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Burkhard Lischka
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Frage von Marc E. •

Frage an Burkhard Lischka von Marc E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Lischka,

der Deutsche Bundestag hat im Jahr 2007 mit Unterstützung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands im "Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie" gegen den Widerstand weiter Teile der Bevölkerung erhebliche Einschränkungen der bürgerlichen Freiheit beschlossen.
Teile der Abgeordneten, unter anderem Ihr Vorgänger, stimmten dem Gesetzentwurf zu, obwohl eine Untersuchung des Freiburger Max-Planck Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen anzweifelt (siehe
http://www.bmj.bund.de/files/-/3045/MPI-GA-2008-02-13%20Endfassung.pdf)
Noch interessanter: die Bundesnetzagentur versucht Anbieter nicht-kommerzieller Dienstleistungen im Internet zur Vorratsdatenspeicherung zu zwingen, obwohl sogar EU-Kommissarin Reding dies nicht für erforderlich hält.
Welche Intentionen haben Sie persönlich, und die SPD Fraktion im Deutschen Bundestag dieses nach Expertenmeinung ungeeignete Gesetz aufheben zu lassen?

Mit freundlichen Grüssen,
M. Enzmann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Enzmann,

zunächst einmal möchte ich mich aufrichtig bei Ihnen dafür entschuldigen, dass Ihre Frage unglaubliche 11 Monate lang offen geblieben ist. Eine bereits im November formulierte Antwort scheint im „Datennirvana“ verschwunden zu sein.

Nun zu Ihrer Frage: als Jurist teile ich die von Ihnen vorgebrachte Kritik am Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen. Bereits vor der Ratifizierung des Gesetzes bestanden erhebliche Bedenken hinsichtlich seiner Verfassungsmäßigkeit: Die anlass- und verdachtsunabhängige Speicherung personenbezogener Daten aller Telekommunikationsteilnehmer/-innen auf Vorrat und allein zum Zweck der Strafverfolgung verstößt gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit. Denn diese hochempfindlichen, persönlichen Daten dürften grundsätzlich nur dann gespeichert werden, wenn dies zu einem bestimmten, gesetzlich zugelassenen Zweck erforderlich sind. Sind sie nicht oder nicht länger erforderlich, müssen sie gelöscht werden.

Daher hat das Bundesverfassungsgericht das Gesetz auch am 2. März 2010 für unvereinbar mit dem Grundgesetz und damit für nichtig erklärt. Allerdings hat es damit die Vorratsdatenspeicherung als solche nicht grundsätzlich für unzulässig erklärt.

Meines Erachtens müssen im Falle einer Vorratsdatenspeicherung klare Voraussetzungen eingehalten werden: sensible personenbezogene Daten müssen dezentral gespeichert werden und sie bedürfen einer besonderen Sicherung. Darüber hinaus, muss zu jeder Zeit sichergestellt bleiben, dass die Nutzung solcher Daten auf die Fälle schwerster Kriminalität beschränkt bleibt. Eine Speicherung personenbezogener Daten, ohne dass ein Anfangsverdacht oder konkrete Hinweise auf Gefahren bestehen, lässt sich meiner Meinung nach nicht rechtfertigen.

Herzliche Grüße,
Ihr Burkhard Lischka