Frage an Burkhard Lischka von Wilfried M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
ich habe vier Fragen an Sie:
1. Herr Wolfgang Lieb von den "Nachdenkseiten" stellt nach dem Pro- ESM- Urteil aus Karslruhe unter anderem die naheliegende Frage, warum den Parlamentariern der anderen betroffenen Länder nicht die gleichen „umfassenden“ Unterrichtungsrechte zustehen sollten, wie den deutschen Volksvertretern (link 1).
Wie lautet Ihre Antwort?
2. Wie stehen Sie und Ihre Parteiführung zu dem global agierenden System Scientology/OSA/WISE/ABLE, über deren Geheimdienst- Seite zuletzt im Fernsehen (ARTE: "Das Auge von Scientology", link 2) ausführlich berichtet wurde?
3. Haben Sie - als Volksvertreter - Interesse an Informationen über Scientology zumindest analoge Organisationen / Strukturen / Abläufe/ Haltungen mit psychopathogenen Auswirkungen auf Betroffene z.B. in der deutschen Sorgerechtspraxis oder wissen Sie darüber schon genug?
4. Würden Sie im Falle eines SPD- Sieges bei der Bundestagswahl 2013 bzw. bei einer infrage kommenden Regierungsbeteiligung Ihrer Organisation endlich ein Verbot der - von dem früheren bayerischen Ministerpräsidenten Dr. jur. Beckstein in der besagten Sendung mit der Stasi verglichenen, von dem Juristen Ingo Heinemann ebanda als verfasssungsfeindlich eingestuften - Organisation Scientology durchsetzen oder noch weiter abwarten wollen?
Mit frdl. Grüßen
Dipl. med. W. Meißner
Facharzt für Anatomie, Psychiatrie, Psychotherapie
Deutsches Institut für Totalitarismusabwehr
1) http://www.nachdenkseiten.de/?p=14445
2) http://www.youtube.com/watch?v=mFcrF3mLwyU
Sehr geehrter Herr Meißner,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 15.09.2012.
Sie beziehen sich in Ihrer Anfrage auf den Tenor des ESM-Urteils von letzter Woche. Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass die Entscheidungshoheit im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus weiterhin bei den deutschen Volksvertretern liegt. Dazu gehört ein Unterrichtungsrecht der Parlamentarier, welches eine „hinreichende parlamentarische Kontrolle des Europäischen Stabilitätsmechanismus durch den Deutschen Bundestag ermöglicht“. Die demokratische Legitimation von politischen Entscheidungen ist von grundlegender Bedeutung und wird auch in den anderen Ländern der Europäischen Union als zentral betrachtet. Jedoch besitzt jedes Land institutionelle und juristische Traditionen, die die parlamentarische Unterrichtung unterschiedlich deutlich definieren. Eine Übertragung des Urteils des Bundesverfassungsgericht auf andere europäische Staaten ist weder juristisch möglich noch politisch gewünscht.
Bezüglich Scientology darf ich Ihnen versichern, dass ich jegliche Form totalitärer Organisation bei Scientology ablehne. Ich stelle mich ausdrücklich gegen Bespitzelung und Überwachung der Mitglieder und die Beschattung von dezidierten Kritikern mit geheimdienstlichen Methoden wie im Falle des Office for Special Affairs (OSA), wie es in der Vergangenheit wiederholt bekannt geworden ist.
Für ein Verbot der Scientology-Sekte ist es verfassungsrechtlich notwendig, dass die Vereinigung gegen die Strafgesetze verstößt oder deren Zwecke und Tätigkeiten sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten. Seit 1997 wurde Scientology in Deutschland von verschiedenen Verfassungsschutzämtern der Länder und des Bundes überwacht. Inwiefern eine Verbotsverfügung möglich ist, muss sich in der Zukunft herausstellen. Meiner Meinung nach sollte unser Bemühen in der Aufklärungsarbeit über Scientology liegen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Burkhard Lischka