Frage an Björn Tschöpe von Stephan R. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Tschöpe,
1.) Mein Sohn arbeitet bei der Bremer Feuerwehr. Ich mache mir Sorgen, da durch die Sparanstrengungen Bremens das Leben meines Sohnes leichtfertig aufs Spiel gesetzt wird. In allen Bundesländern gilt bei einem sogen. "Wohnungsbrand bei denen Personen in der Wohnung sind" ein Ansatz von 10 Feuerwehrmännern in 8 Minuten. Bremen hat im Alleingang diesen bundesweiten Standard auf 8 Feuerwehrmänner in 10 Minuten reduziert. In der Praxis bedeutet dies, dass mein Sohn häufig ohne den in der Feuerwehrdienstvorschrift geforderten Reservetrupp, der als Sicherungstrupp im Falle eines Unfalles oder einer Notlage für die in das Gebäude gehenden Feuerwehrtrupps bereitstehen muss erst auf der Anfahrt zur Einsatzstelle ist. Auch bei dem Feuer in der Straße "Am Wandrahm" in unmittelbarer Nähe zur Feuerwache, haben sich Kollegen meines Sohnes in unnötige Lebensgefahr begeben müssen, da sie zu zweit mit einer Drehleiter als erste und einzige Rettungskräfte vor Ort wahren. Sind wir Bremer weniger schützenswert als andere Bundesländer?
2.) Ich sehe persönlich die Förderalismusreform in diesem Zusammenhang kritisch, da Sie die Bundesländer zu Vergleichsobjekten macht, um immer mehr Leistungen des Bundes und der Länder zu reduzieren, Stellen zu kürzen und Verantwortungen abzuwälzen. Wie stehen Sie zu einer Abschaffung dieser Reform?
Sehr geehrter Herr Reuther,
a)
als ehemaligem Rettungsassistenten liegen mir die Arbeitsbedingungen im Rettungsdienst und bei der Feuerwehr am Herzen. Nach meiner Erinnerung ist die Standardreduzierung Mitte der 90er Jahre während meiner noch aktiven Rettungsdienstzeit vorgenommen worden. Als Mitglied der Innendeputation von 2003-2009 ist mir in meinen Gesprächen mit der Feuerwehrleitung, dem Personalrat, den Gewerkschaften und ehemaligen Kollegen keinmal bedeutet worden, daß es hierdurch zu konkreten Gefährdungen der Kollegen oder der Bevölkerung gekommen sei. Gerne fasse ich nach, ob dieser Zustand sich nachteilig verändert hat und informiere Sie entsprechend. Hierfür bitte ich Sie um Übersendung Ihrer email-adresse. Rettungsdienstler und Feuerwehrleute retten Leben, Aufgabe des Staates ist es deshalb dafür zu sorgen, daß sie bei ihrer sowieso schon gefahrvollen Arbeit weitgehend geschützt werden. Sollten sich hier Handlungsnotwendigkeiten ergeben, müssen die vorhandenen Kräfte der Feuerwehr noch mehr auf den Einsatzdienst konzentriert und insgesamt ein aufgabenkritischer Reformprozeß unter Beteiligung von Mitarbeitern, freiwilligen Feuerwehrleuten und anderen Akteuren in der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr, eingeleitet werden.
b)
Die Föderalismusreform II hat versucht die Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern und den Ländern untereinander weiterzuentwickeln. Leider kein Gegenstand dieser Reform waren Überlegungen dahingehend die Einnahmen des Staates an die notwendigen Ausgaben anzupassen. Lediglich ist eine sogenannte Schuldenbremse vereinbart worden. Da die Länder kaum Möglichkeiten haben eigenständige Einnahmen zu generieren, sind sie bei der Einnahmenseite auf die Entscheidungen des Bundes angewiesen. Die Länder selbst können nur ihre Ausgaben diesen meist vorgegebenen Einnahmen anpassen. Auch hier sind sie nicht frei, da viele Ausgaben beispielsweise im Sozialbereich bundesgesetzlich vorgegeben sind. Dieses verschärft den Spardruck in den gestaltbaren Teilen des Haushaltes und hierdurch kommt es zu den von Ihnen beschriebenen Auswirkungen.
Nötig zur Verbesserung der Situation ist m.E. ein Vierklang:
1) Erhöhung der Einnahmen des Gesamtstaates durch Erhöhung der Erbschafts- und Vermögenssteuern, Finanztransaktionssteuern, Bankenabgabe etc.. 2) Aufgabengerechte Verteilung dieser Einnahmen auf Bund/Länder und vor allem Gemeinden. 3)Sparanstrengungen aller Gebietskörperschaften, um vermeidbare Ausgaben zu vermeiden. 4) gesamtstaatliche Lösung der Altschuldenproblematik.
Die FöKo II hat nur bei Nr. 2 angesetzt. Eine schliche Rückgängigmachung wird das Problem nicht lösen können, allerdings würde dieses die Situation Bremen weiter verschlechtern, da dann auch die vereinbarten Konsolidierungshilfen in Höhe von € 300 Mio. p.A. entfallen.
Gerne stehe ich, auch nach der Wahl, zu einem persönlichen Austausch über die Haushalt- und die Finanzverhältnisse Bremens zur Verfügung. Sie können unter 0421-336770 gerne einen entsprechenden Termin vereinbaren.
Mit freundlichen Grüßen
Björn Tschöpe