Frage an Birgit Malecha-Nissen von Wolfgang K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dr.Malecha-Nissen
Warum Das Asylpaket II ?
Wenn das klar ist?
http://www.amnesty.de/presse/2016/2/3/das-asylpaket-ii-menschenrechte-gefahr
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Kruse
Sehr geehrter Herr Kruse,
ich danke Ihnen sehr für Ihre Frage an mich zum Asylpaket II.
Mein Votum für das Asylpaket II habe ich mir nicht leicht gemacht, sehr viel habe ich darüber nachgedacht. Letztlich haben die Aspekte für mich überwogen, die dazu beitragen, dass unsere Gesellschaft die große Herausforderung durch die vielen flüchtenden Menschen auch bewältigen kann.
Denn es kommt jetzt darauf an, dass die Registrierung der Ankommenden zügig voran geht, dass Asylverfahren beschleunigt werden und dass Verfahren optimiert werden. Hier wird Handlungsfähigkeit des Staates erwartet und darauf haben die Bürger ein Anrecht. Im Asylpaket II kann ich deshalb den Punkten zustimmen, die die Verfahren beschleunigen und die Registrierung verbessern sowie den Kinderschutz in den Einrichtungen durch die Pflicht eines erweiterten Führungszeugnisses für Helfer vorsehen. Insbesondere begrüße ich, dass dadurch der unsinnige und inhumane Vorschlag von Transitzentren an den Grenzen vom Tisch ist. Wichtig ist auch, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nochmals zusätzliche 4.000 Stellen erhält. Dass Marokko, Algerien und Tunesien zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden, halte ich auch für richtig. Ein Asylantrag aufgrund individueller Verfolgung, wie sie im Recht auf Asyl definiert ist, bleibt davon unbenommen. Probleme sehe ich beim Thema Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte. Ich habe Sorge, dass sich dadurch Familienangehörige gezwungen sehen, auf gefährlichen Fluchtrouten der Familie nachzureisen. Viel zu oft sind es Frauen und Kinder, die so in unmenschliche Gefahr gebracht werden. Ich vertraue deshalb darauf, dass nach Ende der zweijährigen Aussetzung der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte wieder aufgenommen wird, wie es das Gesetz vorsieht. Trotz dieser Bedenken habe ich dem Asylpaket II zugestimmt, weil ich es für wichtig halte, dass Verfahren beschleunigt, Helfer entlastet und Flüchtlinge durch intensivierte Integrationsmaßnahmen unterstützt werden.
2016 muss das Jahr werden, in dem die Weichen für gelungene Integration gestellt werden. Dabei stehen Spracherwerb, Bildung und Arbeitsplätze im Vordergrund, damit Flüchtlinge mit Bleibeperspektive ein Teil unserer Gesellschaft werden und damit auch allen etwas zurückgeben können. Zum Beispiel durch steuerpflichtige Arbeit: Bereits nach drei Monaten können sich Asylbewerber und Geduldete mittlerweile auf dem regulären Arbeitsmarkt bewerben. Am Mindestlohn für Flüchtlinge darf hier natürlich nicht gerüttelt werden. Sprachkurse müssen den Asylbewerbern ab dem 1. Monat ermöglicht werden – hier haben wir noch großen Nachholbedarf. Viele Fragen sich, ob es sich lohnt, so viel Geld in Integration zu stecken. Ich sage, auch wenn Flüchtlinge unser Land wieder verlassen, dass sich der Aufwand lohnt. Denn wenn wir den Flüchtlingen die Chance geben, an unserem Leben teilzunehmen und ihnen unsere Werte der Demokratie näherbringen, nehmen diejenigen, die uns irgendwann wieder verlassen, dies als Friedensgedanken mit in ihre Heimatländer.
Sehr geehrter Herr Kruse, ich danke Ihnen nochmals für Ihre Nachricht, die mich u. a. dazu veranlasst hat, einmal grundsätzlich aufzuschreiben, wie ich mich im Themenfeld der Asyl- und Flüchtlingspolitik verorte. Nachlesen können Sie dies hier:
http://malecha-nissen.de/berlin/positionen/
Ich hoffe, Ihnen damit einen Einblick in die Gründe für mein Abstimmungsverhalten gegeben haben zu können und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Ihre
Birgit Malecha-Nissen