Frage an Cajus Caesar von Klaus B. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Cäsar,
ich habe einige Fragen zu zwei wichtigen Themenblöcken, die unseren Kreis Lippe betreffen.
1. Thema Nationalpark. Soweit ich es sehe, ist die SPD klar für einen solchen und auch die CDU und deren Landrat steht dem Projekt zumindest nicht so negativ gegenüber und will ein Gutachten abwarten, welches dem Kreistag vorgelegt werden soll. Auch ich halte einen solchen Park für die Region für sehr wichtig. Nun habe ich aber erfahren, dass alleine aufgrund der englischen Soldaten vor 2020 gar kein Nationalpark möglich wäre, da die Engländer bis dahin ein Recht auf ihr Gebiet in der Senne haben. Ist die ganze Diskussion um den Nationalpark daher nicht populistisch, da hier in den nächsten Jahren eh nichts passieren kann und wird?
2. Nun kommen wir also zu dem so umstrittenen PPP-Straßenprojekt und hier muss ich wirklich darauf vertrauen, dass Sie mir ehrlich und korrekt antworten.
a) Wenn ich es richtig verstehe ist die Sichtweise der CDU/Grünen und des Landrats, dass man lediglich u.a. die Sanierung von Straßen abgeben will, die Arbeiten insgesamt effizienter und schneller durchgeführt werden können und insgesamt Kostenersparnisse entstehen.
b) Laut den Grünen (siehe deren interessantes Schreiben, das glaubhaft klingt http://www.gruene-fraktion-lippe.de/media/File/090326%20Fraktion%20Strassen(3).pdf ) unterstützen sie das Projekt nur, weil es Kosteneinsparungen in Höhe von 8-11% kommt. Die Gegner sprechen hingegen von 2,5 Mio. € Mehrkosten pro Jahr. Wie kommt es zu diesem Widerspruch?
c) Nun kommen wir zu dem Punkt, der sich mir auch nicht erklären lässt und auch ohne, dass ich Ihren Brief an den Landrat gelesen habe. Ein Projekt für 24 Jahre abzuschließen, halte ich auch für einen höchst strittigen Punkt. Man stelle sich mal vor, man bindet sich für eine solch lange Zeit an jemanden und es bestehen keinerlei Möglichkeiten Nachbesserungen vorzunehmen oder gibt es in dem Vertrag entsprechende Klauseln, die das ermöglichen würden?
Besten Dank
Sehr geehrter Herr Bungert,
herzlichen Dank für Ihre Fragen auf Abgeordnetenwatch.
Zum Thema Nationalpark darf ich Ihnen wie folgt antworten: In der Diskussion handelt es sich um den ehemals geplanten Nationalpark Senne und neu/aktuell um den Nationalpark Teutoburger Wald/Eggegebirge. In der Tat ist es so, dass derzeit vor dem Hintergrund des militärisch genutzten Bereiches der Senne das Gebiet für die Ausweisung eines Nationalparks nicht zur Verfügung steht. Ich finde es aber auch beachtenswert, dass die militärische Nutzung in einer bisher umweltverträglichen Art und Weise geschieht. So dass es zur Ausweisung eines Fauna-Flora-Habitat-Gebietes kommen konnte. Eine Vereinbarung mit dem Land Nordrhein-Westfalen und der Bundesrepublik Deutschland, mit Zustimmung der britischen Streitkräfte, sieht zudem den Schutz von Natur und Landschaft entsprechend dem Natura2000-Programm vor.
Hinsichtlich der Ausweisung eines Nationalparks Teutoburger Wald/Eggegebirge gibt es in der Tat unterschiedliche Auffassungen. Deshalb will die Union, dass zunächst mal durch ein Gutachten geklärt wird, ob es sinnvoll ist, den jetzt ausgewiesenen Naturpark weiterzuentwickeln oder zu einer Ausweisung eines Nationalparks zu kommen. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass bei einem Naturpark sowohl die touristische als auch die wirtschaftliche Entwicklung mit den jetzt bestehenden Schutzstadien weiterentwickelt werden kann. Bei der Ausweisung eines Nationalparks sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen sehr stark auf die Umwelt und den Naturschutz ausgerichtet. So heißt es im § 24 des Bundesnaturschutz-Gesetzes, dass Nationalparke großräumig und weitgehend unzerschnitten sein müssen. Man erwartet eine Größe von etwa 10.000 Hektar.
Weiterhin muss ein überwiegender Teil ihres Gebietes die Voraussetzungen eines Naturschutzgebietes erfüllen. Dies ist an strenge Auflagen gekoppelt und vor allem müssen sie sich in einem überwiegenden Teil ihres Gebietes in einem vom Menschen nicht oder wenig beeinflussten Zustand befinden. Dies bedeutet, dass in mindestens 50 % der Fläche eine Bewirtschaftung nicht stattfinden soll. Anders als im Naturpark soll dies dazu führen, dass Betreten nur auf Wegen erfolgt. Bei der Neueinrichtung des Nationalparks Eifel wurde betretungsrechtlich der Einzug von Wegen vorgenommen. Außerdem bedeutet die Einrichtung eines Nationalparks, dass die Jagd nicht mehr ausgeübt werden soll und dass vor allem Land- und Forstwirtschaft auch in diesem Bereich nicht mehr stattfinden. Stattdessen wird das Holz seinem natürlichen Zersetzungsprozess überlassen. Auch bei Borkenkäferkalamitäten wird nicht eingegriffen, sondern der Borkenkäfer darf die Bestände vernichten, die dann in eine Zerfallsphase eintreten. Dieser Aspekt ist zumindest vor dem Hintergrund der in Ostwestfalen-Lippe beheimateten Holzindustrie sowie dem nicht mehr möglichen Einsatz von Arbeitskräften zur Bewirtschaftung und auch der Weiterverarbeitung zu sehen. Außerdem ergeben sich für die Grund- und Bodeneigentümer Einschränkungen. Hier darf ich anmerken, dass alle bisher in Deutschland existierenden Nationalparke überwiegend dort entstanden sind, wo Landes- und Bundesflächen zur Verfügung standen. Im angedachten Bereich Teutoburger Wald/Eggegebirge, mit einem Bereich von 7.500 Hektar, ist dies nicht der Fall. Sodass zunächst auch der Grund und Boden erworben werden müsste und ein Einverständnis der Eigentümer hergestellt werden müsste. Dies führt zu zusätzlichen Kosten für den Ankauf, wobei man bei 7.500 Hektar von einer Summe von ca. 100 Mio. Euro ausgehen kann. Derzeit steht eine nationalparkgenehmigungsfähige Gebietskulisse nicht zur Verfügung, weil der Prinz zur Lippe erklärt hat, dass seine Flächen im Zentrum eines solchen bisher geplanten Nationalparks nicht zur Verfügung stehen. Weiterhin hat das Land Nordrhein-Westfalen sich letztendlich für die Genehmigung und Finanzierung eines solchen Nationalparks weitgehend verantwortlich erklärt. Das Land hat signalisiert, dass es sich derzeit nach der Neuausweisung des Nationalparks Eifel mit Betriebskosten von jährlich 5 Mio. Euro, die schon auf 10 Mio. Euro pro Jahr angestiegen sind, nicht in der Lage sieht, weitere Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Waldbesitzer, Jäger und Holzindustrie lehnen die Ausweisung weitgehend ab.
Ich bin der Meinung, dass man den jetzt gut funktionierenden Naturpark weiterentwickeln sollte und dass die durch das Gutachten ermittelten touristischen Möglichkeiten vorangebracht werden sollten. Persönlich könnte ich mir die Einrichtung eines Baumwipfelpfades vorstellen und weitere Einrichtungen, die unseren Raum attraktiv machen. Gleichzeitig aber könnte man die schon jetzt bestehenden Kernschutzzonen durch freiwillige Verträge mit den Waldeigentümern ausweiten und vernetzen, um auch im Bereich der Ökologie Akzente zu setzen. So wäre es beispielsweise möglich über ein Biosphärenreservat, wo derzeit nach der gesetzlichen Regelung 3 % völlig aus der Nutzung genommen werden, aber entsprechende ökologische Ziele verfolgt werden sollen, sowohl dem wirtschaftlichen Aspekt, als auch dem touristischen, wie auch dem ökologischen Aspekt Rechnung zu tragen.
Weiterhin hatten Sie Fragen zum PPP-Straßenprojekt gestellt. Der Kreistags-Beschluss sieht vor, 435 km Kreisstraßen, 115 km Radwege, 26 Brücken und weitere Ingenieurbauwerke, Entwässerungseinrichtungen und Fahrbahnmarkierungen zwecks baulicher Erhaltung zu vergeben. Dies geschieht in einem sogenannten PPP-Projekt (Public-Private-Partnership-Projekt). Am 18. Dezember 2006 hatte der Kreistag einen entsprechenden Beschluss gefasst, die wirtschaftliche Vergabe an Privatunternehmen zu prüfen, um dabei festzustellen, ob der wirtschaftliche Vorteil über 5 % liegt. Derzeit kostet den Kreis das öffentliche Straßennetz jährlich mehr als 4 Mio. Euro. Durch die private Vergabe wird der Kreis 400.000 Euro jährlich sparen. Geld wird jedoch immer erst nachträglich fließen.
Zu Ihrer Frage nach der Qualität der Straßen kann ich Ihnen sagen, dass dies langfristig gewährleistet sein muss. Im Rahmen des gesamten Verfahrens wurde dazu auch eine umfassende Machbarkeitsstudie zur Neustrukturierung der Straßenbewirtschaftung erstellt. Die Machbarkeitsstudie erfasst alle rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen. Es ging auch darum, das Vergaberechtsverfahren zu strukturieren und die Vertragsgestaltung vorzubereiten, sowie die Verhandlungen zu begleiten. Im Rahmen der Projektstrukturierung wurden die Weichen hinsichtlich Netzzuschnitt, Anreiz- und Vergütungsstrukturen, sowie Qualitätsanforderungen gestellt. Aufbauend auf der entwickelten Projektstruktur wurde die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung inklusive der Erstellung des Vergleichswertes der Eigenrealisierung an die Projektstrukturen angepasst und im Zuge des Vergabeverfahrens zur abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung festgeschrieben. Meines Erachtens ist es wichtig, in Zeiten finanziell enger Spielräume zu überlegen, ob es Alternativen zur jetzigen Vorgehensweise gibt, die nicht zu Lasten der Infrastruktur gehen dürfen. Der Kreis bleibt bei der jetzigen Vorgehensweise Eigentümer des Netzes und wird auch weiterhin Grün- und Gehölzschnitt sowie Endreinigung und Winterdienst durchführen. Die Bauleistungen dagegen werden nunmehr an Dritte vergeben. Dies wird auch zu einer Entbürokratisierung führen, da beispielsweise alleine im Jahre 2006 seitens der Verwaltung 60 verschiedene Straßenbauprojekte vorzubereiten und auszuschreiben waren. Die Vergabe wurde sehr intensiv vorbereitet, sodass jede im Kreisbesitz befindliche Straße zuvor vermessen, in Euro bewertet wurde und in ein Zustandsraster eingeordnet worden ist.
Für Ihre Frage zum Zeitraum darf ich Ihnen mitteilen, dass der private Investor für 25 Jahre verpflichtet wird, das Straßennetz eigenverantwortlich zu pflegen, in einem vertraglich festgelegten Zustand zu erhalten und auszubauen. Im Gegenzug erhält der Investor einen festen jährlichen Betrag vom Kreis.