Frage an Birgit Malecha-Nissen von Magret B.
Guten Tag Frau Dr. Malecha-Nissen,
im November wird der Bundestag über die Verlängerung und Ausweitung des Bundeswehrmandats in Syrien entscheiden. Durch die Ausweitung um die AWACS-Aufklärungsflugzeuge würde diese Beteiligung Deutschlands am Krieg eine neue Dimension bekommen. Denn dadurch würde auch die NATO Kriegspartei! Das wäre eine neue Stufe der Eskalation und eine zusätzliche Gefahr der Konfrontation mit Russland. Zwar habe ich aufgrund Ihres Abstimmungsverhaltens über Bundeswehreinsätze in der Vergangheit wenig Hoffnung, Sie in dieser Frage umstimmen zu können, aber ich bitte Sie dennoch, zivile Lösungen für Syrien zu favorisieren. Zum Frieden machen muss man bereit sein, manchmal auch auf die Knie zu gehen und sich notfalls mit Verbrechern an einen Tisch setzen. Der Friedensnobellpreisträger Willy Brandt wusste und konnte das. Können Sie das nicht auch?
Wenn nicht, können Sie nicht wenigstens versuchen dafür zu sorgen, dass die finanziellen Mittel, die für Militäreinsätze aufgewendet werden in gleicher Höhe für zivile Lösungen aufgewendet werden - notfalls durch Splitten der Militärausgaben? Die "Erfolge" der weltweiten Bundeswehreinsätze zeigen doch, dass damit der Friede in den betroffenen Ländern in immer weitere Ferne rückt. Muss denn erst fast die ganze arabische Welt am Boden zerstört sein - so wie Deutschland nach dem 2. Weltkrieg - bevor die Mehrheit im Bundestag begreift, dass es keinen gerechten Krieg gibt und Krieg nie die Lösung ist? Bitte helfen Sie mit - beim Frieden machen ohne Waffen.
Sehr geehrte Frau Bonin,
ich danke Ihnen für Ihre Nachricht zum Syrien-Einsatz der Bundeswehr, zu der ich Ihnen nun gerne eine Antwort schicke.
Zunächst will ich sagen, dass ich gegen die Verlängerung des Bundeswehr-Einsatzes gegen den sog. IS gestimmt hätte. Leider musste ich mich für den Tag krankmelden und konnte deshalb nicht mit abstimmen. Bereits vor einem Jahr habe ich gegen den Einsatz gestimmt. Da sich bis heute an den Fakten nicht wesentlich etwas geändert hat, halte ich den Einsatz auch weiterhin für falsch.
Die Anschläge, die aus dem Umfeld der terroristischen Organisation des sog. IS verübt wurden und werden, verurteile ich. Meine Solidarität gilt den Angehörigen und Opfern. Wir müssen uns dem sog. IS entschieden entgegen stellen und das Übel an der Wurzel packen. Das beinhaltet für mich u. a. die Verhinderung von Anwerbung und Ausreise ausländischer terroristischer Kämpfer oder die Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus. Ganz klar gehören auch Waffenlieferungen aus Deutschland dazu, von denen einige kritisch hinterfragt werden müssen. Jede Waffe, die nicht in die Krisenregion geliefert wird, ist eine Waffe weniger, mit der Menschen getötet werden können. Hier werbe ich für mehr Zurückhaltung.
Exportieren müssen wir viel mehr unsere soft power. Der diplomatische Ansatz unseres Bundesaußenministers Frank-Walter Steinmeier ist ein wichtiger Beitrag. Ich setze mich für Aussöhnung und Friedengespräche statt unreflektierter Maßnahmen ein. Die Koalition so vieler Staaten, die rund um Syrien derzeit operieren, ist leider viel zu divers, als dass sie einheitlich und gemeinsam für Frieden sorgen könnte. Zumal die Art des Einsatzes leider viel zu viele Opfer mit sich bringt, die wiederum anfällig für den Terrorismus sind.
Ich halte es für wichtig, die anti-islamischen Ideologie des sog. IS zu demaskieren. Entspannungspolitik und Aussöhnung sowohl der verschiedenen muslimischen Gruppen als auch der großen Akteure wie Russland und die USA sind der bessere Weg. Eine friedliche Weltpolitik kann nur erreicht werden, wenn wir partnerschaftlich und auf Augenhöhe sowohl mit der muslimischen Welt, als auch mit Russland, kurzum mit allen Akteuren Politik machen. Deshalb sind mir die Vereinten Nationen auch besonders wichtig. Ich setze mich für einen in der UN verabschiedeten Plan zur Befriedung und vor allem für den Wiederaufbau ein. Wenn ein solcher vorliegt und damit die zivile Komponente eine entscheidende Rolle spielt, könnte ich einem Einsatz der Bundeswehr in der Region zustimmen. Dem Mandat, wie es die Bundesregierung letzte Woche dem Bundestag vorgelegt hat inklusive der Erweiterung um AWACS-Flugzeuge, hätte ich meiner dargestellten Position entsprechend deshalb nicht zustimmen können.
Sehr geehrte Frau Bonin, ich hoffe, Ihnen damit meine Haltung zu dem Thema näher gebracht zu haben, und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Ihre
Birgit Malecha-Nissen