Frage an Cajus Caesar von Carl F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Bundestagsabgeordneter Caesar,
Ihnen ist bekannt, dass ein förmlicher Fraktionszwang im engeren Sinne in der BRD verfassungswidrig ist, da er gegen das Prinzip des Freien Mandats verstößt.
Dennoch mussten Sie und viele Abgeordnete bisher (und müssen ständig) erleben, dass die CDU-Fraktionsführung den CDU-Abgeordneten (also auch Ihnen) bei einem Großteil der Abstimmungen im Parlament das Abstimmungsverhalten genauestens vorschreibt.
Mich interessiert, wie Sie(!) als langjähriger Abgeordneter im Deutschen Bundestag dieses Dilemma zwischen Meinungsfreiheit und Fraktionszwang (oft als Fraktionsdisziplin euphemisiert) bisher gelöst haben und bitte daher um präzise Beantwortung der folgenden drei Fragen:
1) An wie vielen Abstimmungen haben Sie bisher teilgenommen (nur die Anzahl angeben)?
2) Bei wie vielen Abstimmungen konnten Sie mühelos dem Fraktionszwang folgen, weil zwischen Ihrer eigenen Meinung und der Meinung, welche durch die Fraktionsdisziplin jeweils vorgeschrieben war, kein Dissenz herrschte (nur die Anzahl angeben)?
3) Welches sind die wichtigsten zehn Abstimmungs-Themen, bei denen Sie Ihrem Gewissen folgen mussten, sich also nicht der Fraktionsdisziplin unterwerfen konnten?
Bitte beantworten Sie zunächst die Fragen und fügen erst anschließend, sofern von Ihnen als hilfreich angesehen, Kommentare hinzu.
Mit freundlichen Grüßen
Carl Finger
Sehr geehrter Herr Finger,
vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch vom 18.05.2015. Gerne nehme ich auf Ihre Anfrage wie folgt Stellung:
1. An wie vielen Abstimmungen haben Sie bisher teilgenommen?
Die genaue Anzahl lässt sich nicht mehr feststellen, da an den Sitzungstagen des Parlaments am Donnerstag und Freitag zahlreiche Abstimmungen stattfinden. Dies über rund 14 Jahre Bundestagszugehörigkeit gerechnet, ergibt nicht nur mehrere Hundert, sondern deutlich über Tausend Abstimmungen.
2. Bei wie vielen Abstimmungen konnten Sie mühelos dem Fraktionszwang folgen, weil zwischen Ihrer eigenen Meinung und der Meinung, welche durch die Fraktionsdisziplin jeweils vorgeschrieben war, kein Dissens herrschte?
Den Werdegang des Abstimmungsverhaltens habe ich Ihnen bereits im Rahmen einer Bürgersprechstunde erläutert. Der Abstimmungsprozess reicht beginnend von der Arbeitsgruppe über den Ausschuss, Abstimmungsgespräche zwischen den Ausschüssen und den Arbeitsgruppen, bis hin zur Fraktion und dann wiederum in den Gremien und zuletzt im Parlament. Selbst wenn man in der Fraktionsschlussabstimmung der Mehrheit unterliegt, ist es sehr wohl möglich, auch im Parlament eine andere Auffassung zu vertreten. Dies muss lediglich der Fraktionsführung angezeigt werden. Ich bin der Auffassung, dass in einer Demokratie sich eine Minderheit auch einer Mehrheit fügen muss, da ansonsten eine erfolgreiche zielgerichtete Arbeit kaum möglich ist. Die Diskussionen in den verschiedenen Gremien, Ausschüssen und der Fraktion sind sehr ausgiebig. Jeder hat die Möglichkeit seine Meinung dort einzubringen. Hinzu kommen fraktionsoffene Sitzungen wo auch Experten von außen zur Meinungsbildung eingeladen werden und öffentliche Anhörungen, die dazu dienen, den Meinungsbildungsprozess zu begleiten. Weiterhin hat jeder Abgeordnete die Möglichkeit durch die Abgabe einer persönlichen Erklärung sein Abstimmungsverhalten detailliert zu bekunden. Dass etwa die Fraktionsführung im Sinne einer Fraktionsdisziplin ein Abstimmungsverhalten von vornherein vorschreibt, kann ich aus der Fraktion der Union, nicht bestätigen.
3. Welches sind die wichtigsten zehn Abstimmungs-Themen, bei denen Sir Ihrem Gewissen folgen mussten, sich also nicht der Fraktionsdisziplin unterwerfen konnten?
Sicherlich gibt es nicht die reine Schwarz-Weiß-Entscheidung, deshalb habe ich beispielsweise bei der letzten Abstimmung zur Griechenlandhilfe durch eine persönliche Erklärung deutlich gemacht, warum ich zugestimmt habe. Auch bei der Einbringung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Thema Fracking, habe ich deutlich gemacht, dass ich Veränderungen erwarte beispielsweise im Sinne des Schutzes eines unserer höchsten Güter, des Wassers, Rechnung zu tragen.
Ich hoffe Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben und wünsche Ihnen weiterhin alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen,
Cajus Caesar