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Britta Haßelmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Reinhard G. •

Wäre die „3G Regel“ für Bus und Bahn, über die derzeit diskutiert wird, nicht unverhältnismäßig?

Sehr geehrte Frau Britta Haßelmann,

wie kommen dann die nicht geimpften Menschen, die kein Auto haben (sei es aus Umweltgründen, geringem Einkommen oder mangelnder Fahrfähigkeit) dann beispielsweise zu einem Arzt, ohne sich lange beim Testzentrum anstellen zu müssen? Viele kommen so erst nicht einmal zu einem Testzentrum? Wäre solch ein Beschluss nicht allgemein ein viel zu tiefer Eingriff in das Leben der Menschen?

Auch die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat sich in einer Resolution gegen die Diskriminierung Nicht-Geimpfter gewandt.
Laut Beschluss Nummer 2361 sei sicherzustellen, dass niemand wegen Nicht-Impfung diskriminiert wird (7.3.2). Die Bürger sollen darüber informiert werden, dass „niemand unter politischem, sozialem oder sonstigem Druck steht, sich impfen zu lassen“. (7.3.1)
https://institut-trivium.org/wp-content/uploads/2021/07/Europarat-Resolution-2361-2021.pdf

Viele Grüße

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr G.,

die Delta- sowie die anlaufende Omikron-Welle der Corona-Pandemie sind dramatisch. Laut Robert-Koch Institut sind die Fallzahlen der vergangenen Wochen höher als alle Werte, die auf dem Höhepunkt vorangegangener Erkrankungswellen verzeichnet wurden. Ein drohender Kollaps der Gesundheitsversorgung in vielen Regionen des Landes ist alarmierend und in den Kliniken und Pflegeheimen wird Unermessliches geleistet. Auch vor diesem Hintergrund sind die Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise laufend zu prüfen und schrittweise anzupassen.

Wie viele Expertinnen und Experten halte auch ich die bundesweite 3G-Regelung im Fern- und Nahverkehr ebenso wie am Arbeitsplatz für angemessen und dieser sehr ernsten Lage gerecht. Mit 3G und Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln wollen wir sicherstellen, dass Mobilität und Reisen auch bei hohem Infektionsgeschehen weiterhin sicher möglich ist.

Bezüglich der von Ihnen zitierten Stellungnahme des Europarates möchte ich anmerken, dass im Einklang mit Artikel 168 Absatz 7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union die Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer nationalen Gesundheitspolitik sowie für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung verantwortlich sind. Die nationalen Regierungen entscheiden auf der Grundlage der nationalen epidemiologischen und sozialen Lage des jeweiligen Landes über die spezifischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie. Insbesondere die Zuständigkeit für Impfstrategien, -programme und -leistungen liegt bei den Mitgliedstaaten, in diesem Fall bei Deutschland. Dies gilt auch für die Rechtsvorschriften über Impfungen.

Impfen ist unser bestes Instrument, um mittelfristig der COVID-19 Pandemie Einhalt zu gebieten. Wer sich impfen lässt, schützt nicht nur sich, sondern auch andere. Die erreichten Impfquoten reichen dafür aber noch nicht aus, wie die dramatischen Infektionszahlen und die Lage auf den Intensivstationen zeigen. Im Dezember haben wir im Bundestag und Bundesrat eine einrichtungsbezogene Impfpflicht beraten und beschlossen. Sie gilt mit dem Ziel vor allem besonders verletzliche Gruppen, wie ältere und vorerkrankte Menschen, besser zu schützen. Aktuell beraten wir die Frage, ob eine allgemeine Impfpflicht mit Blick auf weitere Wellen und weitere Beschränkungen nicht das mildere Mittel darstellt. Die Antwort auf diese Frage lässt sich nur in einem intensiven Austausch mit Expertinnen und Experten treffen, denn eine allgemeine Impfpflicht für Erwachsene bedeutet einen Eingriff in die Grundrechte jedes einzelnen Menschen. Eine Orientierungsdebatte zu einer allgemeinen Impfpflicht werden wir in der Sitzungswoche ab dem 24. Januar 2022 führen. Es ist jedoch klar, dass die anhaltende Pandemie und das Virus sich ändern und damit auch unsere Bewertung der Lage und die Bewertung der notwendigen Schritte zur Eindämmung des Virus.

Mit besten Grüßen

Britta Haßelmann

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