Frage an Birgit Malecha-Nissen von Eren I. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Dr.Birgit Malecha-Nissen,
wir wenden uns Sie heute an Sie als Abgeordneter des Wahlbezirks, in dem unsere Schule liegt. Wir sind Schüler der Freiherr-vom-Stein-Gemeinschaftsschule in Neumünster.
Im Rahmen unseres WPU-Kurses „Umgang mit dem PC“ beschäftigen wir uns momentan mit dem Thema „Big Data und Datenschutz“. Wir haben uns dem Thema genähert, indem wir uns mit für uns wichtigen Werten auseinandergesetzt haben und dabei feststellen konnten, dass neben Familie, Freunden und Gesundheit auch der Schutz unserer Privatsphäre für uns wichtig ist.
Wir haben uns mit der Funktionsweise, der Zielrichtung und den Vor- und Nachteilen von Big Data befasst und haben uns unter anderem AGBs und Datenschutzrichtlinien von sozialen Netzwerken wie z. B. WhatsApp oder Facebook angesehen. Uns ist dabei aufgefallen, dass diese für uns Jugendliche zu schwer verständlich sind.
Wie Sie vielleicht wissen, ist unsere Schule Modellschule des Landes Schleswig-Holstein für „digitales Lernen“. Wir arbeiten regelmäßig zum Thema Medien im Unterricht, nutzen sie intensiv und lernen im alltäglichen Arbeiten viele Kompetenzen in diesem Bereich dazu. Unter anderem haben wir jährlich Medienkompetenztage mit externen Experten.
Wir wollten Sie heute fragen, ob die Politik daraufhin wirken kann, dass AGBs und Datenschutzrichtlinien von Firmen, die Angebote für Jugendliche bereithalten, für größere Nutzerkreise verständlicher formuliert werden können. Vielleicht gibt es in diesem Bereich schon Initiativen, von denen wir noch keine Kenntnis haben, die in diese Richtung wirken.
Über eine Antwort von Ihnen würden wir uns sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Eren, Talha, Justin und Nicolas
Liebe Schüler der Freiherr-vom-Stein-Gemeinschaftsschule in Neumünster,
liebe Eren, Talha, Justin und Nicolas,
ich bedanke mich sehr für eure Nachricht zu den Themen der Digitalisierung und des Datenschutzes. Gerne will ich euch den Stand der Gesetzeslage mitteilen.
Die Digitalisierung und die weltweite Vernetzung verändern unser Leben und unsere Gesellschaft, unseren Alltag, unsere Bildungswege und unsere Arbeitswelt. Wie schon im 19. Jahrhundert im Zuge der Industrialisierung stehen Gesellschaft und Politik heute wieder vor der Aufgabe, einer technischen Revolution einen Rahmen zu geben.
Der Anspruch der SPD-Bundestagsfraktion ist es, aus dem epochalen technischen Fortschritt der Digitalisierung auch einen gesellschaftlichen Fortschritt zu machen - für eine offene, freie und demokratische digitale Gesellschaft. Dabei verstehen wir die Digitalisierung als Chance für unsere Gesellschaft, ohne die Augen vor den möglichen Problemen zu verschließen.
Ein Mehr an gesellschaftlicher Teilhabe in der digitalen Gesellschaft setzt voraus, dass alle Bürgerinnen und Bürger in der Lage sind, sich selbstständig und selbstbewusst in der digitalen Gesellschaft zu bewegen. Unser Bildungssystem muss mit diesen Anforderungen Schritt halten, damit Jung und Alt die Fähigkeiten entwickeln, um die Potenziale des Internets nutzen zu können.
Dazu gehört auch, dass die Nutzerinnen und Nutzer fähig sind, souverän darüber zu entscheiden, wem sie wann welche personalisierten Daten zur Verfügung stellen. Datensouveränität und digitale Innovationen gehören für mich zusammen. Deshalb setze ich mich im Rahmen meiner politischen Arbeit für einen starken Verbraucherschutz im Internet und ein modernes Recht auf Privatsphäre ein.
Im Rahmen der Gesetzgebung zum Beispiel zum Kleinanlegerschutz haben wir von der SPD-Bundestagsfraktion bereits eine Initiative gestartet, Gesetzestexte einfacher zu formulieren. Konkret wurde die Gesellschaft für deutsche Sprache beauftragt, Vorschläge zu machen. Diese Aufgabe ist schwierig, denn juristisch sattelfeste Texte lassen sich nicht immer einfach formulieren. Aber wir sind optimistisch, dass sich die Vorschläge positiv auswirken werden. Gelingt dieses „Experiment“, werden die Sprachprofis künftig häufiger in die sprachliche Beratung von Gesetzgebungsverfahren eingebunden. Mehr Infos dazu finden sich hier: http://www.spdfraktion.de/presse/pressemitteilungen/gesetzestexte-sollen-verst%C3%A4ndlicher-werden
Ein solches Vorgehen halte ich auch für den von euch angesprochenen Bereich des Datenschutzes bei Angeboten insbesondere für junge Menschen für sinnvoll. Für dieses Thema ist die Datenschutzgrundverordnung von Bedeutung, die aktuell innerhalb der EU diskutiert und von uns Mitgliedern des Bundestages ebenfalls kritisch begleitet wird. Nach dem Willen des Rates der EU und des Europäischen Parlaments sollen Einwilligungserklärungen zur Datennutzung, wie sie in den AGB festgelegt werden, deshalb künftig verständlich und in klarer Sprache formuliert sein. Für die Bundesrepublik Deutschland ist unser Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz, Heiko Maas (SPD), derjenige, der im Rat der EU im sogenannten Trilog-Verfahren für weitere Verbesserungen eintritt. So wollen wir ein so genanntes Koppelungsverbot und eine Angemessenheitskontrolle erreichen. Das heißt, dass der Inhalt nicht überraschend sein darf und man sich als Verbraucher darauf verlassen kann, dass einem mit der Einwilligung nicht völlig überraschende Klauseln untergeschoben werden.
Ausführliche Informationen dazu findet ihr auch im Eckpunktepapier der SPD-Bundestagsfraktion für eine moderne und durchsetzungsstarke Verbraucherpolitik in der digitalen Welt. Schaut euch in diesem insbesondere die Seite 8 zum „Information Overkill“ – Qualität statt Quantität bei Verbraucherinformationen an: http://www.spdfraktion.de/sites/default/files/130610_pp_digitale_welt_mit_logo.pdf
Die SPD-Bundestagsfraktion hat zudem die Arbeitsgruppe Digitale Agenda eingerichtet, über die ihr weitere Informationen zu unserer Arbeit einsehen könnt: http://www.spdfraktion.de/fraktion/arbeitsgruppen/arbeitsgruppe-digitale-agenda
In Bezug auf das von euch erwähnte Thema des digitalen Lernens wollen wir die gesellschaftliche Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger durch digitale Bildung verbessern, indem:
• die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern verbessert wird und auf der Grundlage neuer verfassungsrechtlicher Regelungen oder im Rahmen eines Staatsvertrags verbindliche Vereinbarungen zu Zielen, Umsetzung und Finanzierung der digitalen Bildung sowie der Förderung der Medienkompetenz gefunden werden.
• die Bildungseinrichtungen dabei unterstützt werden, einen fächerübergreifenden Medienbildungsansatz entwickeln und umsetzen zu können, um die aktive und kreative Nutzung und Gestaltung digitaler Medien in allen Unterrichtsfächern ebenso zu gewährleisten wie fächerübergreifende Unterrichtsprojekte gemeinsam mit außerschulischen Partnern zu realisieren.
• gemeinsam mit den Ländern ein zukunftsfähiges Programm Digitales Lernen entwickelt wird, um die Potenziale der Digitalisierung durch digitale Lerninhalte und Lernumgebungen zu heben und alle zur digitalen Souveränität zu befähigen. Weitere Informationen dazu findet ihr auf den Seiten der SPD-AG Digitale Agenda: http://www.spdfraktion.de/fraktion/arbeitsgruppen/arbeitsgruppe-digitale-agenda
Zudem will ich euch auch auf die von der Bundesregierung vorgelegte Digitale Agenda 2014-2017 hinweisen, die sich u. a. auch mit dem Verbraucherschutz in der digitalen Welt beschäftigt: http://www.digitale-agenda.de/Webs/DA/DE/Handlungsfelder/6_Sicherheit/6-3_Verbraucherschutz/verbraucherschutz_node.html
Als letzten Hinweis will ich euch abschließend noch auf den Sachverständigenrat für Verbraucherfragen hinweisen. Dieser war immer ein Herzensanliegen der SPD und konnte im November 2014 endlich eingesetzt werden. Dieser hat mittlerweile erste Papiere herausgebracht und schlägt u. a. Kurzzusammenfassungen von AGB in verständlicher Sprache vor, die für den Verbraucher und die Verbraucherin leichter lesbar sind. Weitere Informationen zum Sachverständigenrat findet ihr hier:
http://www.svr-verbraucherfragen.de/
Liebe Eren, Talha, Justin und Nicolas,
die Digitalisierung stellt unsere Gesellschaft vor große Herausforderungen. Auch mir ist die Privatsphäre sehr wichtig. Diese muss auch im digitalen Zeitalter vollständig gewährleistet sein. Unsere Arbeitsgruppe Digitale Agenda in der SPD-Bundestagsfraktion widmet sich deshalb der politischen Gestaltung dieser vielfältigen Veränderungen.
Ich freue mich sehr, dass sich auch Schüler der Freiherr-vom-Stein-Gemeinschaftsschule mit diesen Themen befassen und bedanke mich noch einmal herzlich für eure Nachricht. Gerne komme ich auch zu euch in die Schule, um mit euch zu diskutieren. Wenn euch das zusagt, ruft gerne in meinem Wahlkreisbüro an, um einen Termin auszumachen.
Herzliche Grüße
eure
Birgit Malecha-Nissen