Frage an Burkhard Lischka von Daniel G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Danke für Ihre Antwort aus dem Dokument "170504_Datenschutz_und_Sozialarbeit.pdf".
Auf S. 40 ist ein Bsp. zu einem 8 Jährigen
"Der Schüler schildert vielfältige Problemlagen, wie Ängste in Bezug auf die Bewältigung der schulischen Leistungsanforderungen, Konflikte mit einzelnen Lehrkräften und Mitschülerinnen und Mitschülern sowie Schwierigkeiten mit der eigenen Geschlechtsidentität, die ihm den Schulalltag zunehmend unerträglich machen. Die Eltern sollen davon nichts wissen. Der Schulsozialarbeiter ist sich unsicher, inwieweit die Eltern dennoch hinzugezogen werden müssen.
Die "Expertenmeinung"
-Daher wäre die Weitergabe der Informationen an die Eltern gegen den Vertrauensverlust beim Schüler abzuwägen.
-Eine Einwilligung durch den Schüler liegt in diesem konkreten Fall nicht vor, da dieser explizit den Wunsch ausgesprochen hat, die Eltern nicht zu informieren.
-Davon abgesehen wäre aufgrund des Alters des Jungen seine Einwilligungsfähigkeit zu überprüfen."
Ohne Zweifel liegt keine „Not- und Konfliktsituation“ (§ 8 Abs. 3 SGB VIII) vor. Es lässt sich auch keine Kindeswohlgefährdung konstruieren. Das lässt eine Beratung des Kindes ohne Wissen der Eltern eben nicht zu. Es wird so auch nicht rechtzeitig bekannt, ob und wie die Eltern ihr Kind unterstützen, wenn sie Eingeweihte werden, und würden so um den eigenen Anspruch auf Sozialleistung gebracht.
Finden Sie nicht bedenklich, dass die Variante, Eltern "mit ins Boot zunehmen" nur als letztes Mittel und dann "wie ein notwendiges Übel" in Betracht kommt, wenn die Einwilligungsreife des Kindes nicht einfach von Sozialpädagoginnen dahin behauptet werden kann? (Wissenschaftliche Methoden gibt es ja nicht.)
Ist es wirklich politischer Wille / Überzeugung, dass 8-12 j. Kinder mit den typisch ungefestigten- ambivalenten Denk- und Verhaltungsweisen die Bedeutung und Tragweite des Rechtsgutsverzichts bei der eigenen Schweigepflichtsentbindung vollständig überblicken und sachgerecht beurteilen können müssen?
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre erneute Frage. Die von Ihnen zitierte Expertenmeinung beinhaltet für den geschilderten Fall ja gerade auch den wichtigen Hinweis, dass das Informationsrecht der Eltern stets der Schweigepflicht vorgehe, dass deshalb nur in Not- und Konfliktlagen ohne Kenntnis der Eltern beraten werden dürfe und dass es gerade deshalb zulässig sei, die Eltern zu informieren. Das bedeutet, dass sich ein Schulsozialarbeiter gerade nicht der Verletzung der Schweigepflicht strafbar macht, wenn er sich im vorliegenden Fall über die Bitte des achtjährigen Schülers, die Eltern nicht zu informieren, hinwegsetzt, sondern dass er - ganz im Gegenteil - hier das Informationsrecht der Eltern zu bedienen hat. Bei möglichen weiteren Fragen zur Schweigepflicht in der Schulsozialarbeit wenden Sie sich bitte künftig direkt an die zuständigen Ansprechpartner, zum Beispiel die Landesweite Koordinierungsstelle "Schulerfolg sichern".
Mit freundlichen Grüßen
Burkhard Lischka
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Burkhard Lischka, MdB
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