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Frage von Justus M. •

Frage an Caren Marks von Justus M. bezüglich Recht

Guten Tag Frau Marks,

mich beschäftigt momentan, auch im Hintergrund der vielen Proteste in Deutschland und Europa, wie Sie, als Stellvertreter "meines" Wahlkreises, zu dem Thema ACTA stehen?

Halten sie es für Notwendig ein Gesetz über Jahre hinter verschlossenen Türen zu verhandeln, in Anwesenheit mehrere Lobbys der Medienindustrie, und dieses dann versucht werden soll klammheimlich durch das Parlament zu bekommen?

Mir ist natürlich bewusst das Sie als Mitglied der SPD nicht Teil der Regierungsfraktion sind.

Mit freundlichen Grüßen,
Justus Marx

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Marx,

Ihre Frage will ich gern beantworten. Vorausschicken möchte ich , dass ich durchaus die Notwendigkeit sehe, Produktpiraterie zu bekämpfen und Urheberrechte zu schützen, denn viele Produktfälschungen sind nicht nur wirtschaftlich schädlich, sondern auch gefährlich, wenn zum Beispiel ein gefälschtes Medikament, oder gefälschte Autoteile auf den Markt kommen.

Bezweifelt werden muss aber, ob dieses Ziel mit dem ACTA-Abkommen erreicht werden kann. Wenn hier in Hinterzimmern unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt wurde, ist das alarmierend. Besonders problematisch sind die Regelungen zur Rechtsdurchsetzung im Internet. In den Verhandlungen wurde hier nicht sauber getrennt zwischen der Bekämpfung von Produktfälschungen und Fragen, die das Internet und die digitale Welt betreffen.

Die Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen darf nicht dazu führen, dass Grund- und Freiheitsrechte eingeschränkt, der Datenschutz oder das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aufgeweicht werden. Es darf auch nicht soweit gehen, dass letztlich jede Bewegung und Kommunikation im Internet überwachbar wird und jeder Nutzer von Musik- oder Videodateien grundsätzlich unter Generalverdacht steht. Zudem besteht bei ACTA die Gefahr, dass die Internetprovider verpflichtet werden, zu überwachen, welche Kunden sich was anschauen oder herunterladen. Es kann und darf nicht darum gehen, die Rechtsdurchsetzung im Internet zu privatisieren und die Internetprovider zu Hilfssheriffs der Rechteinhaber zu machen.

Sie kritisieren völlig zu Recht die mangelnde Transparenz und die Tatsache, dass ACTA weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt wurde. Offenheit und Transparenz müssen auch in solchen Verhandlungen gelten. Informationen zu den Verhandlungen wurden erst auf Drängen zahlreicher NGOs und von Parlamentariern herausgegeben. Doch bis heute wurden nicht sämtliche Unterlagen zum Abkommen zur Verfügung gestellt. Das Bundesjustizministerium als federführendes Ministerium hätte jederzeit den Verhandlungsstand und die verhandelten Inhalte bei der Kommission abfragen können, hat dies aber unterlassen. Die Bundesregierung, die zu den Befürwortern des Abkommens gehörte und die vorgebrachten Bedenken lange Zeit ignorierte, schiebt nun die Verantwortung auf das Europaparlament. Dies halte ich für inakzeptabel.

Das Europäische Parlament und auch der Deutsche Bundestag müssen darauf bestehen, sich mit diesem Abkommen gründlich beschäftigen zu können. Geheimverhandlungen wie die hier geschehenen müssen Geschichte sein, die fehlende Transparenz ist nicht länger hinnehmbar.

Zwar gibt es noch keine abgeschlossene Position, weder in der Fraktion der Sozialdemokraten im Europaparlament, noch in der SPD-Bundestagsfraktion, doch werben mehrere Abgeordnete dafür, dass zumindest der Europäische Gerichtshof angerufen wird, um die Vereinbarkeit mit dem EU-Recht und den europäischen Grundrechten zu überprüfen. Darüber hinaus müssen alle Parlamente darauf bestehen, dass solche Geheimverhandlungen endlich Geschichte sind. Dafür werde ich mich einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Caren Marks, MdB