Frage an Burkhard Lischka von Karsten K. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Lischka,
ich freue mich das sich die SPD-Fraktion gegen eine Privatisierung der Autobahnen einsetzt aber dann soll Sie dies auch vollumfänglich tun und keine Schlupflöcher, in Form von ÖPP-Projekten zulassen, denn genau hier sehen wir die Gefahr der Privatisierung unserer Autobahnen.
Die Autobahnen können damit zukünftig allein vom Bund bzw. der Infrastrukturgesellschaft und ohne jegliche Mitsprache der Länder, wie in der Vergangenheit geschehen, in Form von ÖPP-Projekten vergeben. Es ist schön wenn die SPD-Fraktion erreicht hat, dass die Gesellschaft zu 100% in Eigentum des Bundes bleibt. Sie hat es aber nicht geschafft, ÖPP-Projekte auszuschließen.
Stattdessen spricht Ihre Fraktion davon, eine Begrenzung von ÖPP-Projekten auf 100 km Einzellänge erreicht zu haben. Bisher gibt es kein ÖPP-Projekt in Deutschland, dass eine Länge von 100 km hat! Also ein fragwürdiger Sieg.
Die Betonung, dass die Straßen selbst in Bundeseigentum bleiben ist so nicht relevant! Der große Gewinn wird nicht mit dem Eigentum des Straßenkörpers und der Bauwerke, sondern mit der Betreuung, dem Straßenbau und der Straßenunterhaltung erwirtschaftet. Da interessiert es Banken, Versicherungen und Baukonzerne nicht, ob der Gewinn aus Eigentum oder einer Auftragsverwaltung entsteht.
Wie wollen Sie Ihren Wählern, den Straßennutzern und den dann ehemaligen Beschäftigten der Straßenbauverwaltung dann noch gegenübertreten? Wie wollen Sie Wähler davon überzeugen, die SPD bzw. Sie zu wählen, wenn Sie der Änderung des Grundgesetzes für eine private Gewinnmaximierung zustimmen?
Daher fordere ich Sie und die SPD-Fraktion auf gegen die geplante Grundgesetzänderung zu stimmen und nicht den Ausverkauf der Infrastruktur durch den Bund zu unterstützen.
Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Karsten Kirmse
Landesvorsitzender
Verband Deutscher Straßenwärter
Sachsen-Anhalt
Sehr geehrter Herr Kirmse,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich habe der Grundgesetzänderung zustimmt und will Ihnen das auch gern begründen: Es handelt sich dabei um ein Gesamtpaket
zur Neuregelung des Finanzausgleichs zwischen dem Bund und den Ländern. In diesem Gesamtpaket ist die geplante Infrastrukturgesellschaft des Bundes nur ein Teil. Kern des Pakets ist die Sicherstellung der finanziellen Handlungsfähigkeit der Länder nach Auslaufen des Solidarpakts 2019, was den Ländern insgesamt Mehreinnahmen von zehn Milliarden Euro vom Bund sichert. Gleichzeitig durchbrechen wir das Kooperationsverbot in der Bildungspolitik, so dass der Bund 3,5 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in sozial schwachen Kommunen bereitstellen kann. Darüber hinaus wird der Unterhaltsvorschuss für berufstätige Alleinerziehende und deren Kinder verbessert. Wie Sie richtig bemerken, ist es der SPD in langwierigen Verhandlungen gelungen, Privatisierungen von Autobahnen und Fernstraßen zu verhindern und jedes Schlupfloch für eine Privatisierung durch die Hinterür zu schließen. Was bleibt, ist die angesprochene Regelung von ÖPP-Projekten von maximal 100 Kilometer, die nicht miteinander verbunden sein dürfen. ÖPP war bislang schon möglich - allerdings ohne Kilometerbegrenzung. Eine öffentlich-private Partnerschaft ist nicht das gleiche wie Privatisierung. Aber selbst wenn man das annehmen möchte, gilt zweitens: ÖPP sind immer nur dann erlaubt, wenn sie wirtschaftlicher sind als die herkömmliche Beschaffung (Staat bzw. Gesellschaft bauen und betreiben selbst). Ich halte diese Regelung für vertretbar. Nicht für vertretbar hätte ich es gehalten, das gesamte Gesetzespaket wegen der ÖPP-Regelung abzulehnen und damit die finanzielle Zukunft der Länder aufs Spiel zu setzen, Bildungsinvestitionen zu verhindern und sozial Schwachen eine bessere Unterstützung zu verweigern.
Mit freundlichen Grüßen
Burkhard Lischka