oder durch privat finanzierte Betreuungsangebote betreuen lassen, sollen einen Anspruch auf Betreuungsgeld haben. Das Betreuungsgeld ist und bleibt eine milliardenschwere Fehlinvestition.

Deutschland investiert zu wenig in frühkindliche Bildung und Betreuung für Kinder unter drei Jahren, nämlich nur 0,1 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP). Damit liegt Deutschland auf einem der hinteren Plätze im europäischen Vergleich. Diese Zahlen machen deutlich, worauf es jetzt ankommen muss: Plätze und Qualität in Kitas und in Kindertagespflege weiter ausbauen und stärker finanziell fördern. Das Betreuungsgeld konterkariert dieses wichtige Ziel.

Mit freundlichen Grüßen
Caren Marks, MdB