Frage an Birgit Malecha-Nissen von Axel B. bezüglich Gesundheit
Guten Tag Frau Malecha-Nissen,
da Sie annscheinend auf Mails nicht antworten formuliere ich meine Frage mal hier. Lesen Sie sich doch bitte einmal durch was die Bundesregierung mit behinderten Menschen vor hat: http://nichtmeingesetz.de/2016/05/10/die-10-groessten-maengel-des-entwurfs-zum-bundesteilhabegesetz/
Nach dem sie sich das durchgelesen haben bitte ich Sie um eine Stellungnahme zu dem geplanten Bundesteilhabegesetz. Es kann und darf nicht sein das hier nicht integriert wird sondern abgeschoben und Armut erzeugt wird. Ich biite Sie dringend nicht für dieses Gesetz zu stimmen.
MfG
Axel Bleß
Sehr geehrter Herr Bleß,
ich danke Ihnen sehr für Ihre beiden Nachrichten an mich vom 10. und 14. Mai, in denen Sie mich um Stellungnahme zum Bundesteilhabegesetz bitten.
Die Schaffung eines modernen Bundesteilhabegesetzes ist ein Auftrag, der sich bereits aus dem zwischen SPD und CDU/CSU vereinbarten Koalitionsvertrag ergibt und den wir erfüllen werden. Wir wollen, dass alle Menschen – mit und ohne Behinderung – gleichberechtigt und selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Deshalb freue ich mich, dass nach einem langen Beratungsprozess der Referentenentwurf unserer Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles, vorgelegt wurde. Nach dem Motto „nicht über uns ohne uns“ wurde der Entwurf auf der Grundlage eines achtmonatigen Beteiligungsprozesses unter Einbeziehung von Betroffenenverbänden, Ländern, Kommunen und Sozialpartnern erstellt. Es war also immer unser Anliegen, die Betroffenen mitzunehmen und von ihren Herausforderungen im täglichen Leben zu lernen.
Klar ist, dass der parlamentarische Prozess jetzt erst beginnt. Aktuell liegt lediglich der Referentenentwurf vor, ein Kabinettsbeschluss ist im Juni geplant. Mittels Anhörungen und Lesungen im Deutschen Bundestag werden wir Bundestagsabgeordneten anschließend daran arbeiten, ein für alle Beteiligten gutes Gesetz zu verabschieden. Hierfür sind Hinweise und Anregungen wie die Ihre hilfreich und wichtig für mich.
Lassen Sie mich auf ein paar inhaltliche Punkte eingehen, die im aktuellen Referentenentwurf in meinen Augen klare Verbesserungen sind:
Die Abschaffung der Anrechnung von Einkommen und Vermögen bei Inanspruchnahme von Leistungen der Eingliederungshilfe ist eines unserer Ziele. Mit dem neuen Bundesteilhabegesetz werden wir uns diesem Ziel in einem ersten großen Schritt spürbar annähern. Es wird eine deutliche Ausweitung bei der Festlegung der Einkommens- und Vermögensgrenzen enthalten. Eine Behinderung darf nicht länger dazu führen, dass Menschen an der Grenze des Existenzminimums leben, obwohl sie einer Erwerbsarbeit nachgehen und eigenes Einkommen erwirtschaften. Zum Recht auf Selbstbestimmung zählt auch, sich für eine Partnerschaft und Familiengründung entscheiden zu können. Es ist daher nur folgerichtig, auch das Partnereinkommen von der Einkommens- und Vermögensanrechnung freizustellen.
Ein selbstbestimmteres Leben wird durch die Reform der Eingliederungshilfe ermöglicht. Dabei handelt es sich um individuelle Hilfen, die behinderungsspezifische Bedarfe z. B. beim Besuch einer Hochschule oder persönlicher Assistenz abdecken, um eine vollwertige Teilhabe sicherzustellen.
Bessere Teilhabe an Arbeit schaffen wir mit mehr Übergängen in Arbeit. Durch die Zulassung anderer Anbieter neben den Werkstätten für behinderte Menschen und die Einführung eines Budgets für Arbeit wird es mehr an der individuellen Leistungsfähigkeit ausgerichtete Beschäftigungsmöglichkeiten geben. Den vielfältigen Bedürfnissen behinderter Menschen soll dadurch Rechnung getragen werden, dass neue, näher an der betrieblichen Praxis ausgerichtete, Beschäftigungsmodelle möglich werden.
Die soziale Teilhabe stärken wir durch eine Neustrukturierung, Ergänzung und Konkretisierung von verschiedenen Leistungstatbeständen im SGB IX. Insbesondere wird erstmals klarstellend ein eigener Tatbestand für Elternassistenz geschaffen. Damit erhalten Mütter und Väter mit Behinderungen die erforderlichen Leistungen bei der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder aus einer Hand.
Im Schwerbehindertenrecht werden die Schwerbehindertenvertretungen und Werkstatträte gestärkt: Die Mitbestimmung von Menschen mit Behinderungen in den Schwerbehindertenvertretungen der Betriebe wird durch mehr Ansprüche auf Freistellungen und Fortbildungen verbessert.
Nun gilt es, die Passagen im Referentenentwurf in den Blick zu nehmen, die noch Verbesserungspotential haben. Beispielsweise verstehe ich gut, dass individuelles Wohnen statt des Wohnens im Heim weiter regulär möglich sein muss. Betroffene dürfen nicht gegen ihren Willen in ein Heim kommen. Auch die Festschreibung, dass in mindestens fünf von neun Lebensbereichen ein Hilfebedarf gegeben sein muss, scheint mir eine unnötige, neue Zugangshürde zu sein. Zudem muss eine Teilhabe am Arbeitsleben durch flexible Regelungen für alle umgesetzt werden. Auch Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf haben ein Recht auf eine für sie erreichbare Teilhabe am Arbeitsleben und Beschäftigung. Des Weiteren muss es auch für Menschen mit Behinderung möglich sein, Geld für später sparen und Aufgebautes an Nachkommen vererben zu können.
Für mich ist klar, dass das Gesetz am Ende Verbesserungen für behinderte Menschen beinhalten muss. Nur dann werde ich dem zustimmen.
Sehr geehrter Herr Bleß, seien Sie versichert, dass ich das Gesetzesvorhaben aufmerksam verfolgen werde.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Position verständlich machen und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Ihre
Birgit Malecha-Nissen