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Frage von Siegfried S. •

Frage an Caren Marks von Siegfried S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Marks !

in der TAZ ( http://www.taz.de/1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/internetsperren-auch-fuer-jugendpornos/ ) werden Sie folgendermaßen zitiert:

"Internetsperren sollen nicht nur bei Kinder-, sondern auch bei Jugendpornografie vorgesehen werden"

Es ist Ihnen aber schon klar, daß diese Forderung Ihrerseits dem offensichtlichen Wunsch nach Zensur des Internets, der derzeit in der Regierung grassiert, Vorschub leistet ? Ich finde dies verantwortungslos. Das von Frau von der Leyen offensichtlich nur vorgeschobene Argument, mit dieser Zensur die Kinderpornographie bekämpfen zu wollen, sollte bei allen SPD-Mitgliedern zu einem Aufschrei der Entrüstung führen.

Statt dessen hört man - wieder mal - nur was von den berüchtigten Bauchschmerzen oder gleich - wie bei Ihnen - den Wunsch nach der Ausweitung der Zensur.

Ich bitte Sie, abweichend von Ihrer sonstigen Übung hier bei abgeordnetenwatch öffentlich auf meine Frage zu antworten. Wer sich mit solchen Argumenten in die Öffentlichkeit begibt, sollte das auch öffentlich diskutieren...

Ist Ihnen bekannt, wie das Internet in Bezug auf die geplanten Zensurmaßnahmen funktioniert?

Ist Ihnen bekannt, wie einfach die geplanten Zensurmaßnahmen umgangen werden können ?

Ist Ihnen klar, daß die Einführung einer solchen Zensurliste, die *ohne* irgendeine Kontrollmöglichkeit durch unabhängige Stellen geplant ist, dem Mißbrauch der Zensurliste Tür und Tor öffnet ?

Glauben Sie wirklich, daß die Herstellung von KiPo (und JuPo) eingestellt wird, nur weil vor einige wenige "Vertriebsstellen" ein Bauzaun gestellt wird ?

Können Sie die von Frau von der Leyen und u.A. Herrn Schäuble in den Raum geworfenen Zahlen zu angeblichen Zugriffen (und -Steigerungen) auf KiPo irgendwie verifizieren ? Gerichtsfest ?

Mit freundlichen Grüßen

S. Schlosser

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schlosser,

gern will ich auf Ihre kritischen Fragen zu der geplanten gesetzlichen Regelung der Zugangssperren von kinderpornografischen Inhalten antworten.

Sexuell orientierte Gewalt gegen Kinder ist ein abscheuliches Vergehen. In den vergangenen Jahren haben wir deshalb das Herstellen, die Verbreitung und den Besitz von Kinderpornographie lückenlos unter Strafe gestellt. Die Verbreitung von Kinderpornographie hat insbesondere im Internet in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Gleichzeitig ist eine Tendenz zu immer jüngeren Opfern festzustellen.

Der kommerziellen Verbreitung über das Internet darf nicht tatenlos zugesehen werden. Bereits nach heutiger Rechtslage werden Kinderpornographie-Seiten, die sich auf deutschen Servern befinden, von den Internprovidern heruntergenommen. Dieser direkte Zugriff ist im Ausland nicht möglich. Deshalb ist es notwendig, den Zugang zu entsprechenden kinderpornographischen Internetangeboten von Deutschland aus zu sperren.

Der SPD-Bundestagsfraktion war bereits zu Beginn dieser Diskussion voll bewusst, dass wir uns in einem Spannungsfeld zwischen dem notwendigen Kampf gegen Kinderpornographie im Internet und den hierdurch betroffenen Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger bewegen. Deshalb haben wir stets deutlich gemacht, dass wir für eine entsprechende Internetsperre eine gesetzliche Grundlage für erforderlich halten, um rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen zu können. Wie Sie wissen, hat es ja vor kurzem vertragliche Vereinbarungen mit großen Internetprovidern gegeben, die jedoch rechtlichen Zweifeln unterliegen.

Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf verfolgen wir das Ziel, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten zu erschweren. Uns ist bekannt, dass versierte Nutzer diese Sperrung technisch umgehen können. Es kommt uns aber entscheidend darauf an, die Hemmschwelle, die an dieser Stelle in den letzten Jahren deutlich gesunken ist, wieder signifikant zu erhöhen. Dem dient neben der Sperrung einzelner Seiten die Umleitung auf eine Stoppseite mit entsprechenden Informationen.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat durchgesetzt, dass es zum Gesetzentwurf am 27. Mai eine Anhörung des Wirtschaftsausschusses geben wird. Der Gesetzentwurf wirft zahlreiche inhaltliche und rechtliche Fragen auf, die wir in einem transparenten parlamentarischen Verfahren erörtern müssen. Damit können wir auch die in Teilen der Internet-Community aufgeworfenen Kritikpunkte, die ihren Ausdruck in einer stark beachteten E-Petition gefunden haben, angemessen einbeziehen und erörtern.

Die SPD-Fraktion wirbt dafür, sowohl das Thema Kinderpornographie als auch das freie Internet mit der gebotenen Sensibilität zu behandeln. Der wichtige Kampf gegen Kinderpornographie im Internet und die Rechte der Internet-Nutzer müssen sich nicht ausschließen. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren werden wir insbesondere prüfen, an welchen Stellen der Gesetzentwurf in datenschutzrechtlicher und verfahrensrechtlicher Hinsicht verbessert werden kann.

Die Arbeitsgruppe Familie, Senioren, Frauen und Jugend der SPD-Bundestagsfraktion hat für das weiteren Verfahren angeregt zu prüfen, inwieweit eine Ergänzung des Gesetzentwurfs um jugendpornografische Inhalte erfolgen sollte. Der Anwendungsbereich des Gesetzentwurfes erstreckt sich auf die Bekämpfung von kinderpornografischen Inhalten nach § 184b StGB, nicht aber auf die von jugendpornografischen Inhalten nach § 184c StGB.

Hintergrund dieser Prüfung ist folgender: Mit der Änderung im Sexualstrafrecht bzw. mit der Einfügung des § 184c StGB hat die Bundesregierung internationale Vorgaben umgesetzt. Der Rahmenbeschluss 2004/68/JI des Rates vom 22. Dezember 2003 zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie sieht vor, Herstellung, Vertrieb, Verbreitung, Weitergabe, Anbieten oder sonstiges Zugänglichmachen sowie Erwerb und Besitz von Kinderpornografie strafbar zu stellen. Dabei versteht der Rahmenbeschluss in Einklang mit internationalem Recht (siehe UN-Kinderrechtskonvention) unter einem Kind Personen unter 18 Jahren. Internationale Rahmensetzungen können wir nicht einfach ignorieren. Selbstverständlich muss aber eine solche Klarstellung im vorliegenden Gesetzentwurf auch rechtlich und praktisch umsetzbar sein, Detailfragen sind hier noch zu klären. Daher bitte ich um Verständnis, dass ich zu diesem Punkt noch keine abschließende Auskunft geben kann.

Eins ist allerdings klar: Weitere Schritte sind erforderlich, um Kinderpornographie effektiv zu bekämpfen. Die SPD-Fraktion hat dazu mit einem Anfang Mai beschlossenen 10-Punkte-Plan zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung ein umfassendes Konzept mit weiteren konkreten Maßnahmen vorgelegt.

Mit freundlichen Grüßen

Caren Marks, MdB