Frage an Burkhard Lischka von Tim G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Lischka,
gemäß Ausschussdrucksache Nr. 18(4)344 ( http://www.familienvisum.de/Dokumente/18%284%29344.pdf ) möchte Ihre Fraktion den Sporachnachweis für Ehegatten nur dann entfallen lassen, wenn "es dem Ehegatten aufgrund besonderer Umstände des
Einzelfalles nicht möglich oder nicht zumutbar ist, vor der Einreise Bemühung
en zum Erwerb einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache zu unternehmen".
Dazu hätte ich folgende Fragen:
Ist Ihrer Fraktion die Praxis der Behörden bei der Umsetzung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 4.09.2012 bekannt? ( http://www.bverwg.de/entscheidungen/entscheidung.php?ent=040912U10C12.12.0 )
Mit welchen zivilgesellschaftlichen Organisationen stehen Sie in Kotakt und haben Sie diese Praxis bereits erörtert?
In welchen Fällen wird konkret davon ausgegangen, dass Bemühungen nicht zumutbar sind?
Warum fehlt in dem Gesetz die Regelung, dass der Nachzug zu gewähren ist, wenn die Bemühungen ein Jahr nicht erfolgreich sind?
Warum will Ihre Fraktion entgegen den SPD-geführten Ländern (siehe Bundesratsbeschluss) an dem Sprachtest vor der Einreise festhalten? Ist Ihre Fraktion nicht der Auffassung, dass man Deutsch besser in Deutschland lernen kann?
Wie kann diese Bestimmung das Dogan-Urteil des EuGH umsetzen, dessen Tenor lautet, dass eine nationale Bestimmung, die "vorschreibt, dass Ehegatten von in diesem Mitgliedstaat wohnenden türkischen Staatsangehörigen, wenn sie zum Zweck der Familienzusammenführung in das Hoheitsgebiet dieses Staates einreisen wollen, vor der Einreise nachweisen müssen, dass sie einfache Kenntnisse der Amtssprache dieses Mitgliedstaats erworben haben".
Ist Ihrer Fraktion bewusst und bekannt, dass die Europäische Kommission diese Regelungen, die bereits in einem Erlass des Auswärtigen Amtes enthalten sind, nicht als Umsetzung des Dogan-Urteils ansieht und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik deswegen durchführen will?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Gerber,
vielen Dank für Ihre Frage. Meine Fraktion ist nach wie vor der Auffassung, dass die Abschaffung der verpflichtenden Sprachkenntnisse vor Einreise die bessere Lösung wäre. Wir halten es grundsätzlich für sinnvoller, die verpflichtenden Deutschkenntnisse erst im Inland nachzuweisen oder nachzuholen. In einer Koalition muss man aber Kompromisse machen. Die eingangs genannte, weitgehende Position ist bekanntermaßen eine, die unser Koalitionspartner nicht teilt. Wir stehen zu dem Ihnen vorliegenden Kompromiss, den wir im Rahmen des Gesamtpakets zum Bleiberecht und der Aufenthaltsbeendigung in der Koalition gefunden haben und mit dem wir zahlreiche Verbesserungen, so zuletzt für junge Asylbewerber und Geduldete in der Ausbildung, erreichen konnten. Wir sind der Auffassung, dass die jetzt von Ihnen angesprochene offene Formulierung offen für eine Auslegung unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist.
Mit freundlichen Grüßen
Burkhard Lischka