Portrait von Britta Haßelmann
Britta Haßelmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Rainer L. •

Frage an Britta Haßelmann von Rainer L. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Haßelmann,

wie ist Ihre Meinung zum bedingungslosen Grundeinkommen?

Mit freundlichen Grüßen

R. L.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr L.,

ich habe die Diskussionen um die Einführung eines "Existenzgeldes" wie es damals hieß und Diskussion um ein Bedingungsloses Grundeinkommen immer mit begleitet, mich aber selbst nicht für die Einführung des BGE ausgesprochen.
Ich sehe eine Reihe von ungeklärten Fragen, auf die wir Antworten brauchen. So befürchte ich, dass ein BGE in den Händen von neoliberalen Politikern zum radikalen Abbau unseres Sozialstaates missbraucht werden kann. Ideen eines Bürgergeldes oder des BGE werden von einigen verknüpft mit einer Infragestellung bzw. ersatzloser Streichung von wichtigen und notwendigen Hilfsangeboten und gesetzlichen Ansprüchen der Sozialgesetzgebung. Was ist mit Hilfen und Unterstützung die Menschen brauchen, die heute keine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben, aber gerne arbeiten würden? Oder wie werden Hilfen und berechtigte Ansprüche für Menschen mit Behinderungen sichergestellt? Diese und andere besondere Bedarfe und Hilfen werden sich nicht durch BGE abbilden lassen.
Die BGE-Bewegung hat mit dazu beigetragen, dass wir intensiv über gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen und Engagement diskutieren.

Wir Grüne wollen diese Ideen weiter diskutieren und dazu eine Kommission einberufen. Das finde ich richtig und gut. In unserem Wahlprogramm haben wir deshalb beschlossen: "Wir wollen eine breite gesellschaftliche Debatte vorantreiben und Fragen von einer Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens, das gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, über die Frage einer Wertschöpfungsabgabe bis hin zu institutionellen Reformen der Sicherungssysteme in den Blick nehmen. Viele von unseren Vorschlägen von der Kindergrundsicherung bis zur Garantierente wurden auch von dem Vorschlag eines Grundeinkommens beeinflusst. Wir wollen diese Ideen weiterdiskutieren. Wir brauchen Antworten auf bisher nicht geklärte Fragen. Dabei wollen wir auch Erfahrungen aus anderen Ländern berücksichtigen und das Grundeinkommen in einem Modellprojekt erproben."

Unabhängig davon gibt es viel zu tun in der Arbeitsmarkt und Sozialpolitik:

Als Grüne haben wir uns intensiv mit der von Rot-Grün auf den Weg gebrachten Agenda 2010 befasst und diese kritisch reflektiert. Wir haben uns für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns stark gemacht, dessen Einführung wir von Anfang an gefordert hatten und der längst überfällig war. Wir fordern seit Jahren, dringend etwas gegen prekäre Beschäftigung zu tun und Menschen in der Leiharbeit besser zu schützen. Wir fordern gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit und vom ersten Tag an. Außerdem drängen wir seit Jahren darauf, das Fördern in den Arbeitsagenturen in den Vordergrund zu stellen und auch zu finanzieren. Im Hinblick auf das Fördern von Menschen, die arbeitslos sind, fordern wir seit langem gute Beratung, mehr Qualifizierung und einen verlässlichen, sozialen Arbeitsmarkt für Menschen, die langzeitarbeitslos sind. Die Grundsicherung muss so berechnet und erhöht sein, dass man menschenwürdig davon leben kann. Wir wollen die Rechte der Leistungsberechtigten stärken und wollen Sanktionen abschaffen.

Wir machen uns stark für die Bekämpfung von Armut und Ungleichheit und für mehr Soziale Sicherheit. Auch hier gibt es viel zu tun: Leiharbeit, prekäre Beschäftigung, gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, eine Kindergrundsicherung und eine Garantierente und einiges mehr. Wir haben außerdem beschlossen, dass das ALG II in Zukunft sanktionsfrei sein soll. Das Fördern im ALG II muss viel mehr Gewicht bekommen, wir wollen einen verlässlichen, sozialen Arbeitsmarkt und die passiven Leistungen des ALG II in aktive Leistungen bzw. sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse umwandeln. Kurzzeitbeschäftigte sollen schon nach 4 Monaten ALG I beziehen können. Und die Regelsätze im ALG II sollen erhöht werden.

Sozialpolitik bedeutet aber gleichzeitig für gute Bildung und Teilhabechancen zu sorgen. Deshalb brauchen wir gute öffentliche Einrichtungen von der Kita, der Schule, dem Schwimmbad über das Theater bis zum ÖPNV. Als kommunalpolitische Sprecherin meiner Fraktion stehe ich für eine gute Ausstattung der Kommunen und gezielte Hilfen für strukturschwache Städte und Gemeinden. Gerade in den strukturschwachen Regionen mit schlechter Infrastruktur dürfen wir die Menschen nicht allein lassen.
Hier brauchen wir mehr Investitionen - und auch hierfür brauchen wir das nötige Geld.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen.

Herzliche Grüße
Ihre Britta Haßelmann

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