Frage an Burkhard Lischka von Lutz L. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Lischka,
die Gesetzesänderung zum Sorgerecht nichtehelicher Eltern wird mittlerweile medial als Sorgerechtsreform und Erfolg ausgegeben. Der Erfolg ist jedoch janusköpfig. Einige Alleinsorger wird diese späte Korrektur zum Nachdenken anregen.
Andere Alleinsorger, die bisher durch einfache Ablehnung das gemeinsame Sorgerecht verhindern konnten, werden Konflikte forcieren und damit nicht nur das gemeinsame Sorgerecht verhindern, sondern erheblichen Schaden anrichten.
Jetzt kommen die Gerichte ins Spiel. Sie werden sicher argumentieren, dass die Familiengerichte in diesen Fällen für Klärung und Regelung zuständig sind.
Ich als Vater, der die Betreuungsmöglichkeiten der Elternzeit (seit 2001) zum Wohle der Kinder genutzt hat, habe seit 2007 intensive Erfahrungen mit Familiengerichten. Ohne alle über einen Kamm scheren zu wollen, behaupte ich grundsätzlich:
Die deutschen Gerichte vom Amtsgericht bis zum BVerfG sind in vielen Fällen weder in der Lage noch gewillt, sachliche und rechtliche Klärungen in Familienstreitigkeiten unter Beachtung der elterlichen Rechte herbeizuführen. Sie sind nicht einmal in der Lage, grundlegende Verfahrensregeln sicherzustellen. Mit rechtlich unbestimmten Begriffen wie Kindeswohl und Kooperationsfähigkeit der Eltern haben die Gerichte zudem Hebel in der Hand, die jede Willkürhandlung ermöglicht. Wenn Sie wissen wollen, wie auch treusorgenden Vätern die Kinder entzogen wurden (übrigens im umgekehrten Fall ein Straftatbestand) und dies durch gerichtliche Verfahren nicht nur nicht verhindert, sondern häufig auch unterstützt wurde, gebe ich Ihnen gerne genaueste Informationen. Werden Sie sich umgehend informieren und in der Sache Aufklärung und Weiterentwicklung des Rechts betreiben?
Mit freundlichen Grüssen
Lutz Lippke
Sehr geehrter Herr Lippke,
Sie kritisieren die neue gesetzliche Regelung der elterlichen Sorge bei nicht miteinander verheirateten Eltern, die vor einiger Zeit in Kraft getreten sind. Das habe auch ich im Rahmen der parlamentarischen Behandlung getan. Die SPD-Bundestagsfraktion hat den Entwurf der Bundesregierung aus guten Gründen abgelehnt und auch einen eigenen Antrag vorgelegt, der jedoch abgelehnt wurde.
Die SPD hat sich in der Debatte um eine gesetzliche Neuregelung zum Beispiel bewusst gegen eine vielfach geforderte automatische gemeinsame Sorge bei Vaterschaftsanerkennung entschieden. Eine solche Regellösung ist nur dann überzeugend, wenn sie auch regelmäßig zu einem guten Ergebnis führt. Übertragen auf das Sorgerecht wäre die Regellösung angemessen, wenn die ganz überwiegende Mehrheit der nicht verheirateten Eltern regelmäßig konstruktiv und am Kindeswohl orientiert bei der das Kind betreffenden Entscheidungsfindung zusammenwirkt. Dies spiegelt aber nur einen Teil der Realität wieder. Zudem wird dabei nicht berücksichtigt, dass Ziel einer Neuregelung sein muss, die Bereitschaft der Eltern zur Übernahme der gemeinsamen Sorge durch staatliche Institutionen zu fördern. Vor dem Hintergrund, dass viele Eltern nicht ausreichend informiert sind und sich kein genaues Bild von den Sorgemöglichkeiten und den damit verbundenen Verpflichtungen machen, ist dies für unser Anliegen ein bedeutender Umstand.
Insofern setzen wir darauf, dass – ohne dass ein Antrag des Vaters erforderlich wäre – zwischen den Eltern bestehende Konflikte ausgeräumt werden und die Eltern gemeinsam zu einvernehmlichen Lösungen gelangen. Dies setzt allerdings voraus, dass man nicht Familienrichter – wie dies die Bundesregierung tut – in die Situation bringt, Entscheidungen über die Köpfe der Betroffenen hinweg zu treffen. Wir haben mit unserem Antrag eine für die Betroffenen transparente und verständliche Neuregelung der elterlichen Sorge gefordert, wobei immer das Kindeswohl im Mittelpunkt stehen soll. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist vielfach ausgelegt und gibt den Familienrichtern einen guten Maßstab an die Hand, um jeden Einzelfall nach den jeweiligen Umständen zu beurteilen. Ich habe auch im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens mit vielen Familienrichterinnen und Familienrichtern gesprochen und weiß, dass diese sich jede Ihrer Entscheidungen sehr gut überlegen und die Umstände aus allen Blickwinkeln beurteilen. Ich vertraue darauf, dass die Richterinnen und Richter alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen und fair entscheiden.
Mit der von uns vorgeschlagenen Regelung wollten wir das gemeinsame Sorgerecht weiter stärken. Bereits jetzt hat schon ein beträchtlicher Anteil der nicht miteinander Verheirateten das Sorgerecht gemeinsam und die Zahl der nicht Verheirateten, die diese Entscheidung treffen, wächst stetig. Eltern soll es nach meiner Ansicht künftig so einfach wie möglich gemacht werden, bereits bei der Geburt ihres Kindes eine gemeinsame Sorge zu erklären. Neben den bereits bestehenden Möglichkeiten sollten sie schon bei der Registrierung ihres Kindes eine solche Erklärung beim Standesamt abgeben können. Unterlassen sie dies, würde sie das Jugendamt darin unterstützen, eine einvernehmliche Regelung zu finden. Das stärkt die Eigenverantwortlichkeit der Eltern, dient dem Kindeswohl und vermeidet gerichtliche Auseinandersetzungen.
Jetzt gilt es, sich die neue gesetzliche Regelung, die der Deutsche Bundestag mit seiner schwarz-gelben Mehrheit beschlossen hat, anzuschauen und gegebenenfalls zu prüfen, ob Änderungen – evtl. auch dann entsprechend unserer Vorschläge - angezeigt sind.
Mit freundlichen Grüßen
Burkhard Lischka