Frage an Cajus Caesar von Michael S. bezüglich Recht
Was werden Sie tun, wenn auch nach Ablauf der Prüfungsphase kein weiteres Kernkraftwerk vom Netz genommen wird?
Sehr geehrter Herr Schubert,
vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie sich hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise in der Energiepolitik nach der Ablaufzeit des Atom-Moratoriums erkundigen.
Aus meiner Sicht ist es eindeutig, dass die bevorstehende Energiewende, insbesondere nach den Ereignissen in Fukushima, notwendig ist. Der Ausstieg aus der Atomenergie wird auch von der Union keineswegs in Frage gestellt. Dennoch benötigen wir Zeit, um zahlreiche offene Fragen zu koordinieren und eine Gesamtstrategie neu zu gestalten. Somit dient die Zeit des Atom-Moratoriums der Analyse hochkomplexer Energiethemen, der breiten gesellschaftlichen Debatte und der politischen Entscheidungsfindung. In diesen Monaten werden entscheidende Weichen für die Neuausrichtung der Energiepolitik gestellt, neue Pläne für den noch zügigeren Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie für den schnelleren Atom-Ausstieg erarbeitet. Das Moratorium ist zudem erforderlich, um die Ergebnisse der speziellen Expertenkommission und der Ethikkommission in den politischen Meinungsbildungsprozess einfließen zu lassen. Ferner ist es aus meiner Sicht wichtig, einen breitangelegten gesellschaftlichen Dialog zu führen und zahlreiche gesellschaftliche Gruppen in den Beratungsprozess einzubinden. Derzeit werden die oben genannten Punkte im Rahmen des Moratoriums umgesetzt. Es geht also nicht darum, ob man aus der Kernenergie aussteigt, sondern wie man diesen Ausstieg am sinnvollsten gestaltet.
Deshalb finde ich es richtig und wichtig, dass die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung durch das Moratorium Platz dafür geschaffen haben, über die weitere Ausrichtung umfassend zu beraten und diese neu zu koordinieren. Das sofortige Abschalten der sieben ältesten Kraftwerke und die Entscheidung, das bereits abgeschaltete Kraftwerk Krümmel nicht wieder ans Netz zu nehmen, gehören aus meiner Sicht ebenso zu der richtigen Vorgehensweise.
Persönlich setze ich mich aktiv dafür ein, dass sowohl die Zeit des Moratoriums als auch die Zeit danach aktiv und effizient für die energetische Neugestaltung genutzt wird. Wichtig ist mir aber auch, dass wir nicht nur den Umbau der vorhandenen Strukturen im Energiebereich erheblich beschleunigen, sondern auch zu einer bezahlbaren, klimaverträglichen und verfügbaren Energieversorgung für Bürger und Wirtschaft kommen. Dazu müssen planungsrechtliche Hemmnisse beseitigt, Verfahren beschleunigt und das entsprechende Netzausbaubeschleunigungsgesetz auf den Weg gebracht werden.
Ein neues Energieforschungsprogramm durch die Bundesregierung ist ebenfalls notwendig, um Innovation und neue Technologien noch zügiger voranzubringen. Durch die Novelle des Energiewirtschaftgesetzes (EWG) wird der nötige Rahmen für den Ausbau intelligenter Netze und Anwendung lastvariabler Tarife geschaffen. Weiterhin ist es wichtig, die Kapazitätserweiterung vom Pumpspeicherwerken und die Erweiterung von Speicherkapazitäten aus Biogasanalgen in Angriff zu nehmen.
Bei der Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) ist eine bürokratische Entflechtung erforderlich, gleichzeitig können beispielsweise durch höhere Vergütungssätze für einen kürzeren Zeitraum kostenneutral weitere Impulse gesetzt werden. Weiterhin müssen die Erneuerbaren Energien möglichst schnell zur Marktreife geführt werden.
Auch der Wärmebereich darf nicht vernachlässigt werden, denn wir verbrauchen 40 Prozent unserer Energie in öffentlichen und privaten Gebäuden für Heizung, Warmwasser und Beleuchtung. Zugleich werden in privaten Haushalten in rund 85 Prozent des Gesamtenergiebedarfs für Heizung und Warmwasser eingesetzt. Durch Energieeffizienz kann an dieser Stelle sehr viel erreicht werden.
Ferner ist es richtig, auch internationale Vorhaben mehr als bisher in die Betrachtung einzubeziehen. Dazu gehört unter anderem auch das Desertec-Konzept. Dabei handelt sich um das Erzeugungsprinzip, nach dem der Strom da erzeugt wird, wo wir die jeweilige Leistung optimal abrufen können. Demnach gilt es, in sonnenreichen Regionen Photovoltaik einzusetzen, wobei ich darauf hinweisen möchte, dass Photovoltaik ein sehr kostenintensiver Energieproduzent ist, der mit einem eher geringen Anteil zur Stromversorgung beiträgt. Das gleiche effiziente Erzeugungsprinzip gilt auch für die Windenergie, beispielsweise durch Offshore, wo die Leistung acht mal so hoch ist wie im ländlichen Bereich.
Nicht zu unterschätzen sind die Herausforderungen des Leitungsbaus und der gesellschaftlichen Akzeptanz. Gleichzeitig sollten wir aber auch darauf achten, dass die Erneuerbaren Energien gerade vielerlei Möglichkeiten der Dezentralität und damit der Arbeitsplätze und der Wertschöpfung vor Ort ermöglichen. Diese Möglichkeiten sollten wir nicht vernachlässigen, sondern im Gegenteil stärken.
Um die Neuausrichtung der Energiepolitik zügig auf den Weg zu bringen und den dafür nötigen gesetzlichen Rahmen für den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien zu schaffen, plant die Bundesregierung die hier genannten Gesetze bis zur parlamentarischen Sommerpause Mitte Juli dieses Jahres zu beschließen.
Die Ereignisse in Fukushima zeigen tatsächlich, dass wir eine Wende in der Energiepolitik benötigen. Laut dem vor kurzem beschlossenen Bund-Länder-Plan soll der neue Atomausstieg unmittelbar nach dem Ende des dreimonatigen Atom-Moratoriums Mitte Juni verabschiedet werden. Am 3. Juni ist ein weiteres Treffen mit den 16 Regierungschefs geplant, das Kabinett wird sich mit dem neuen Atomgesetz voraussichtlich am 6. Juni befassen. Anschließend wird es in Bundestag und Bundesrat beraten und beschlossen. Die endgültige Entscheidung durch den Bundesrat ist für den 17. Juni vorgesehen.
Die Ereignisse in Fukushima sind ein Signal, dass wir aus der Kernenergie schnellstmöglich aussteigen sollten. Wichtig dabei ist, die Neuausrichtung im Energiebereich gut abzuwägen und dabei die auf uns zukommenden Schwierigkeiten wahrzunehmen, um mit einer realistisch aufgestellten und gut durchdachten Strategie eine sichere und bezahlbare Energieversorgung gewährleisten zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Cajus Caesar MdB