Frage an Burkhard Lischka von Lothar K. bezüglich Recht
Sammelklagen
Sehr geehrter Herr Lischka,
in wende mich an Sie als Mitglied und Obmann des Rechtsausschusses. Warum gibt es in Deutschland immer noch keine Sammelklagen und warum gibt es niemanden, der dies fordert? Deutschland ist ein Paradies von Kapitalanlagebetrügern. Als Kleinanleger kann man nichts dagegen tun. Kapitalanlagerechtsschutz wird von Rechtsschutzversicherungen nicht mehr angeboten; jeder einzelne Anleger muss einzeln Vorstand, Aufsichtsrat, Vermittler, Wirtschaftsprüfer und sonstige Beteiligte verklagen wenn diese Bilanzen gefälscht, Insolvenzen verschleppt oder sich großzügig aus Firmenvermögen bedient haben. Es sind zig verschiedene Richter und Kammern mit der gleichen Angelegenheit beschäftigt und jeder Richter und jede Kammer fällt ein anderes Urteil. Außerdem ist es da kein Wunder, dass die Justiz hoffnungslos überlastet ist. Der Ausgang solcher Verfahren gleicht einem Lotteriespiel. Recht zu bekommen wenn man Recht hat ist mit fünf Richtigen im Lotto zu vergleichen. Von z. B. 5000 betroffenen Anlegern können nur die etwas tun, die noch einen alten Rechtsschutz haben oder die genug Geld haben und die Sache aus Prinzip nicht auf sich beruhen lassen wollen. Die Verfahren ziehen sich über viele Jahre und sind dementsprechend extrem teuer. Oft übersteigen die Verfahrenskosten den Vermögensschaden und Recht bekommen bedeutet noch kein Geld.
Sammelklagen würden das ändern. Da könnten dann 5000 geprellte Anleger gemeinsam vorgehen; es gäbe ein Urteil, dass für alle gilt und wenn Schadensersatz geleistet wird, wird dieser anteilig aufgeteilt. Beim jetzigen Recht klagen vielleicht 100 von 5000 von denen dann vielleicht 40 Recht bekommen, der Rest auf den Kosten sitzen bleibt und bei denen, die nicht klagen können ist das Geld dann sowieso weg.
Wenn ich bei der nächsten Wahl die SPD wählen würde, setzen Sie sich dann für Sammelklagen ein oder wollen Sie und die SPD das alles so bleibt wie es ist?
Mit freundlichen Grüßen
Lothar Kindermann
Sehr geehrter Herr Kindermann,
vielen Dank für Ihre Frage vom 12. Dezember 2012 zum Thema „Sammelklagen“.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich bereits mit dieser Thematik intensiv auseinandergesetzt und 2005, in damaliger Regierungsverantwortung, ein entsprechendes Gesetz erlassen. Das sogenannte Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz umfasst die von Ihnen geschilderten Fälle. Durch dieses Gesetz wird die Bündelung von Schadensersatzklagen von Kapitalanlegern ermöglicht. In den Fällen des Kapitalanlegerbetruges werden Streuschäden mit vielen Geschädigten, mit vergleichsweise geringen Schadensersatzsummen beim einzelnen Geschädigten, verursacht. Der angerichtete Gesamtschaden kann dagegen durchaus im mehrstelligen Millionenbereich liegen. Um den Geschädigten die Geltendmachung ihrer Ansprüche zu erleichtern, hat die SPD-Bundestagsfraktion dieses Gesetz geschaffen.
Betrogene Anlegern können seit 2005 Schadensersatzansprüchen in einem gerichtlichen Musterverfahren geltend machen. Mindestens zehn Kläger können Musterfeststellungsanträge wegen irreführender Kapitalmarktinformationen stellen. Dies führt zu einem Musterverfahren beim zuständigen Oberlandesgericht. Alle Verfahren, bei denen es auf die vorgelegten Fragen ankommt, werden ausgesetzt, bis das Oberlandesgericht entschieden hat. Der sogenannte Musterentscheid hat dann bindende Wirkung für alle Beteiligten am Musterverfahren. Dasselbe gilt auch für die ausgesetzten Verfahren. Auf diese Weise werden auch die von Ihnen geschilderten Überschneidungen und unterschiedlichen Urteile vermieden.
Mit freundlichen Grüßen
Burkhard Lischka, Mdb