Was kann man tun, wenn sich der Justizminister einer Straftat (z. B. Falschbeurkundung im Amt) schuldig gemacht haben sollte?
Sehr geehrte Frau Lay,
die BRD hat sich den europäischen Justizstandards noch nicht angepasst und somit gilt der
§ 146 GVG. Dieser besagt, dass der Justizminister gegenüber der Staatsanwaltschaft
weisungsbefugt ist. Somit ist es auch nicht möglich, dass der Staatsanwalt
eine oben genannte Straftat aufklären kann.
Mit freundlichen Grüßen
E. J.
Sehr geehrter Herr J.,
Minister und Ministerinnen haben in den meisten Fällen zugleich einen Abgeordnetenstatus inne (wie etwa der amtierende Justizminister, der nicht nur Bundesminister, sondern auch Mitglied des Deutschen Bundestags ist). Dadurch kommen sie zum einen in den Genuss politischer Immunität im Sinne von Artikel 46 Absatz 1 GG (Grundgesetz), wodurch sie vor Strafverfolgung während der Ausübung ihres Mandats geschützt sind. Zum anderen kommt ihnen die sog. Indemnität zugute, was bedeutet, dass Abgeordnete zu keiner Zeit wegen Abstimmungen oder Äußerungen im Bundestag, in der Fraktion oder in einem Ausschuss gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Parlaments zur Verantwortung gezogen werden dürfen. Davon ausgenommen sind verleumderische Beleidigungen, vgl. § 36 StGB (Strafgesetzbuch).
Sinn und Zweck der Indemnität ist, dass Abgeordnete nur ihrem Gewissen unterworfen sind und nur danach handeln sollen, während die Immunität die Funktions- bzw. Arbeitsfähigkeit des Parlaments hauptsächlich gewährleisten soll.
Unter bestimmten Voraussetzungen jedoch können Abgeordnete ihre Immunität verlieren. Dies ist dann der Fall, wenn sie eine strafbare Handlung begangen haben.
Damit die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen einleiten kann, muss zunächst die Immunität aufgehoben werden. Diese erfolgt aber nur mit Genehmigung des Bundestages, es sei denn, dass der Abgeordnete/die Abgeordnete bei Begehung der Tat oder im Laufe des folgenden Tages festgenommen wird, vgl. Artikel 46 Absatz 2 GG.
Entgegen Ihrer Auffassung könnte der jetzige Justizminister also sehr wohl zur Verantwortung gezogen werden können. Erforderlich hierfür ist neben eines Anfangsverdachts (Vorliegen von zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Straftat) die Entziehung seiner Immunität durch den Bundestag.
Bundesminister und Bundesministerinnen ohne Abgeordneteneigenschaft besitzen hingegen keine Immunität, sie stehen vielmehr in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis, welches nicht vor Strafverfolgung schützt.
Im Übrigen regelt § 147 GVG (Gerichtsverfassungsgesetz), dass das Recht der Aufsicht und Leitung hinsichtlich des Generalbundesanwalts und der Bundesanwälte dem Bundesjustizminister zusteht (und der Landesjustizverwaltung hinsichtlich aller staatsanwaltschaftlichen Beamten des Landes). Die Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft umfasst dabei im Wesentlichen zwei Bereiche: Die Strafverfolgung auf dem Gebiet des Staatsschutzes, d. h. Staatsschutzdelikte sowie Völkerstraftaten, und die Wahrnehmung der staatsanwaltlichen Aufgaben in Revisionsverfahren. Für andere Delikte aus dem Strafgesetzbuch sind die Staatsanwaltschaften der Länder zuständig.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weiter geholfen zu haben.
Freundliche Grüße
Caren Lay