Frage an Burkhard Lischka von Manuel N. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Lischka,
selbst als Partei Mitglied bin ich schwer davon enttäuscht, dass auf Drängen der SPD den Parteien eine außerordentliche Erhöhung ihrer Finanzierung aus Steuermitteln erhalten sollen. Es gibt bei den Mitteln eine an die Inflation gekoppelte Erhöhung (§18 (2) PartG).
Wie stehen Sie zu dieser außerordentlichen Erhöhung?
In diesem Zusammenhang findet ich es interessant, dass die maximalen Zuwendungen an die Inflation geknüpft sind, die Steuerfreibeträge allerdings nicht.
Warum werden die Freibeträge nicht mit der Inflation erhöht?
Beste Grüße
M. N.
Sehr geehrter Herr Neumann,
vielen Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch.de an mich.
Ich möchte Ihnen kurz erläutern, warum die Koalitionsfraktionen der Ansicht sind, dass eine Änderung des Parteiengesetzes zugunsten aller politischen Parteien in Deutschland notwendig ist, und sie daher eine entsprechende Initiative in den Deutschen Bundestag eingebracht haben.
In Deutschland gibt es eine staatliche Teilfinanzierung der Parteien. Diese dient der Wahrung der Chancengleichheit der Parteien, damit nicht Parteien, die auf Grund ihrer politischen Positionen viele und hohe Spenden - etwa von finanzstarken Konzernen - erhalten, im politischen Wettbewerb bevorteilt werden.
Die Kriterien für die staatliche Finanzierung sind im Parteiengesetz transparent und nachvollziehbar geregelt. Die Finanzierung der politischen Parteien ist außerdem durch eine Obergrenze gedeckelt.
Seit 2013 wird diese absolute Obergrenze jährlich gemäß eines vom Statistischen Bundesamt ermittelten und für Parteiausgaben typischen Preisindexes angepasst. Dieser Index berücksichtigt steigende Kosten in den Bereichen, die der Index abbildet, also im Wesentlichen die Inflation. Erstmals seit dem Jahr 2011 soll die absolute Obergrenze für die Gesamtsumme der staatlichen Mittel, mit denen in einem Jahr alle Parteien unterstützt werden, einmalig von 165 Mio. Euro auf 190 Mio. Euro erhöht werden. Denn obwohl die Parteien aufgrund von selbsterwirtschaftete Einnahmen eine Summe von mittlerweile ca. 190 Mio. Euro aus der staatlichen Parteienfinanzierung beanspruchen könnten, kommt diese wegen der aktuellen Höhe der absoluten Grenze nicht zum Tragen, sondern wird aktuell um etwa 27 Millionen Euro gekürzt.
Die Erhöhung ist auch notwendig, da die oben genannten Kriterien keine Kosten berücksichtigen, die den Parteien durch erhebliche Veränderungen politischer und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen im Rahmen der ihnen durch Art. 21 Absatz 1 Satz 1 unseres Grundgesetzes übertragenen Aufgaben entstehen. Solche Veränderungen haben in den letzten Jahren stattgefunden.
Wir erleben überall die Digitalisierung unserer Welt. Industrie 4.0, Arbeit 4.0, Big Data, Social Media, usw. sind die Stichworte, die wir alle kennen. Die Meinungsbildung in unserer Demokratie findet zunehmend in einem „digitalen Kontext“ statt. Nicht nur die Wirtschaft und insbesondere die Medien investieren massiv in die Digitalisierung. Vor allem die Feinde der Demokratie nutzen das Internet und die Sozialen Medien massiv für ihre demokratiefeindliche Propaganda, Hetze gegen Andersdenkende und die Verbreitung von Fake News. Gezielte Kampagnen beeinflussen immer mehr im Netz nicht nur die Entwicklung der öffentlichen Meinung, sondern sie beeinflussen in entscheidender Weise mittlerweile auch den Ausgang von Wahlen.
Politische Willensbildung findet immer weiter zunehmend digital statt. Parteien haben den verfassungsmäßigen Auftrag, an der politischen Willensbildung mitzuwirken. Ob sie wollen oder nicht, auch sie müssen zur Sicherstellung dieses Auftrages die neuen digitalen Kommunikationswege aktiv nutzen und auf den neuen Plattformen präsent sein. Die Kommunikation muss dabei auch online in einem geschützten Raum stattfinden können, muss darüber hinaus gegen Cyberangriffe geschützt werden und wird dadurch technisch und finanziell gleichsam anspruchsvoller. Neue Instrumente der innerparteilichen Willensbildungs- und Beteiligung sowie anspruchsvollere Transparenz- und Rechenschaftsanforderungen erhöhen den Aufwand noch einmal erheblich.
Um den Parteien die Wahrnehmung dieser neuen Aufgaben und Erfordernisse im Rahmen ihres Verfassungsauftrages zu ermöglichen, soll die absolute Obergrenze einmalig angehoben werden. Künftig gilt dann wieder die jährliche Anpassung nach dem Preisindex.
Der zuständige Innenausschuss des Deutschen Bundestages hat zu dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen eine öffentliche Sachverständigenanhörung durchgeführt. Alle Sachverständige und Experten haben bestätigt, dass die unabhängige Finanzierung für die politischen Parteien notwendig sei und sich bewährt habe. Auch die jetzt geplante Anhebung der absoluten Obergrenze um 25 Millionen sei absolut verhältnismäßig. Es wurde auch noch einmal betont, dass das gegenwärtige System der staatlichen Parteienfinanzierung transparent sei und im Moment durch keine besseren Konzepte ersetzt werden könne. Dieses sehr transparente System, das auch eine jährliche Veröffentlichung der Parteienfinanzierung garantiere, sei auch besser als dubiose Geldquellen bekannter populistischer Parteien. Die staatliche Parteienfinanzierung sei keine Selbstbedienung, das stehe den Parteien zu, um mithalten und von Spendern und wirtschaftlicher Einflussnahme unabhängig arbeiten zu können. Es ist auch abschließend festzuhalten, dass die staatliche Parteienfinanzierung weniger als 50 Prozent der Gesamteinnahmen der Parteien ausmacht.
Nicht nur die SPD, sondern alle – auch alle im Bundestag vertretenen – Parteien werden jetzt höhere staatliche Zuwendungen erhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Burkhard Lischka