Frage an Burkhard Lischka von Tim G. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Lischka,
eine Frage an Sie als SPD-Obmann im Rechtsausschuss: Warum können Bürger, die vor dem Verwaltungsgericht eine Klage gegen eine Behörde gewonnen haben, nicht an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen eine Pauschale geltend machen, wie dies in § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO einseitig für Behörden vorgesehen ist?
Das BMI ist gegen mich in fünf Verfahren vor dem VG Berlin unterlegen (z.B. VG 2 K 50.11, http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de ) und verlangt in jedem Fall die Glaubhaftmachung aller Portokosten und Schreibauslagen auf Heller und Pfennig. Eine Pauschale von 10 Euro will man nicht anerkennen. Der Behörde stünden 20 Euro zu.
Bislang waren die Kostenbeamten des VG so freundlich, im Kostenfestsetzungsverfahren am Ende die genaue Kostenhöhe anhand der Akte zu ermitteln. Die zählen also die Seiten der eingereichten Schriftsätze nach und errechnen Druckkosten und Porto daraus.
Hätte ich für viel Geld (pro Verfahren etwa 1000 Euro) einen Rechtsanwalt beschäftigt, was ich dem BMI und damit dem Steuerzahler regelmäßig erspare) dann müsste ebenfalls eine Pauschale von 20 Euro fürs Porto etc. gezahlt werden.
Da das BMI und andere Ministerien eigentlich besseres zu tun haben sollten, als promovierte Juristen lange Schreiben an das Verwaltungsgericht verfassen zu lassen, um im günstigsten Fall ein paar Euro zu sparen: Könnten Sie das im Ausschuss mal mit Ihren Kollegen und dem BMJV erörtern und vielleicht diese gesetzliche Schieflage beseitigen? Es ist für einen Bürger, der ein Verfahren gegen so eine Behörde ohne anwaltliche Hilfe gewinnt, weil diese ihm gegenüber rechtswidrig gehandelt hat, auch frustrierend und erniegringend, am Ende noch ums Porto feilschen zu müssen, währen der Gesetzgeber seinen Behörden eine Pauschale zugesteht. Man könnte sich darüber streiten, ob das der gebotenen Waffengleichheit und Verfahrensfairness entspricht.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Gerber,
vielen Dank für Ihre Frage. Die derzeitige Praxis der Kostenpauschale für Behörden im Verwaltungsprozess (§ 162 Abs. 2 S. 3 VwGO) wurde durch das Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess (RmBereinVpG) vom 20.12.2001 eingeführt. Im Entwurf der Bundesregierung und dem zu dieser Zeit SPD-geführten Bundesjustizministerium war dieser Aspekt ursprünglich nicht enthalten. Die Regelung stammt aus einem Vorschlag des Bundesrates, den die Bundesregierung zunächst und meines Erachtens zu Recht abgelehnt hatte. Sie sah damals darin eine schwer zu rechtfertigende Privilegierung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und von Behörden im Verhältnis zu anderen Verfahrensbeteiligten. Insofern teile ich Ihre Kritik. Mit Blick auf die Tatsache, dass der Staat aufgrund des Rechtsstaatsprinzips zu einer aufwändigen Sachverhaltsaufklärung verpflichtet ist, wurde die Bestimmung erst im Vermittlungsverfahren auf Druck des Bundesrates in den Gesetzentwurf übernommen. Die Bestimmung sollte im Falle künftiger Überarbeitungen des Verwaltungsprozessrechts noch einmal auf den Prüfstand kommen.
Ich nehme Ihre Eingabe gerne zum Anlass, dies an das Bundesjustizministerium heranzutragen.
Mit freundlichen Grüßen
Burkhard Lischka