Frage an Caren Lay von Eberhard S. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
1. Welche Schritte unternehmen Sie, um das soziale Menschenrecht auf angemessenen Wohnraum für alle als subjektives und gerichtlich durchsetzbares Recht zu verankern? Wäre es dafür nicht unverzichtbar das Zusatzprotokoll zum UN-Sozialpakt zu unterzeichnen?
2. Erscheint es angesichts der negativen Entwicklung im sozialen Wohnungsbau unter Kompetenz der Länder und 2019 auslaufender Kompensationszahlungen nicht sinnvoll, dem Bund zukünftig wieder Mitwirkungsrechte in diesem Bereich zu sichern?
3. Wäre eine amtliche bundesweite Statistik zur Wohnungslosigkeit nicht ein wichtiges Hilfsmittel zur Bekämpfung ebendieser und gleichzeitig ein wichtiges Zeichen, dass die Politik das Thema Wohnungslosigkeit ernst bzw. überhaupt wahrnimmt?
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich hiermit gern beantworte:
1. Welche Schritte unternehmen Sie, um das soziale Menschenrecht auf angemessenen Wohnraum für alle als subjektives und gerichtlich durchsetzbares Recht zu verankern? Wäre es dafür nicht unverzichtbar das Zusatzprotokoll zum UN-Sozialpakt zu unterzeichnen?
Als LINKE nehmen wir das Thema sehr ernst und beobachten mit Sorge, dass 2018 bereits eine halbe Millionen Menschen obdachlos sein könnten. Dass immer mehr Menschen in unserer reichen Gesellschaft keine eigene Wohnung mehr haben. Daher setzen wir uns dafür ein, dass das Recht auf Wohnen ins Grundgesetz kommt. In unserem Gesetzentwurf "Aufnahme sozialer Grundrechte in das Grundgesetz" (BT.-Drs. 18/10860) fordern wir, dass das in einem neuen Artikel 3b GG Menschen unabhängig von Staatsangehörigkeit und Aufenthaltsstatus ein Recht auf Wohnraum erhalten. Ergänzend dazu setzen wir uns seit langem für die sofortige Ratifizierung des Fakultativprotokolls zum UN-Sozialpakt ein.
Hauptursache für Wohnungslosigkeit sind die steigenden Mieten in den Städten. Um Wohnungslosigkeit effektiv zu bekämpfen, muss endlich ein Neustart im sozialen, gemeinnützigen Wohnungsbau passieren. 250.000 Sozialwohnungen müssen jährlich entstehen. Außerdem müssen Zwangsräumungen verboten werden.
2. Erscheint es angesichts der negativen Entwicklung im sozialen Wohnungsbau unter Kompetenz der Länder und 2019 auslaufender Kompensationszahlungen nicht sinnvoll, dem Bund zukünftig wieder Mitwirkungsrechte in diesem Bereich zu sichern?
Ja. Die Fraktion DIE LINKE im Bundestag hat dazu Anfang des Jahres einen Antrag mit dem Titel "Förderung des sozialen Wohnungsbaus durch den Bund auch nach 2019 ermöglichen" (BT-Drs. 18/11169) eingebracht. Leider stimmte nur DIE LINKE diesem Antrag am 30. Juni zu. Die Koalition stimmte dagegen, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt sich.
Unsere Fraktion war 2006 im Bundestag die einzige, die es für einen Fehler gehalten hat, den sozialen Wohnungsbau komplett in die Hände der Länder zu geben. Seit langen erleben wir einen starken Rückgang bei den Sozialwohnungen. Von ursprünglich 3 Millionen Sozialwohnungen Anfang der 90er Jahre sind derzeit nur noch 1,25 Sozialwohnungen vorhanden und jährlich verschwinden trotz leichtem Zuwachs im Neubau immer noch zehntausende, die aus der Bindung fallen. Bis heute bauen viele Bundesländer immer noch keine Sozialwohnungen. Die Gelder, die die Länder für den Wohnungsbau erhalten, werden häufig zweckentfremdet, beispielsweise für Eigenheimprojekte. Daher finden wir, dass der Bund sich nicht weiter aus der Verantwortung stehlen kann und wieder mehr Kompetenzen braucht.
3. Wäre eine amtliche bundesweite Statistik zur Wohnungslosigkeit nicht ein wichtiges Hilfsmittel zur Bekämpfung ebendieser und gleichzeitig ein wichtiges Zeichen, dass die Politik das Thema Wohnungslosigkeit ernst bzw. überhaupt wahrnimmt?
Ja. Die Fraktion DIE LINKE im Bundestag hat bereits 2013 im Antrag " Obdach- und Wohnungslosigkeit erkennen und bekämpfen" (BT-Drs. 17/13105) die Einführung einer solchen Statistik gefordert. Am 18. Februar 2016 habe ich dies in einer Rede im Bundestag auch noch einmal bekräftigt. Bereits 1995 hat der Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ebenfalls eine Wohungslosenstatistik (BAG-W) empfohlen, passiert ist bisher unter keiner Bundesregierung etwas. Auch in unserem Wahlprogramm sprechen wir uns für eine Statistik aus.
DIE LINKE schließt sich mit unserer Forderung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe an. Sie geht davon aus, dass mit so einer Statistik 90 Prozent aller Obdach- und Wohnungslosenfälle erfasst werden können. Bisher erhebt einzig NRW eine "Wohnungsnotfallstatisik", die bereits in vielen EU-Ländern gang und gäbe ist. Konkrete Zahlen sind die Grundlage dafür, Wohnungslosigkeit zukünftig auch besser verhindern zu können.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Antworten weitergeholfen habe.
Mit freundlichen Grüßen
Caren Lay